Für die Abrechnung von Reisekosten ist es von Bedeutung, ob der Arbeitnehmer eine erste Tätigkeitsstätte hat. Bei einer ersten Tätigkeitsstätte kann der Arbeitnehmer seine Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte nur eingeschränkt abziehen (= Abzug der Entfernungspauschale). Nutzt der Arbeitnehmer einen Firmenwagen, muss der Arbeitgeber die Aufwendungen (ggf. mit 0,03 % bzw. 0,002 % vom Bruttolistenpreis) als lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn behandeln. Ohne erste Tätigkeitsstätte sind die Fahrten zum Betrieb des Arbeitgebers keine Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte und somit uneingeschränkt abziehbar.

Der BFH hat entschieden, dass das seit 2014 geltende steuerliche Reisekostenrecht verfassungsgemäß ist, soweit der Werbungskostenabzug für nicht ortsfest eingesetzte Arbeitnehmer eingeschränkt ist. So ist der Abzug der Werbungskosten für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte auf 0,30 EUR je Entfernungskilometer beschränkt (sog. Entfernungspauschale). Ob eine erste Tätigkeitsstätte vorliegt, richtet sich nach der arbeitsvertraglichen oder dienstrechtlichen Zuordnung durch den Arbeitgeber.[1]

 
Praxis-Beispiel

Polizeidienststelle gilt als erste Tätigkeitsstätte eines Streifenpolizisten

Ein Polizist, der arbeitstäglich zunächst seine Dienststelle aufsuchte und von dort seinen Einsatz- und Streifendienst antrat, machte die Fahrtkosten von seiner Wohnung zu der Polizeidienststelle sowie Verpflegungsmehraufwendungen nach Dienstreisegrundsätzen geltend. Er begründete dies damit, dass die Tätigkeiten in der Dienststelle sich im Wesentlichen auf die Vor- und Nachbereitung des Einsatz- und Streifendienstes beschränkten. Er ging davon aus, dass keine erste Tätigkeitsstätte vorliegt, da er schwerpunktmäßig außerhalb der Polizeidienststelle im Außendienst tätig ist. Das Finanzamt berücksichtigte die Fahrtkosten lediglich in Höhe der Entfernungspauschale. Mehraufwendungen für Verpflegung setzte es nicht an.

Der BFH bestätigte die Auffassung des Finanzamts. Nach Reisekostenrecht, das seit 2014 gilt, kommt es entscheidend darauf an, ob der Arbeitnehmer oder Beamte einer ersten Tätigkeitsstätte dauerhaft zugeordnet ist. Die dauerhafte Zuordnung kann durch arbeits- oder dienstrechtliche Festlegungen sowie entsprechende Absprachen und Weisungen des Arbeitgebers (Dienstherrn) erfolgen. Ist dies der Fall, kommt es auf den qualitativen Schwerpunkt der Tätigkeit des Arbeitnehmers nicht mehr an. Ausreichend ist, dass der Arbeitnehmer (Beamte) am Ort der ersten Tätigkeitsstätte zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten zu erbringen hat. Dies war nach den Feststellungen des Finanzgerichts bei dem Streifenpolizisten im Hinblick auf Schreibarbeiten und Dienstantrittsbesprechungen der Fall.

4.1 Großräumige erste Tätigkeitsstätte

Voraussetzung für eine erste Tätigkeitsstätte ist eine ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers. Dabei kann es sich um "räumlich zusammengefasste Sachmittel" handeln, die mit dem Erdboden verbunden oder dazu bestimmt sind, überwiegend standortgebunden genutzt zu werden.[1] Somit können ein Flughafengelände oder auch ein Hafengelände als eine großräumige erste Tätigkeitsstätte eingestuft werden. Ein Tätigwerden in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet liegt jedoch nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung auf einer festgelegten Fläche innerhalb einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers auszuüben hat[2] Es liegt also kein weiträumiges Tätigkeitsgebiet vor, soweit der Arbeitnehmer auf dem Gebiet anderer Unternehmen eingesetzt wird.

 
Praxis-Beispiel

Flughafengelände gilt als erste Tätigkeitsstätte einer Pilotin

Eine Pilotin war, wenn auch in geringem Umfang, in der A-Basis am Flughafen X tätig. Zu den Aufgaben der Klägerin gehörte es u. a., vor jedem Abflug in der A-Basis auf dem Flughafen X an dem 60- bis 100-minütigen Briefing der Flugbesatzung teilzunehmen, die Wettermeldungen zu überprüfen, sich an der Beurteilung der Wetterlage zu beteiligen, alle notwendigen Unterlagen und Informationen zur Durchführung des Fluges einzuholen, den Flugplan zu überprüfen, sich mit dem technischen Status des Flugzeugs vertraut zu machen und die Abflugdaten zu errechnen. Nach dem Flug musste sie den Kommandanten bei der Vervollständigung der Flugunterlagen unterstützen und auf Anweisung schriftliche Berichte erstellen. Die Pilotin machte die Fahrtkosten zwischen Wohnung und Flughafen sowie Verpflegungsmehraufwendungen nach Dienstreisegrundsätzen gegenüber dem Finanzamt geltend, weil sie der Auffassung war, dass das Flughafengelände keine erste Tätigkeitsstätte sein könne. Das Finanzamt gewährte nur die Entfernungspauschale.

Der BFH entschied, dass fliegendes Personal (wie z. B. Piloten oder Flugbegleiter) dort seine (großräumige) erste Tätigkeitsstätte hat, wo es von seinem Arbeitgeber arbeitsrechtlich dauerhaft zugeordnet ist. Außerdem ist erforderlich, dass der Arbeitnehmer auf dem Flughafengelände zumindest in geringem Umfang Tätigke...

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