Zusammenfassung

  • Prozessmanagement ist in vielen Unternehmen noch nicht so wirksam, wie es sein könnte. Es bedarf eines integrierten Prozesscontrollings über alle Lebenszyklus-Phasen, damit Prozessmanagement in der Praxis gelebt wird.
  • Dieser Beitrag stellt alle Teilprozesse des Controlling-Prozessmodells 2.0 der International Group of Controlling (IGC) dem Prozessmanagement-Lebenszyklus gegenüber und analysiert die Wirkungsbereiche eines integrierten Prozesscontrollings in jeder Phase.
  • Experten identifizierten in einer Einfluss-/Wirkungsanalyse 111 der max. 330 möglichen Wirkungsfelder für ein integriertes Prozesscontrolling.
  • Die Analyseergebnisse bestätigen die Literatur, dass Prozesscontrolling in den Prozessmanagement-Lebenszyklusphasen – Strategie, Messung & Monitoring und Optimierung – einen wesentlichen Beitrag leistet.
  • In der Phase Prozessdesign wurden unerwarteterweise viele Wirkungsfelder offengelegt. Ein Praxisbeispiel validiert ein weiteres Ergebnis: Der Controllingprozess Business Partnering macht auch im Prozessmanagement den Unterschied aus.

1 Prozesscontrolling – die vernachlässigte Voraussetzung für effektives Prozessmanagement

(Geschäfts-)Prozessmanagement, also die systematische Gestaltung, Überwachung, Steuerung und Weiterentwicklung der (Geschäfts-)Prozesse eines Unternehmens,[1] ist die Grundvoraussetzung, um Prozesse in Organisationen zu identifizieren, zu erheben und zu dokumentieren, zu analysieren, zu verbessern, einzuführen und zu überwachen. Werden diese Aufgaben des Prozessmanagements in einem sich wiederholenden Ablauf phasenorientiert dargestellt, spricht man von einem Prozessmanagement-Lebenszyklus.[2]

In vielen Unternehmen sind Prozessmanagement und der Prozessmanagement-Lebenszyklus noch nicht so wirksam, wie sie es sein könnten, weil die Instrumente und Maßnahmen nicht in ausreichend systematischer Weise geplant, kontrolliert und gesteuert werden. Eine wesentliche Ursache dafür liegt in fehlendem und/oder nicht ausreichend eingesetzten Prozesscontrolling, das durch den systematischen Vergleich von Soll- und Ist-Prozessen als auch vom zeitlichen Vergleich von Performance-Kennzahlen mit gesetzten Zielwerten (Key Performance Indicators), Abweichungsinformationen für Steuerungsmaßnahmen an die Entscheider liefern soll.

[1] Vgl. Allweyer, 2005, S. 12.
[2] Vgl. Hansen/Mendling/Neumann, 2019, S. 101.

1.1 Empirische Befunde

Empirische Studien belegen diese Mängel: Bei einer Erhebung des Instituts Industrial Management (IIW) an der FH JOANNEUM antworteten 68 % der 119 teilnehmenden Unternehmen 2019 auf die Frage der Eingliederung des Prozesscontrollings im Unternehmen, dass es gar kein Prozesscontrolling im Unternehmen gebe. Von den restlichen 32 % organisieren 8 % das Prozesscontrolling dezentral, 18 % integrieren es zentral im Controlling und 6 % verfügen über eine zentrale, eigene Prozessmanagement/-controlling-Abteilung.

Auch Höhne et al. belegen 2021 in ihrer Process-Management-&-Analytics-Studie, dass Prozesscontrolling bei den 336 teilnehmenden Großunternehmen aus dem DACH-Raum wenig verbreitet ist: Lediglich 24 % haben demnach ein eigenes Prozesscontrolling etabliert. Allerdings sehen die Autoren in den Ergebnissen auch positive Entwicklungen. Einerseits gibt es einen Anstieg gegenüber den Zahlen von 2017, andererseits geben die Unternehmen erstmalig mit 66 % mehrheitlich an, zumindest den Nutzen des Prozessmanagements regelmäßig zu messen, zum Teil mit prozesseigenen Kennzahlen oder im Zuge anderer Controllingprozesse.[1]

[1] Vgl. Höhne et al., 2021, S. 13.

1.2 Erfahrungen aus der Praxis

Die Folgen fehlender Prozesscontrolling-Maßnahmen zeigen sich in der Unternehmenspraxis auch in den Projekten, die Unternehmen starten, um Prozessmanagement zu reaktivieren: Zwar sind die Prozesse umfassend dokumentiert, Process Owner definiert sowie Methoden und Instrumente implementiert, aber dennoch herrscht Unzufriedenheit vor und Potenziale bleiben ungenutzt.

Woran liegt es, dass Prozessmanagement seit über 3 Jahrzehnten propagiert wird, aber in der Praxis häufig zu Ernüchterung führt?

  • Erstens dominieren starre aufbauorganisatorische Strukturen vielerorts noch immer das Tagesgeschehen und verhindern siloübergreifendes Prozessdenken und -management.
  • Zweitens verstärkt ein halbherziges Commitment zur Prozessorientierung durch das Top-Management dieses Silodenken und vermindert so eine nachhaltige Wirksamkeit des Prozessmanagements.
  • Schließlich ist drittens auch fehlende Prozessmanagement-Konsequenz in der Anwendung zu beobachten.

Komus/Gadatsch/Mendling zeigen in ihrer Studie, dass 75 % der 333 teilnehmenden Unternehmen mittlere bis hohe Schwankungen in der Nutzungsintensität aufweisen und bezeichnen dies als Business Process Management-"Jojo-Effekt".[1]

Dieser Beitrag fokussiert auf Prozesscontrolling als bisher vernachlässigte Grundvoraussetzung für effektives Prozessmanagement. Durch eine Einfluss-/Wirkungsanalyse des standardisierten Controlling-Prozessmodells der International Group of Controlling (IGC) auf die Phasen des Prozessmanagement-Zyklus, werden jene Phasen und Prozesse systematisch identifiziert, bei denen Controlling für Prozessmanagement W...

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