Rz. 1

Die International Financial Reporting Standards (IFRS), bis 2001 nur als International Accounting Standards (IAS) bezeichnet, gewinnen mit dem gegenüber dem HGB einzigen Zweck der Versorgung von Investoren und Gläubigern mit entscheidungsnützlichen Informationen über das abgebildete Unternehmen seit den 1990er Jahren in Deutschland zunehmend an Bedeutung.[1] Die IFRS werden von dem International Accounting Standards Board (IASB) als Standardsetzer verfasst. Mit der EU-Verordnung Nr. 1606/2002 (IAS-VO) haben sich Europarat und -parlament im Artikel 4 der Verordnung auf die Einführung einheitlicher Rechnungslegungsvorschriften für den konsolidierten Abschluss kapitalmarktorientierter Konzernmutterunternehmen auf Basis der Standards des International Accounting Standards Board (IASB) festgelegt. Durch diese Entscheidung sind die Standards des IASB von allen kapitalmarktorientierten Konzernmutterunternehmen mit Sitz in der EU verbindlich anzuwenden, was der deutsche Gesetzgeber in § 315e Abs. 1 HGB verankert hat. Kapitalmarktorientiert sind Unternehmen gem. § 264d HGB, die entweder Eigenkapital (insbesondere Aktien) oder Fremdkapital (insbesondere Anleihen) an einer Börse innerhalb der EU mit einem geregelten (organisierten) Marktsegment (z. B. der Prime Standard der Frankfurter Wertpapierbörse) zum Handel zugelassen haben. Beispiele sind Konzerne wie Deutsche Bank AG und Volkswagen AG aber auch Bertelsmann SE & Co KGaA (da Genussscheine und Anleihen am geregelten Markt) und Robert Bosch GmbH (da Anleihen am geregelten Markt).

 

Rz. 1a

Über die Pflichtanwendung der IAS-VO hinaus erweitert der deutsche Gesetzgeber die Anwendungspflicht für die IFRS in Konzernabschlüssen gem. § 315e Abs. 2 HGB auch auf Unternehmen, die die Zulassung eines Wertpapiers zum Handel an einem organisierten Markt beantragt haben. Zudem wurde mit § 315e Abs. 3 HGB auch allen anderen konzernrechnungslegungspflichtigen Unternehmen mit Sitz in Deutschland das Wahlrecht eingeräumt, den Konzernabschluss statt nach den Regeln des HGB nach denen der IFRS zu erstellen. Damit aber spezifische deutsche Vorgaben dennoch beachtet werden, wurden für alle Anwendungsfälle des § 315e HGB einige HGB-Regelungen auch bei pflichtgemäßer oder freiwilliger Anwendung der IFRS vorgeschrieben. So haben diese Unternehmen den IFRS-Konzernabschluss stets um einen Konzernlagebericht nach § 315 HGB zu ergänzen. Außerdem sind einige Anhangangabepflichten aus dem HGB auch im IFRS-Konzernanhang notwendig. Schließlich gelten alle Prüfungs-, Offenlegungs- und Sanktionsnormen des HGB auch für die IFRS-Konzernabschlüsse, da die IFRS lediglich die Regeln für die Aufstellung der Abschlüsse behandeln. Auch die Aufstellungspflicht entstammt dem HGB, d. h. ohne eine Verpflichtung zur Konzernrechnungslegung nach § 290 HGB muss ein kapitalmarktorientiertes Unternehmen keinen IFRS-Konzernabschluss aufstellen.

 

Rz. 1b

Zudem können gem. § 325 Abs. 2a HGB alle Unternehmen auch für die Zwecke der Veröffentlichung einen Einzelabschluss nach IFRS aufstellen, wobei aber für die Erfüllung der gesellschafts- und steuerrechtlichen Vorschriften weiterhin auch ein HGB-Einzelabschluss notwendig bleibt. Somit ist ein IFRS-Abschluss auf Einzelabschlussebene lediglich ergänzend, nicht aber ersetzend zum HGB-Abschluss möglich. Die Abbildung 1 fasst die unterschiedlichen Anwendungsnotwendigkeiten und –möglichkeiten zusammen.

 

Abb. 1: Umsetzung der EU-Verordnung 1606/2002 im HGB

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