Mit dem interdisziplinären Team wurde über zwei Tage hinweg eine Wertstromanalyse des Budgetprozesses mit Fokus auf die inländische Leitgesellschaft durchgeführt. An Tag 1 erfolgte die Analyse des Ist-Prozesses, die Ermittlung von Gesamtprozessdauer und Identifizierung von Schwachstellen. An Tag 2 wurde ein Soll-Prozess erarbeitet, der zwar die bestehenden Rahmenbedingungen und Restriktionen berücksichtigte, die bisherigen Abläufe jedoch grundsätzlich in Frage stellte.

Gemeinsam wurde der bestehende Budgetprozess an Stellwänden mit Karten skizziert (s. Abb. 4). Die nachfolgend erläuterten Karten sind in dieser Abb. durch ein rotes Rechteck umrahmt.

  • Vertikal wurden in den einzelnen sog. "swim lanes" die beteiligten betrieblichen Funktionen abgebildet.
  • Die weißen Karten stellen Prozessschritte dar und enthalten Informationen über Inhalt und Ergebnis der Tätigkeit, sowie die mit dem Prozess verbundene Zeitdauer. Diese Durchlaufzeit lässt sich in Bearbeitungszeit und Übergangszeiten (z. B. Liegezeit, Rüst-/Vorbereitungszeit) unterteilen. In Abb. 4 ist die weiße Karte wie folgt befüllt:

     

    Kapa-Planung R + D / PM

    inklusive Material/Fremdleistung
    5 Tage 50 Tage
       
  • Die gelben Karten zeigen Meilensteine bzw. abgeschlossene Arbeitsergebnisse im Prozess; in der Karte in Abb. 4 "One Pager".
  • Interessant sind vor allem die roten Karten: sie stellen Prozessstörungen dar, die zu Verschwendung führen; in der Karte in Abb. 4 "Unklare Projektplanung".
 
Hinweis

Abb. 4 und 5 sollen nur die Vereinfachung zeigen

Die Abb. 4 und 5 sind im Detail nicht lesbar. Sie dienen nur der Darstellung, wie der Prozess vereinfacht wurde. Dies zeigt sich u. a. dadurch, dass beim Planprozess nur noch 3 und nicht mehr 4 Stellwände benötigt werden.

Abb. 4: Ist-Analyse (Fotoprotokoll)

Das Ergebnis der Analyse beeindruckte vor allem die Beteiligten aus Nicht-Finanzabteilungen. Dort war zuvor nur ein geringes Bewusstsein hinsichtlich der Komplexität und Abhängigkeiten des Budgetprozesses vorhanden. Wir ermittelten 16 Prozessstörungen (rote Karten), die einen effizienten Ablauf behinderten. 14 Meilensteine waren vorhanden (gelbe Karten). Die gesamte Prozessdauer betrug 86 Tage, in Arbeitstagen gerechnet also rund vier Monate. Von der Gesamtdauer entfielen lediglich 56 Tage auf reine Bearbeitungszeit, jedoch 30 Tage auf Übergangszeiten. Die Visualisierung zeigte, dass die Prozessstörungen an vielen Stellen auch bei Fachbereichen außerhalb des Controllings lagen. So reifte die Überzeugung, dass eine Verbesserung einer gemeinsamen Anstrengung bedurfte und nicht als reine Controllingaufgabe betrachtet werden darf – eine für die konstruktive Zusammenarbeit sehr wichtige Erkenntnis.

Beispiele für Prozessstörungen sind:

  • Änderungen der Vertriebsplanung nach Abschluss der operativen Planung führen zu Nacharbeiten bei der Entwicklungsplanung für Kundenaufträge.
  • Von der Geschäftsleitung vorgegebene Rahmenbedingungen (Targets) bezüglich Personalkapazitäten, Ratio bei Produktion und Einkauf sowie prozentualer Budgeterhöhung der Kostenstellen werden ignoriert und führen zu umfangreichen Überarbeitungsphasen mit dem Controlling.
  • Bei späten Änderungen der Personalplanung in den Fachbereichen muss stets die konsolidierte Planung der Personalabteilung aktualisiert werden.
  • Gremientermine finden verfügbarkeitsbedingt entweder zu spät (Freigabe der Planung der Auslandsgesellschaften in Board Meetings) oder zu früh (Beiratssitzung mit finaler Genehmigung der konsolidierten Planung) statt.

Auf Basis dieser Erkenntnisse wurde der Soll-Prozess erarbeitet und gleichermaßen skizziert (s. Abb. 5). Wie kann die Prozessdauer verkürzt werden? Wie können nutzlose Liegezeiten oder Doppelarbeiten vermieden werden? Diese Fragen wurden von allen Fachdisziplinen gemeinschaftlich gelöst, dabei wurde eine Selbstverpflichtung erreicht, die vorher nicht gegeben war. Wir haben uns wichtige Dinge vorgenommen, die der Soll-Prozess verlangt:

  • Verbindliche "Einfrierzeitpunkte" für die Planungsstände aus der operativen Planung und Unterlassen später Änderungen
  • Planung im Rahmen der gesetzten Targets. Erscheint dies nicht machbar, umgehende Eskalation und Klärung mit Vorgesetzten bzw. der Geschäftsleitung.
  • Dadurch gemeinsame Verpflichtung, sinnlose Überarbeitungsrunden zu vermeiden.
  • Der Controllingbereich nimmt nur noch Kostenstellenplanungen im Rahmen der vorgegebenen (oder revidierten) Targets an, alles andere wird zurückgewiesen.
  • Jährliche Prüfung und konsequente Rückwärtsterminierung des Prozesses im Kalender, ausgehend vom finalen Endtermin (Beiratssitzung).

Abb. 5: Soll-Prozess (Fotoprotokoll)

Der bisherige Budgetprozess konnte im Soll-Prozess auf 44 Tage Durchlaufzeit reduziert werden, dies entspricht einer Halbierung gegenüber dem vorherigen Zustand. Erreicht wurde dies vor allem durch die Eliminierung nicht wertschöpfender Prozessschritte und Störungen. In geringerem Umfang konnten Rüst- und Liegezeiten eingespart werden. Hauptrestriktion bleibt hier das zeitliche Zusammenfallen von Teilen des Budget-...

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