Entsprechend dem Projektvorgehen erfolgte in der ersten Phase die Entwicklung des Zielbildes bzgl. der Anwendung von Process Mining im Controlling. Ausgangspunkt hierzu war eine erste Festlegung auf die 3 Controllingaufgaben

  • Monitoring & Reporting,
  • Begleitung von Optimierungsinitiativen und
  • die Unterstützung von Kostenrechnung und Planung, welche im Kontext der zukünftigen Prozessorientierung des Unternehmens als besonders relevant eingeschätzt wurden.

In mehreren Workshops wurden dann im Rahmen der Zielbilddefinition vier konkrete Einsatzfelder ausgewählt (s. Abb. 2).

Abb. 2: Ausgewählte Einsatzfelder von Process Mining für das Controlling

Zunächst wurden mögliche Einsatzfelder im Rahmen der Controllingaufgabe Monitoring & Reporting analysiert. Als ein erstes potenzielles Einsatzfeld wurde dabei die Nutzung zum Controlling von strategischen Prozesskennzahlen identifiziert. Instrumente wie z. B. die Balanced Scorecard haben eine Prozessperspektive und erfordern bei einer umfassenden Anwendung auch die Definition und Messung prozessspezifischer Kennzahlen. Ein weiteres potenzielles Einsatzfeld von Process Mining wurde im Monitoring der operativen Prozessperformance erkannt. Die laufende Transparenz über die Prozessperformance ist insbesondere in "Operations-Einheiten", in denen es um die Auftragsabwicklung geht, von erfolgskritischer Bedeutung. In Leitständen erfolgt hier das Monitoring der operativen Prozessleistung – immer häufiger auch in Echtzeit. Schließlich kann Process Mining auch für das Reporting der operativen Prozessperformance eingesetzt werden. Im Rahmen der Zielbilddefinition des Energieversorgers wurden grundsätzlich alle 3 möglichen Einsatzfelder als relevant angesehen. Als Einstieg in die Process-Mining-Anwendung wurde letztendlich das Reporting der Prozessperformance als eines der Einsatzfelder ausgewählt, mit denen zuerst das neue Instrumentarium im Rahmen des Proof-of-Concept zu testen war. Hiervon wurde der größte Nutzen erwartet, da mit dieser Anwendung für die Prozessverantwortlichen ein großer Mehrwert bereitgestellt werden konnte.

Ein weiteres großes Einsatzfeld von Process Mining liegt in der Anwendung für Optimierungen, für die verschiedene Anwendungsfelder denkbar sind. Bereits die "Standardanalysen" des Process Mining liefern vielfältige Informationen zur Identifikation von Optimierungspotenzialen, in dem systemisch ausgewertete Prozesse (Ist-Prozesse) definierten Prozessstandards (Soll-Prozesse) gegenübergestellt werden. Dadurch kann analysiert werden, ob der definierte, modellierte Prozess tatsächlich in dieser Form auch "gelebt" wird. Zudem kann, unter Beachtung der rechtlichen Vorgaben, evaluiert werden, ob ggf. unterschiedliche Arbeitsweisen vorhanden sind und mittels Durchführung von Trainings hier ein einheitlicher optimaler Standard erreicht werden kann. Zum anderen können die Prozesse bzgl. diverser Optimierungsmöglichkeiten analysiert werden. Dies können Unterbrechungen in der Bearbeitung sein, die z. B. aufgrund fehlender oder unvollständiger Dokumente bzw. Angaben entstehen. Häufig werden auch unnötige Weiterleitungen an andere Einheiten identifiziert. Die Einsatzmöglichkeiten von Process Mining für diese Art der Identifikation von Optimierungsmöglichkeiten sind vielfältig. Für das Zielbild der Process-Mining-Anwendung des Energieversorgers wurden im Rahmen von Workshops mit allen Stakeholdern 2 Einsatzfelder aus dem Kontext Optimierung ausgewählt: Komplexitätsmanagement und Prozessbenchmarking.

Schließlich kann Process Mining zur Unterstützung von Planung und Kostenrechnung genutzt werden. Innovative Controllingmethoden bauen auf Prozessen auf. Durch die Anwendung einer Prozess(kosten-)betrachtung werden neben den Kosten von Abläufen auch weitere, für das Management relevante Informationen bereitgestellt. Dies sind u. a. Bearbeitungszeiten für Prozesse, die Anzahl der Prozessdurchführungen und daraus abgeleitet die genutzten Kapazitäten. Liegt eine Prozesskostenbetrachtung vor, kann Process Mining auch einen wichtigen Beitrag zur Unterstützung von Planung und Kostenrechnung leisten. Bei dem betrachteten Energieversorger stand dabei zunächst die Unterstützung bzw. Überarbeitung der bereits seit längerem angewendeten Prozesskostenrechnung im Vordergrund.

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