Aktuell steht insbesondere eine Abbildung bzw. Messung von Reputation als Indexgröße im Fokus wissenschaftlicher Diskussionen.[1] Doch auch Praktiker wollen verstehen, was die relevanten Einflussfaktoren für die Reputation eines Unternehmens sind, um adäquate und präventive Maßnahmen zu definieren. Um das wertvolle und nachhaltige Konstrukt Reputation im Zuge der Risikobewertung näher analysieren und aus dieser Analyse geeignete Risikosteuerungsmaßnahmen ableiten zu können, muss eine geeignete systematische Vorgehensweise angewandt werden. Hierfür stellen die zweidimensionale Betrachtung der Reputation und die Beurteilung der einzelnen Einflussfaktoren wesentliche Aspekte dar (vgl. Abb. 3).

Abb. 3: Strukturgleichungsmodell: Formative & reflektive Konstrukte[2]

Kognitive Komponente (Kompetenz) und affektive Komponente (Sympathie)

Die Unternehmensreputation kann als zweidimensionales Konstrukt konzipiert werden, mit einer kognitiven Komponente (Kompetenz) und einer affektiven Komponente (Sympathie). Die kognitive Dimension wird von Interessengruppen durch den Grad der Erfüllung von ökonomisch definierten Erwartungshaltungen beurteilt. Die affektive Dimension deckt hingegen die Art und Weise ab, wie diese Erwartungshaltungen erfüllt werden. Reputationsrisiken können einerseits aus einem anderen Risiko resultieren (bspw. einem Compliance-Risiko, s. der aktuelle Skandal um die Manipulation von Abgaswerten bei Kraftfahrzeugen), d. h. ein Folgerisiko aus diesem darstellen, andererseits kann ein Reputationsrisiko per se auch zum Eintritt weiterer Risiken führen (bspw. Schadensersatzzahlungen oder Liquiditätsrisiken).

Um eine proaktive Steuerung von Reputationsrisiken zu ermöglichen, ist es wesentlich, die Ursachen und Reputationstreiber bei den einzelnen identifizierten Unternehmensrisiken zu analysieren. Eine wertvolle Unterstützung bietet hierbei die so genannte Bow-Tie-Analyse, die ein Risiko hinsichtlich Ursachen (causes) und Wirkungen (effects) analysiert und die relevanten Ursache-Wirkungs-Ketten grafisch darstellt (s. Abb. 4).

Abb. 4: Bow-Tie-Diagramm[3]

Zu den wesentlichen, in Abb. 3 dargestellten Einflussfaktoren zählen grundsätzlich

  • "Produkt- und Dienstleistungsqualität",
  • "Finanzielle Performance",
  • "Attraktivität als Arbeitgeber" und
  • "soziale Verantwortung" (CSR, Corporate Social Responsibility).[4]

Der Faktor "Qualität" wird in der Interessengruppe der Kunden mit umfangreichen Instrumenten bewertet (Kundenbefragung, Reklamationen etc.), "Attraktivität als Arbeitgeber" kann bspw. mittels Mitarbeitermotivationsstudien beurteilt werden, "Finanzielle Performance" über diverse Studien im Finanzmarkt und "Soziale Verantwortung" über Studien zum Akzeptanzmarkt, welcher durch diverse Meinungsbildner, Journalisten, Öffentlichkeit etc. dargestellt wird, analysiert werden.[5]

In weiterer Folge wurden diese 4 Einflussfaktoren im Zuge einer wissenschaftliche Studie[6] (auf deren Ergebnisse im Folgenden referenziert wird) um den 5. Faktor "Innovationskraft" erweitert. Innovationskraft stellt für viele Unternehmen (insbesondere im Zeitalter disruptiver Geschäftsmodelle[7]) einen entscheidenden Erfolgsfaktor dar, um im Wettbewerb bestehen zu können. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang zu erwähnen, dass hinsichtlich der Unternehmensreputation nicht die Innovationskraft an sich eine bedeutende Größe ausmacht, sondern vielmehr die kumulative Wahrnehmung dieser Einflussgröße über alle Stakeholdergruppen hinweg entscheidend ist. Reputationstreiber stellen prinzipiell unternehmensspezifische Einflussfaktoren auf die Unternehmensreputation dar. Unternehmen sind somit angehalten, im ersten Schritt jene für sie relevanten Einflussgrößen zu identifizieren. Hierbei bieten die in Abb. 3 skizzierten Reputationstreiber eine erste Orientierungshilfe.

[1] Vgl. Bauer/Romeike/Weißensteiner, 2012; Schwaiger/Eberl, 2004, S. 623–654 sowie Weißensteiner, 2014.
[2] Quelle: Weißensteiner, 2014, S. 72.
[3] Quelle: Romeike/Spitzner, 2013, S. 134.
[4] Vgl. hierzu die Analyse in Schwaiger, 2004, S. 46 ff.
[5] Vgl. hierzu Romeike/Weißensteiner, 2015, S. 6–10.
[6] Vgl. Bauer/Romeike/Weißensteiner, 2012.
[7] Vgl. hierzu Kempf/Romeike, 2017, S. 144–147.

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