Rz. 66

Die Prüfung der sog. außerbuchhalterischen Bereiche betrifft primär die Prüfung der Rechtsbeziehungen und Rechtsgrundlagen der Unternehmung, der Kostenrechnung, der Planung und der Statistik. Aber auch die Prüfung des RMS (vgl. Rz. 168 ff.) und die Prüfung der ESEF-Konformität[1] fällt in den Sektor der Prüfung außerbuchhalterischer Bereiche. Die in Rede stehenden Handlungen des Abschlussprüfers reichen aber nur so weit, als es sich um Sachverhalte handelt, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Buchführung und dem Jahres- bzw. Einzelabschluss und/oder dem Lagebericht stehen. Die wichtigsten außerbuchhalterischen Bereiche werden im weiteren Verlauf der Abhandlungen im Detail wieder aufgegriffen.

 

Rz. 67

Die Prüfung der Rechtsgrundlagen und der rechtlichen Verhältnisse des Unternehmens bezieht sich bezüglich einer AG und einer GmbH im Wesentlichen auf nachstehende Gebiete:

  • Bestimmungen der Satzung bzw. des Gesellschaftsvertrags,
  • Vorstand bzw. Geschäftsführung und Aufsichtsrat,
  • Haupt- bzw. Gesellschafterversammlung und
  • Verträge mit Dritten.
 

Rz. 68

In diesem Zusammenhang sollen einige Beispiele zur Veranschaulichung genannt werden. Sofern die Satzung abweichend von der aktienrechtlichen Vorschrift die Bildung gesetzlicher Rücklagen i. H. v. etwa 25 % des Grundkapitals statt 5 % vorschreibt,[2] dann ist vom Abschlussprüfer eine entsprechende Überprüfung der gesetzlichen Rücklagen unter Heranziehung der Satzung vorzunehmen. Ein anderes Beispiel, bei dem die Satzung in die handelsrechtliche Jahresabschlussprüfung zu integrieren ist, wäre gegeben, wenn sie den Vorstand ermächtigt, das Grundkapital bis zu einem bestimmten Nennbetrag in Gestalt des sog. "genehmigten Kapitals" durch Ausgabe neuer Aktien gegen Einlagen zu erhöhen.[3] Da laut § 160 Abs. 1 Nr. 4 AktG im Anhang eine gesonderte Angabe über die Schaffung des genehmigten Kapitals erfolgen muss, hat der Abschlussprüfer dessen Vorhandensein zu untersuchen. Ferner sind im Hinblick auf den Passivposten "Pensionsrückstellungen" die betrieblichen Altersversorgungszusagen der Unternehmung unter Heranziehung der entsprechenden Arbeitsverträge zu überprüfen. Auch Unternehmungsverbindungen gem. § 271 Abs. 2 HGB, aus denen sich Rückwirkungen auf die Bilanzposten des § 266 Abs. 2 HGB (A. III. Nr. 1 f., B. II. Nr. 2., B. III. Nr. 1) und des § 266 Abs. 3 HGB (C. Nr. 6) sowie Posten der GuV des § 275 Abs. 2 HGB (Nrn. 9, 10, 11, 13) bzw. des § 275 Abs. 3 HGB (Nrn. 8, 9, 10, 12) ergeben können, sind ggf. durch Einsichtnahme in vorliegende Beherrschungs- oder Gewinnabführungsverträge zu überprüfen.[4]

 

Rz. 69

Da sich die Prüfung der außerbuchhalterischen Bereiche nicht völlig von der Prüfung der anderen Gebiete trennen lässt, muss eine sorgfältige Prüfungsplanung vorgenommen werden, in der sichergestellt werden soll, dass weder Überschneidungen vorkommen noch einzelne Sektoren ungeprüft bleiben. Als Prüfungstechnik bieten sich bezüglich einer AG folgende Methoden an:

  • Befragung der jeweils zuständigen Mitarbeiter in den einzelnen Unternehmensbereichen, insbesondere in der Rechtsabteilung.
  • Einsichtnahme des Prüfers in die Satzung sowie Hauptversammlungs-, Aufsichtsrats- und Vorstandsprotokolle und Verträge.
  • Inaugenscheinnahme amtlicher Registerauszüge.
  • Einholen von Bestätigungen der Vertragspartner.
  • Einforderung einer ausführlich gehaltenen Vollständigkeitserklärung des Vorstands, die zum Ausdruck bringen soll, dass die gesetzlichen Vertreter alle Aufklärungen und Nachweise vorgelegt haben, die für eine sorgfältige Prüfung notwendig sind.[5]
 

Rz. 70

Die Betriebsabrechnung und die Kostenträgerrechnung bilden die Grundlage für die Bewertung fertiger und unfertiger Erzeugnisse sowie aktivierbarer innerbetrieblicher Leistungen in der Bilanz.[6] Die Verbindung von Herstellungskosten, die für die Finanzbuchhaltung maßgeblich sind, mit den Herstellkosten der Kostenrechnung besitzt für den Abschlussprüfer eine zentrale Rolle. Hieraus ergeben sich nicht nur Informationen für die Überprüfung der Wertansätze bei Vorratsbeständen und selbst erstellten Anlagegütern, sondern auch für die Überprüfung von Posten der GuV.[7]

 

Rz. 71

Darüber hinaus kann die betriebliche Statistik für den Abschlussprüfer von Belang sein. So muss er im Rahmen der Bemessung der Pauschalwertberichtigungen auf Forderungen bei Unternehmen mit großen Forderungsbeständen häufig auf Vergangenheitsstatistiken zurückgreifen, um diese Wertberichtigungen in ihrer Höhe und ihrer Angemessenheit beurteilen zu können. Auch bei Gewährleistungsrisiken sind vom Abschlussprüfer Statistiken heranzuziehen, die Rückschlüsse auf die Höhe der nach § 249 Abs. 1 HGB zu bildenden Rückstellung zulassen. Dies gilt auch für die Schätzung der Lebensdauer von Produktionsanlagen zur Beurteilung der für die planmäßige Abschreibung erforderlichen betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer.[8]

 

Rz. 72

Herausragende Bedeutung im Rahmen der Prüfung außerbuchhalterischer Bereiche besitzt das unternehmerische Planungssystem bezüglich der Untersuchung von Prog...

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