Der Gesetzgeber legt auch eine Bildungseinrichtung als erste Tätigkeitsstätte fest, die außerhalb eines Dienstverhältnisses zum Zwecke eines Vollzeitstudiums oder einer vollzeitigen Bildungsmaßnahme aufgesucht wird.[1] Die Fahrten zur Bildungseinrichtung fallen damit unter die Regeln der Entfernungspauschale. Hier kommt eine weitergehende Berücksichtigung der Kosten nur im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung in Betracht, wenn der Steuerpflichtige auswärts untergebracht ist.[2]

 
Praxis-Beispiel

Erste Tätigkeitsstätte bei Vollzeit-Bildungsmaßnahmen

Der Schreinergeselle H wohnt und arbeitet in Freiburg. Er beendet sein Arbeitsverhältnis, um einen Meisterkurs in Vollzeit zu besuchen. Von Januar bis Dezember fährt er täglich mit dem eigenen Pkw zur Handwerkskammer in Offenburg (Entfernung 60 km).

Die Weiterbildung zum Meister ist Fortbildung und damit dem Bereich der Werbungskosten zuzurechnen. Die Meisterschule in Offenburg stellt kraft gesetzlicher Fiktion eine erste Tätigkeitsstätte für die Gesamtdauer der Fortbildungsmaßnahme dar. Die Fahrten zur Bildungseinrichtung können nur in Höhe der Entfernungspauschale berücksichtigt werden. Verpflegungsmehraufwendungen sind nicht abzugsfähig, auch soweit der Arbeitnehmer länger als 8 Stunden von zu Hause abwesend ist.

Die Abgrenzung des Begriffs "Vollzeit-Bildungsmaßnahme" nimmt die Finanzverwaltung in Anlehnung an die für über 18 Jahre alte Kinder getroffene Regelung vor, die nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung nur noch eine Berücksichtigung zulässt, wenn das Kind einer eingeschränkten Erwerbstätigkeit nachgeht.[3] Ein Vollzeitstudium oder eine vollzeitige Bildungsmaßnahme liegt insoweit vor, wenn der Steuerpflichtige im Rahmen seines Studiums oder im Rahmen der Bildungsmaßnahme für einen Beruf ausgebildet wird und daneben entweder keiner Erwerbstätigkeit nachgeht oder während der gesamten Ausbildung nur eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit oder einen Minijob[4] ausübt. Das Niedersächsische FG verneint auch bei einem Teilstudium ohne gleichzeitige Erwerbstätigkeit das Vorliegen eines Vollzeitstudiums bzw. einer vollzeitigen Bildungsmaßnahme. Dies hat zur Folge, dass Fahrtkosten nach Reisekostengrundsätzen und nicht mit der begrenzten Entfernungspauschale zu berücksichtigen sind.[5]

Die gesetzliche Fiktion der ersten Tätigkeitsstätte für vollzeitige Bildungsmaßnahmen gilt nach der Rechtsprechung auch dann, wenn die Bildungseinrichtung lediglich im Rahmen einer kurzzeitigen Bildungsmaßnahme (im Urteilsfall 4 Monate) besucht wird.[6] Die Dauer einer Bildungsmaßnahme ist für die Einordnung einer Bildungseinrichtung als erste Tätigkeitsstätte nach den seit 2014 geltenden gesetzlichen Reisekostenbestimmungen unerheblich, sofern es sich um eine vollzeitige Bildungsmaßnahme außerhalb eines Dienstverhältnisses handelt. Auch bei einer kurzzeitigen Vollzeitausbildung ist die erste Tätigkeitsstätte am Ort der vom Steuerpflichtigen aufgesuchten Bildungseinrichtung zu verorten. Der Reisekostenabzug während einer vollzeitigen Ausbildung oder eines Vollzeitstudiums ist nicht ausgeschlossen, wenn der Steuerpflichtige außerhalb der vom Gesetzgeber fingierten ersten Tätigkeitsstätte eine vorübergehende Zeit für die Erfüllung eines Teils seiner Ausbildung eine weitere Bildungseinrichtung oder Universität aufsucht.

Muss der Steuerpflichtige im Rahmen einer Vollzeit-Bildungsmaßnahme, z. B. während eines Studiums nach der Studienordnung teilweise seine Ausbildung an einer anderen Hochschule absolvieren, indem er ein Auslandssemester ableistet, wird dadurch keine neue (weitere) erste Tätigkeitsstätte begründet. Für die Dauer der auswärtigen Ausbildung liegt eine berufliche Auswärtstätigkeit vor, wenn der Studierende währenddessen weiterin seiner bisherigen Bildungseinrichtung zugeordnet bleibt. Unterkunfts- und Verpflegungskosten, die durch den Besuch der ausländischen Universität entstehen, können nach den für Reisekosten geltenden Bestimmungen als Werbungskosten abgezogen werden.[7] Dasselbe gilt für Studierende, die während ihrer Ausbildung ein Praxissemester oder ein Praktikum an einem anderen Tätigkeitsort absolvieren und dabei ein Dienstverhältnis begründen. Der Werbungskostenabzug bestimmt sich für die Zeit der praktischen Ausbildung nach den für berufliche Auswärtstätigkeiten geltenden Reisekostenvorschriften.

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