Rz. 82

Ein Finanzinstrument ist ein Vertrag, der gleichzeitig bei dem einen Unternehmen zu einem finanziellen Vermögenswert und bei dem anderen Unternehmen zu einer finanziellen Verbindlichkeit oder einem Eigenkapitalinstrument führt. Unter einem Eigenkapitalinstrument ist ein Vertrag zu verstehen, der einen Residualanspruch an den Vermögenswerten eines Unternehmens nach Abzug der jeweiligen Schulden begründet.[1] Zu den Finanzinstrumenten gehören auch finanzielle Sicherungsinstrumente (Derivate). Die Finanzinstrumente sind in IFRS 9 (Finanzinstrumente) geregelt.

 

Rz. 83

Bei den financial assets werden folgende Arten unterschieden:[2]

  • zu fortgeführten Anschaffungskosten (amortised cost, AC);
  • erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert, d. h. Wertänderungen werden im sonstigen Ergebnis erfasst, (at fair value through OCI, FVOCI);
  • erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert, d. h. Wertänderungen werden in der GuV erfasst, (at fair value through profit or loss, FVPL).

Diese Klassifizierung erfolgt auf Grundlage einerseits des Geschäftsmodells des Unternehmens zur Steuerung finanzieller Vermögenswerte und andererseits der Eigenschaften der vertraglichen Zahlungsströme des finanziellen Vermögenswerts, wie folgende Abbildung verdeutlicht:

Klassifizierung von financial assets

Abb. 3: Klassifizierung financial assets.[3]

Nur die Geschäftsmodelle Vereinnahmen vertraglicher Zahlungsströme aus dem finanziellen Vermögenswert (AC) und Vereinnahmen vertraglicher Zahlungsströme aus dem finanziellen Vermögenswert und Veräußerung finanzieller Vermögenswerte (FVOCI) führen somit zu einer Erfassung der Wertänderungen nicht direkt in der GuV. Allerdings können auch diese über die fair value option der Kategorie "erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert" zugeordnet werden, was dann auch für diese eine erfolgswirksame Berücksichtigung der Wertänderungen in der GuV zur Folge hat. Voraussetzung für die fair value Option ist das Vermeiden oder Verringern von Rechnungslegungsanomalien (accounting missmatch) (IFRS 9.4.1.5). Diese liegen nach IFRS 9.BCZ4.61 vor, wenn bestimmte finanzielle Vermögenswerte und finanzielle Schulden bezüglich Wertänderungen und Ertragsrealisation unterschiedlich erfasst werden und ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen diesen Vermögenswerten und Schulden besteht. Die Wahl ist unwiderruflich und muss bereits beim erstmaligen Ansatz für die gesamte Vermögensgruppe getroffen werden. Die Option kann auch anstatt Hedge Accounting verwendet werden, wenn dies zu komplex oder nicht zielführend ist (IFRS 9.BCZ4.61). Die erfolgsneutrale Neubewertung der Kategorie FVOCI ist so zu bewerten, dass Wertsteigerungen zunächst nicht in der GuV sondern – unter Berücksichtigung möglicher latenter Steuern – in der Neubewertungsrücklage im Eigenkapital (bzw. im sonstigen Ergebnis) erfasst werden. Erst wenn ein Gewinn bei Verkauf des Wertpapiers realisiert wird, wird dieser in die GuV umgebucht und damit erfolgswirksam. Letzteres ist allerdings für Eigenkapitaltitel ausgeschlossen, d. h. wenn keine Zuordnung zum Geschäftsmodell "Handel" erfolgt und auch nicht die fair value Option für diese Finanzinstrumente genutzt wird, werden die erfolgsneutral erfassten Beträge auch später nicht erfolgswirksam, es findet somit kein recycling statt.

 

Rz. 84

Finanzielle Vermögenswerte können nur dann der Kategorie zu fortgeführten Anschaffungskosten zugeordnet werden, wenn sie gemäß IFRS 9.4.1.2. die folgenden Voraussetzungen kumulativ erfüllen:

  • Die Verwaltung und die Überwachung des finanziellen Vermögenswertes erfolgen auf Grundlage der erwarteten Zahlungsströme und
  • der finanzielle Vermögenswert enthält keine komplexen Elemente.

Vermögenswerte, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, sind einer der Kategorien zum beizulegenden Zeitwert zuzuordnen.

 

Rz. 84a

Eine Reklassifizierung ist nur bei Änderung des Geschäftsmodells möglich, was nach IFRS 9.4.4.1 selten auftreten dürfte und folgende Voraussetzungen hat:

  • Änderung erfolgt durch das senior management als Ergebnis externer oder interner Änderungen;
  • die Änderung ist signifikant für die operative Tätigkeit des Bilanzierenden; und
  • sie ist nachweisbar gegenüber externen Parteien (IFRS 9.B4.4.1).

Nach IFRS 9.5.6.1 hat die Änderung des Geschäftsmodells zum Beginn der Berichtsperiode zu erfolgen und gilt prospektiv, d. h. es gibt keine Rückwirkungen der Reklassifizierung. Keine Änderung des Geschäftsmodells liegt vor,

  • wenn die Absicht sich nur in Bezug auf bestimmte finanzielle Vermögenswerte ändert, auch wenn sich die Marktbedingungen signifikant ändern (IFRS 9.B4.4.3(a));
  • ein Markt für bestimmte finanzielle Vermögenswerte vorrübergehend verschwindet (IFRS 9.B4.4.3(b)); oder
  • finanzielle Vermögenswerte zwischen Teilen des Unternehmens mit unterschiedlichen Geschäftsmodellen transferiert werden (IFRS 9.B4.4.3(c)).
[1] Vgl. IAS 32.11.
[2] Vgl. IFRS 9.4.1.
[3] In Anlehnung an Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, Haufe IFRS Kommentar, 16. Aufl. 2018, § 28, Rz. 158.

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