Den Nutzungskontext kennenlernen

Vor der Konzeption einer mobilen Lösung ist es entscheidend, dass das Projektteam genügend Informationen über die Nutzer und ihre Aufgaben hat und erfährt, wo sie in ihrem Arbeitsalltag noch nicht passend unterstützt werden. Dieser Informationsbedarf lässt sich in aller Regel nicht allein durch Literaturrecherche oder die Nutzung sozioökonomischer Daten decken. Auch beschränkt er sich nicht auf reines Faktenwissen. Vielmehr haben Teams gute Voraussetzungen, wenn sie emphatisch den Alltag der Nutzer nachempfinden können.

Interview und Beobachtung

Das User Centered Design bietet eine Vielzahl an Methoden zur Analyse des Nutzungskontexts an. Geeignet ist beispielsweise eine Kombination aus leitfadengestützten, qualitativ ausgerichteten Interviews mit Beobachtungen im Arbeitskontext, wie es im "Site Visit" des Contextual Design vorgeschlagen wird.[1]

Typische Fragen, die in User-Research-Aktivitäten erforscht werden können, sind beispielsweise:

  • Wie erledigen Nutzer der Zielgruppe ihre Reporting-Aufgaben heute?
  • In welchen Situationen erfahren sie Einschränkungen?
  • In welchen Situationen abseits ihres Schreibtischs denken sie an Reporting-Themen?
  • Wo gibt es Lücken und Probleme?

Auch wenn ein ausführlicher und erschöpfender Blick in die Arbeitswelt der Zielgruppe wünschenswert wäre, helfen schon 4 einstündige Interviews pro Nutzerrolle. Das meiste kann lernen, wer sich in dieser Phase frei macht von allen schon vorhandenen Ideen. Am wertvollsten sind oft Aspekte, nach denen zunächst gar nicht gefragt wurde.

 
Praxis-Beispiel

Ergebnisse von User Research

Durch User Research finden sich vielleicht Geschichten von

  • Assistenten, die nach Meetings Protokolle ins Reporting-System eingeben,
  • Managern, die Reports ausdrucken, etwas markieren und damit zum Schreibtisch ihres Mitarbeiters laufen,
  • Kollegen, die sich in die Kaffee-Ecke zurückziehen, um die Präsentation der Quartalsberichte vorzubereiten und das Besprochene dann am Schreibtisch umsetzen,
  • Controllern, die kurz vor Feierabend Exporte aus dem Berichtssystem ausdrucken, diese im Zug durchgehen und Notizen auf Zettel schreiben,
  • Führungskräften, die eine Frage des Managements auf dem Weg zum Flughafen erreicht.

Vielfältige Kontexte

Zumeist findet man nicht nur einen mobilen Kontext: Mobilgeräte werden z. B. nicht nur unterwegs, sondern auch im Büro genutzt – im Meeting, auf dem Weg zur Kantine, aber auch am Schreibtisch als "Second Screen".

Das in dieser Phase gesammelte Wissen über die Zielgruppe und deren Aufgaben, Ziele und Bedürfnisse hilft im Weiteren, die richtigen Anforderungen für eine Lösung zu definieren. Im nächsten Schritt können dann Szenarien für eine zukünftige Lösung entworfen werden.

[1] Vgl. Holtzblatt/Wendell/Wood, 2004.

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