Allgemeine Lebenserfahrung spricht für private (Mit-)Nutzung

Wird ein Betriebs-Kfz nur betrieblich genutzt, sind sämtliche Kosten betrieblich veranlasst und damit abzugsfähige Betriebsausgaben i. S. d. § 4 Abs. 4 EStG. Nach der Rechtsprechung des BFH spricht jedoch die allgemeine Lebenserfahrung dafür, dass ein Betriebsinhaber, dem ein betriebliches Fahrzeug zur Verfügung steht, dieses typischerweise nicht nur vereinzelt und gelegentlich auch für private Zwecke nutzt (sog. Anscheinsbeweis).

Dieser "Beweis des ersten Anscheins" kann im Rahmen der Gewinneinkünfte jedoch durch einen sog. Gegenbeweis entkräftet oder erschüttert werden. Hierzu ist der Vollbeweis des Gegenteils nicht erforderlich.[1] Es muss also nicht beweisen werden, dass eine private Nutzung nicht stattgefunden hat. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass ein Sachverhalt dargelegt (und im Zweifelsfall nachgewiesen) wird, der die ernsthafte Möglichkeit eines anderen als des der allgemeinen Erfahrung entsprechenden Geschehens ergibt.[2] Eine Möglichkeit, den Anscheinsbeweis der Privatnutzung eines betrieblichen Pkw zu entkräften, ist der Nachweis, dass für Privatfahrten ein weiteres Fahrzeug zur Verfügung steht. Dieses Fahrzeug muss allerdings hinsichtlich des Status und des Gebrauchswerts vergleichbar mit dem betrieblichen Fahrzeug sein.[3]

Eine Erschütterung des Anscheinsbeweises kommt jedoch insoweit nur dann in Betracht, wenn das in Status und Gebrauchswert vergleichbare Fahrzeug dem Steuerpflichtigen ständig und uneingeschränkt zur Verfügung steht.[4]

Das Niedersächsische FG[5] hat in einem Urteil die Kriterien Gebrauchswert und Status näher bestimmt. Im Fall nutzte der alleinige Kommanditist einer GmbH & Co. KG einen Kastenwagen für tägliche Fahrten zu Betriebsstätten. Das Finanzamt unterstellte darüber hinaus eine Privatnutzung. Allerdings besaß er im Privatvermögen noch einen älteren Mercedes-Benz-Pkw. Nach Ansicht des FG ist unter "Gebrauchswert" der Wert einer Sache in Bezug auf ihre Brauchbarkeit und ihrer Eignung für bestimmte Funktionen und Zwecke zu verstehen. Unter dem Aspekt des "Status" eines Fahrzeugs sind dagegen vornehmlich Prestigegesichtspunkte zu berücksichtigen. Im Ergebnis sah das FG die beiden Fahrzeuge als vergleichbar an und lehnte den Ansatz einer steuerpflichtigen Privatnutzung für den Kastenwagen ab.[6]

Nach Ansicht des FG Münster[7] kann der Anscheinsbeweis der privaten Nutzung eines dienstlichen Fahrzeugs (Ford Ranger) ist nicht alleine dadurch erschüttert, dass dem Steuerpflichtigen ein weiteres Dienstfahrzeug, für das die 1 %-Regelung angewendet wird, für Privatfahrten zur Verfügung steht. Jedoch ist der Anscheinsbeweis erschüttert, wenn der Steuerpflichtige glaubhaft z. B. darlegt, dass er und seine Familie den Pkw bereits aufgrund dessen Größe nicht privat nutzen, der Pkw arbeitstäglich als Zugmaschine und als Fahrzeug für Mitarbeiter im Einsatz ist, die Werbefolie auf dem Pkw nicht jederzeit entfernbar ist und das Finanzamt eine tatsächliche private Nutzung des Pkw nicht belegen kann.

 
Hinweis

Keine Möglichkeit zum Gegenbeweis für Alleingesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH

Nach der Rechtsprechung des BFH führt bereits die Überlassung eines betrieblichen PKW an einen Arbeitnehmer für dessen Privatnutzung zu einer Bereicherung des Arbeitnehmers. Die belastbare Behauptung, das betriebliche Fahrzeug nicht für Privatfahrten genutzt oder diese ausschließlich mit anderen Fahrzeugen durchgeführt zu haben, genügt hier nicht, um die Besteuerung des Nutzungsvorteils auszuschließen.[8]

Dies gilt auch für Alleingesellschafter-Geschäftsführer, die für ihre GmbH ertragsteuerlich als Arbeitnehmer tätig werden und denen die GmbH einen betrieblichen PKW aufgrund dienstvertraglicher Vereinbarung auch zur Privatnutzung überlassen hat.[9]

Bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit fließt dem Arbeitnehmer der geldwerte Vorteil aus der unentgeltlichen bzw. verbilligten Überlassung eines Dienstwagens durch den Arbeitgeber für die Privatnutzung bereits mit der Inbesitznahme des Dienstwagens zu. Auf die tatsächliche private Nutzung des PKW durch den Arbeitnehmer kommt es für das Vorliegen von Sachlohn bei § 19 EStG – anders als für die Bewertung einer Entnahme bei den Gewinneinkünften – folglich nicht an. Von der Besteuerung der Privatnutzung kann bei Arbeitnehmern nur abgesehen werden, wenn der Arbeitnehmer zur privaten Nutzung des betrieblichen Fahrzeugs nicht (länger) befugt ist.[10]

Ermittlung des betrieblichen Nutzungsanteils

Bei der Ermittlung des betrieblichen Nutzungsanteils werden die gesamten betrieblich veranlassten Fahrten herangezogen. Eine betriebliche Fahrt ist dann gegeben, wenn ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit dem Betrieb besteht. Zu den betrieblichen Fahrten zählen insbesondere die Fahrten zu Geschäftskontakten, Kundenbesuche, Lieferanten, für das Unternehmen tätige freie Mitarbeiter sowie auch Fahrten zu betrieblich veranlassten Fortbildungsveranstaltungen, betrieblich veranlasste Besuche bei Arbeitnehmer...

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