BMF, 27.11.2001, IV C 3 - S 2256 - 265/01

Einkommensteuerrechtliche Behandlung von Termingeschäften im Bereich der privaten Vermögensverwaltung (§§ 20, 22 und 23 EStG)

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder nehme ich zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Termingeschäften im Bereich der privaten Vermögensverwaltung (zur Abgrenzung vom gewerblichen Wertpapierhandel vgl. BFH-Urteil vom 29.10.1998, BStBl 1999 II S. 448) wie folgt Stellung:

 

1. Begriff des Termingeschäfts

1

Der Begriff des Termingeschäfts umfasst sämtliche als Options- oder Festgeschäft ausgestaltete Finanzinstrumente sowie Kombinationen zwischen Options- und Festgeschäften, deren Preis unmittelbar oder mittelbar abhängt von

  1. dem Börsen- oder Marktpreis von Wertpapieren,
  2. dem Börsen- oder Marktpreis von Geldmarktinstrumenten,
  3. dem Kurs von Devisen oder Rechnungseinheiten,
  4. Zinssätzen oder anderen Erträgen oder
  5. dem Börsen- oder Marktpreis von Waren oder Edelmetallen.

Dabei ist es ohne Bedeutung, ob das Termingeschäft in einem Wertpapier verbrieft ist, an einer amtlichen Börse oder außerbörslich abgeschlossen wird.

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Als Termingeschäfte gelten nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG auch Optionsscheine (vgl. dazu Rz. 10 ff.) und Zertifikate, die Aktien vertreten (vgl. dazu Rz. 45 ff.).

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Beim Optionsgeschäft hat der Käufer der Option das Recht, jedoch nicht die Verpflichtung, zu einem späteren Zeitpunkt ein Geschäft, z.B. den Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers, zu vorab festgelegten Konditionen abzuschließen (bedingtes Termingeschäft). Im Gegensatz dazu gehen beim Festgeschäft beide Vertragsparteien bereits bei Abschluss des Geschäfts die feste Verpflichtung ein, zu einem späteren Zeitpunkt z.B. einen bestimmten Kaufgegenstand zum vereinbarten Preis zu erwerben oder zu liefern (unbedingtes Termingeschäft).

 

2. Optionsgeschäfte

 

2.1 Inhalt des Optionsgeschäfts

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Beim Optionsgeschäft erwirbt der Käufer der Option (Optionsnehmer) vom Verkäufer der Option (Optionsgeber oder sog. Stillhalter) gegen Bezahlung einer Optionsprämie das Recht, eine bestimmte Anzahl Basiswerte (z.B. Aktien) am Ende der Laufzeit oder jederzeit innerhalb der Laufzeit der Option (so möglich bei EUREX-Optionen) zum vereinbarten Basispreis entweder vom Verkäufer der Option zu kaufen (Kaufoption oder „call”) oder an ihn zu verkaufen (Verkaufsoption oder „put”). Diesem Recht des Optionskäufers steht die entsprechende Verpflichtung des Verkäufers der Option gegenüber, die Basiswerte zu liefern oder abzunehmen, wenn der Optionskäufer sein Optionsrecht ausübt.

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Ist die effektive Abnahme oder Lieferung des Basiswertes auf Grund der Natur der Sache (z.B. bei Indices) oder auf Grund von Handelsbedingungen (z.B. bei EUREX-Optionen auf Futures) ausgeschlossen, besteht die Verpflichtung des Optionsgebers bei Ausübung der Option durch den Optionskäufer in der Zahlung der Differenz zwischen vereinbartem Basispreis und Tageskurs des Basiswerts (Barausgleich oder „cash-settlement”). Ein Barausgleich kann bei jeder Option vereinbart werden, auch wenn der Basiswert lieferbar ist.

6

Die Option erlischt

  • mit Ablauf der Optionsfrist durch Verfall,
  • durch Ausübung der Option oder
  • an der EUREX auch durch sog. Glattstellung.

Bei Glattstellung tätigt der Anleger ein Gegengeschäft, d.h. z.B. der Inhaber einer Kauf- oder Verkaufsoption verkauft eine Option derselben Serie, aus der er zuvor gekauft hat. Kennzeichnet er das Geschäft als Glattstellungs- oder closing-Geschäft, bringt er damit Rechte und Pflichten aus beiden Geschäften zum Erlöschen. Umgekehrt kann sich auch der Optionsverkäufer (Stillhalter) vor Ablauf der Optionsfrist durch Kauf einer Option derselben Serie aus seiner Verpflichtung lösen.

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Anders als bei außerbörslichen Optionsgeschäften und bei Optionsscheinen ist es einem Anleger an der EUREX nicht möglich, die erworbene Option auf einen Dritten zu übertragen.

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Anleger können grundsätzlich vier Grundpositionen eingehen:

  • Kauf einer Kaufoption („long call”)
  • Kauf einer Verkaufsoption („long put”)
  • Verkauf einer Kaufoption („short call”)
  • Verkauf einer Verkaufsoption („short put”).

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Darüber hinaus ist an der EUREX auch der standardisierte Abschluss eines sog. Kombinationsgeschäfts, d.h. einer Kombination von jeweils zwei Grundgeschäften in einem Abschluss möglich. Zu unterscheiden sind:

– „spreads”: Gleichzeitiger Kauf und Verkauf von Optionen der gleichen Serie, aber mit unterschiedlichem Basispreis und/oder Verfalldatum
– „straddles”: Gleichzeitiger Kauf einer Kauf- und einer Verkaufsoption mit gleichem Basiswert, Basispreis und Verfalldatum
– „strangles”: Gleichzeitiger Kauf einer Kauf- und einer Verkaufsoption mit gleichem Basiswert und Verfalldatum, aber unterschiedlichem Basispreis
 

2.2 Besonderheiten bei Optionsscheinen

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Bei Optionsscheinen ist das Optionsrecht (vgl. Rz. 4) in einem Wertpapier verbrieft. Der Käufer eines Optionsscheins erwirbt entweder eine Kaufoption oder eine Verkaufsoption, der Emittent des Optionsscheins nimmt...

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