Eine schädliche Veräußerung oder Entnahme führt zu einer rückwirkenden Aufdeckung der in den veräußerten oder entnommenen Wirtschaftsgütern enthaltenen stillen Reserven, bei den übrigen Wirtschaftsgütern bleibt es bei der Fortführung der Buchwerte. Der Vorgang der Veräußerung oder Entnahme stellt ein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung i. S. d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dar.[1] Besteuert wird rückwirkend die Differenz zwischen dem gemeinen Wert des betreffenden Wirtschaftsguts zum Zeitpunkt der Realteilung und seinem damaligen Buchwert. Die Besteuerung erfolgt im Veranlagungszeitraum der Realteilung durch Änderung des Gewinnfeststellungsbescheids nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO.

Der aus der nachträglichen Aufdeckung entstehende Gewinn stellt einkommensteuerrechtlich einen laufenden Gewinn dar, der nicht nach §§ 16 und 34 EStG begünstigt ist. Ein nach § 16 und § 34 EStG begünstigter Veräußerungsgewinn liegt jedoch vor, wenn sämtliche stille Reserven aus den wesentlichen Betriebsgrundlagen rückwirkend aufzudecken sind. Die „echte“ Realteilung ist auch nach Gewerbesteuerrecht eine Betriebsaufgabe; die nachträgliche Aufdeckung vorgenannter stiller Reserven ist diesem Vorgang zuzuordnen.[2]

Gewinnzurechnung aufgrund einer Sperrfristverletzung

Die Nachversteuerung nach § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG erfasst alle Gesellschafter der ehemaligen Mitunternehmerschaft. Sie versteuern einen laufenden – nicht nach §§ 16, 34 EStG begünstigten – Gewinn entsprechend dem Gewinnverteilungsschlüssel.[3] Verwaltungsseitig wird jedoch akzeptiert, in die schriftliche Realteilungsvereinbarung eine Nachversteuerungsklausel aufzunehmen, wonach die Nachversteuerung derjenige Gesellschafter trägt, der die Veräußerung oder Entnahme getätigt hat.[4]

Grundsatzentscheidung des BFH zur Zurechnung eines aus einer Sperrfristverletzung resultierenden Gewinns

Der BFH[5] hat sich jüngst mit dem Sonderfall befasst, dass die Sperrfristverletzung durch die Veräußerung sämtlicher übernommener wesentlicher Betriebsgrundlagen eines Realteiles im Rahmen einer Betriebsveräußerung ausgelöst wird. Im Urteilsfall waren 2 Ärztinnen zu je 50 % an einer ärztlichen Gemeinschaftspraxis (GbR) beteiligt, die sie im Wege einer (echten) Realteilung zum 30.06.2012 beendet haben. Sie übernahmen die im Rahmen der Realteilung zugeteilten Wirtschaftsgüter jeweils zu Buchwerten in freiberufliche Einzelpraxen, in denen sie ihre ärztliche Tätigkeit nach Auflösung der GbR fortsetzten. Die Auseinandersetzungsvereinbarung vom 24.4.2012 enthielt keine Regelungen zu einer Veräußerung oder Entnahme des Gesamthandsvermögens innerhalb der Sperrfrist des § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG. Eine der Ärztinnen veräußerte ihre im Wege der Realteilung entstandene Einzelpraxis zum 30.9.2013.

Das Finanzamt rechnete den Sperrfristferletzungsgewinn als Aufgabegewinn beiden Ärztinnen jeweils hälftig zu. Der Gewinnfeststellungsbescheid wurde von der Ärztin angefochten, die keine Sperrfrist verletzt hatte, um zu erreichen, dass der gesamte Gewinn aus der Sperrfristverletzung ihrer früheren Mitgesellschafterin zugerchnet wird.

Der BFH hat entschieden, dass der gesamte Gewinn aus der Sperrfristverletzung nach § 16 Abs. 3 Satz 8 EStG der Sperrfristverletzerin zuzurechnen ist. Im Wesentlichen hat der BFH seine Entscheidung wie folgt begründet:

  • Die Vorschrift des § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG sieht nach seinem Wortlaut lediglich den rückwirkenden Ansatz des gemeinen Werts der betroffenen Wirtschaftsgüter vor, enthält jedoch keine Aussage zur Zurechnung des so entstehenden Gewinns.
  • Der so rückwirkend durch eine Betriebsveräußerung entstehende Gewinn ist nach § 16 Abs. 3 Satz 8 EStG allein dem die Sperrfrist verletzenden Realteiler zuzurechnen. Nach § 16 Abs. 3 Satz 8 AO ist bei Aufgabe eines Gewerbebetriebs, an dem mehrere Personen beteiligt waren, für jeden einzelnen Beteiligten der gemeine Wert der Wirtschaftsgüter anzusetzen, die er bei der Auseinandersetzung erhalten hat.
  • § 16 Abs. 3 Satz 8 EStG stellt eine Sonderregelung für die Ermittlung des Aufgabegewinns bei Mitunternehmerschaften dar. Sie schreibt nicht allein den Ansatz des gemeinen Wertes vor, sondern regelt auch die Gewinnzurechnung.
  • Die Norm rechnet dem einzelnen Beteiligten im Fall der aufgabebedingten Übernahme von Wirtschaftsgütern unmittelbar das zu, was er tatsächlich erhält. Nur wenn im Rahmen der Betriebsaufgabe überhaupt kein Wirtschaftsgut von einem Beteiligten übernommen wird, sondern alle Wirtschaftsgüter veräußert werden, ist dem einzelnen Beteiligten ein Anteil am Aufgabegewinn nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel zuzurechnen.
  • Dementsprechend ist § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG als spezielle Gewinnzuweisungsnorm zu verstehen, die die Gewinnverteilung vom allgemeinen Gewinnverteilungsmaßstab loslöst.
  • Um den Gewinn aus der Sperrfristverletzung zu ermitteln, ist den für die sperrfristverhafteten Wirtschaftsgüter nachträglich anzusetzenden gemeinen Werten das Kapitalkonto des Realteilers gegenüberzustellen, wie es sich auf Grundlage der Kapitalkonte...

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