Unter das Reverse-Charge-Verfahren nach § 13b Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 UStG fallende sonstige Leistungen erbringen u. a. Architekten, Steuerberater, Rechtsanwälte, Künstler und andere freie Berufe. Dazu zählen auch die Leistungen der Aufsichtsräte, der Berufssportler, Filmverleiher, Lizenzgeber, Handelsvertreter und innergemeinschaftlichen Güterbeförderer. Zu den sonstigen Leistungen gehören auch Werkleistungen wie Reparaturarbeiten an Kraftfahrzeugen sowie Lohnveredelungsarbeiten und alle Bauleistungen.

Das Reverse-Charge-Verfahren kann auch greifen, wenn ein im Ausland ansässiger Vermieter einem in Deutschland ansässigen Unternehmer ein Wohnmobil (sog. Beförderungsmittel) für dessen Urlaub im Ausland vermietet. Der Besteuerungsort liegt dann am Wohnsitz des Mieters in Deutschland.[1] Wie schon oben erwähnt, ist hier der unternehmerische Leistungsempfänger Steuerschuldner nach § 13b UStG, auch wenn er die Leistung für seinen nichtunternehmerischen Bereich bezogen hat; insoweit erhält er keinen Vorsteuerabzug.

Obwohl die Folgen beim Leistungsempfänger hinsichtlich des Reverse-Charge-Verfahrens die gleichen sind, ist wegen der unterschiedlichen Erfassung in der Umsatzsteuer-Voranmeldung beim Leistungsempfänger zu unterscheiden, ob die sonstige Leistung von einem im übrigen Gemeinschaftsgebiet oder im sonstigen Ausland ansässigen Unternehmer erbracht wurde.

Bei bestimmten sonstigen Leistungen eines im Ausland ansässigen Unternehmers greift ausnahmsweise das Reverse-Charge-Verfahren nicht.[2]

2.1 Sonstige Leistungen eines im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmers nach § 3a Abs. 2 UStG

Für nach § 3a Abs. 2 UStG im Inland steuerpflichtige sonstige Leistungen eines im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmers[1] gilt das Reverse-Charge-Verfahren beim Leistungsempfänger, wenn dieser ein Unternehmer ist oder eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine USt-IdNr. erteilt worden ist (z. B. eine Gemeinde).

Insoweit entsteht die Umsatzsteuer beim Leistungsempfänger mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind.

Der im Ausland ansässige Leistende hat in seinem Land diesen bei ihm nicht steuerbaren Vorgang in die Zusammenfassende Meldung einzutragen. Auf diese Information kann die deutsche Finanzbehörde zur Kontrolle der im Inland ansässigen Reverse-Charge-Schuldner zurückgreifen.

 
Praxis-Beispiel

Lohnveredelung

Der in Frankreich ansässige Lohnveredeler F erbringt am 16.7.01 eine Veredelungsleistung an Wirtschaftsgütern, die dem in Freiburg ansässigen Unternehmer D gehören. D hat bei der Auftragsvergabe seine deutsche USt-IdNr. verwendet. Die am 4.9.01 von F erstellte Rechnung über 4.000 EUR geht D am 9.9.01 zu. D hat monatliche Umsatzsteuer-Voranmeldungen abzugeben.

Die sonstige Leistung des F unterliegt der deutschen Umsatzsteuer.[2] Die von D als Leistungsempfänger geschuldete Umsatzsteuer entsteht mit Ablauf des Monats der Leistungsausführung (Juli 01). Das Datum der Rechnungsausstellung ist nicht maßgeblich. D hat die Umsatzsteuer daher in seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung Juli 01 anzumelden (vorausgesetzt, er kennt den zutreffenden Zeitpunkt der Leistungserbringung).

2.2 (Übrige) sonstige Leistungen eines im Ausland ansässigen Unternehmers

Die Umsatzsteuer entsteht insoweit beim Leistungsempfänger im Zeitpunkt der Ausstellung der Rechnung, spätestens jedoch mit Ablauf des der Ausführung der Lieferung folgenden Kalendermonats. Dies gilt auch für die sog. Teilleistungen. Bei Zahlungen vor Leistungsausführung entsteht die überwälzte Umsatzsteuer im Voranmeldungszeitraum der Verausgabung beim Leistungsempfänger.

Für Dauerleistungen entsteht die Steuer für dauerhaft über einen Zeitraum von mehr als 1 Jahr erbrachte sonstige Leistungen spätestens mit Ablauf des Kalenderjahrs ihrer tatsächlichen Erbringung.

 
Praxis-Beispiel

Sonstige Leistung eines in einem Drittland ansässigen Unternehmers

Der in der Schweiz ansässige Architekt Ch plant für den in München ansässigen Maschinenfabrikant D die Errichtung einer Werkhalle in Lindau.

Die sonstige Leistung des im Ausland ansässigen Unternehmers Ch unterliegt der deutschen Umsatzsteuer (maßgeblich ist die Grundstückslage). Jedoch schuldet der unternehmerische Leistungsempfänger D die Umsatzsteuer hierfür. D hat die überwälzte Steuerschuld bei seinem Finanzamt anzumelden. Gleichzeitig kann er hieraus aber den Vorsteuerabzug geltend machen, sofern er zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.

Eine Besonderheit ergibt sich bei Güterbeförderungen durch einen im Ausland ansässigen Frachtführer mit unfreier Versendung oder die Besorgung einer solchen.[1] Eine unfreie Versendung liegt vor, wenn ein Absender einen Gegenstand durch einen im Ausland ansässigen Frachtführer oder Verfrachter unfrei zum Empfänger der Frachtsendung befördern oder eine solche Beförderung durch einen im Ausland ansässigen Spediteur unfrei besorgen lässt. Die Abrechnung erfolgt gegenüber dem Empfänger der Frachtsendung (und nicht gegenüber dem Auftraggeber).

 
Praxis-Tipp

Überwälzung auf Rechnungsempfänger

Hier kann aus Vereinfachungsgründ...

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