Das BMF hat am 19.12.2018 ein neues Anwendungsschreiben zur ertragsteuerlichen Behandlung von Realteilungen im Sinne des § 16 Abs. 3 Satz 2 ff. EStG erlassen. Eine Legaldefinition der Realteilung gibt der Gesetzgeber nicht.[1]

Bei der Realteilung sind die sog. "echten" Realteilungen und die "unechten" Realteilungen zu unterscheiden. Bei der "echten" Realteilung liegt eine Variante der Betriebsaufgabe der Mitunternehmerschaft vor. Im Wesentlichen geht es bei der Anwendung der Realteilung darum, die Aufdeckung stiller Reserven in den übertragenen Wirtschaftsgütern, die dem ausscheidenden Mitunternehmer zuzurechnen sind nicht der Besteuerung zu unterwerfen.

7.1 Echte Realteilung: Betriebsaufgabe liegt vor

Wenn auf der Ebene der Mitunternehmerschaft eine Betriebsaufgabe im Sinne des § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG vorliegt, handelt es sich um eine echte Realteilung, § 16 Abs. 3 Sätze 2, 3 EStG. Im Rahmen der echten Realteilung ist es möglich, Einzelwirtschaftsgüter aus dem Gesamthandsvermögen der Gesellschaft in das Privatvermögen der Gesellschafter zu übertragen.

Bei der echten Realteilung ist die Übertragung von Wirtschaftsgütern des Gesamthandvermögens der Gesellschaft als Entnahme zu werten. Die Entnahme ist mit dem gemeinen Wert zu bewerten, der dadurch entstandene Entnahmegewinn ist laufender Gewinn der Gesellschaft und entsprechend dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel auf die Mitunternehmer aufzuteilen.

 
Praxis-Beispiel

Auflösung einer Rechtsanwaltskanzlei

Die AB-Rechtsanwaltssozietät besteht aus den Rechtsanwälten A und B. A konnte sich bislang leider wenig auf dem Markt etablieren und auch wenig neue Mandanten seit der Sozietätsgründung akquirieren. B hingegen ist sehr erfolgreich und bringt monatlich mehrere neue Mandanten in die Kanzlei. Aufgrund des Ungleichgewichts beschließen A und B zukünftig getrennte Wege zu gehen, die Rechtsanwaltssozietät wird aufgelöst. B übernimmt annähernd alle Mandanten sowie die Verbindlichkeiten der Sozietät. A übernimmt lediglich sein Büroinventar und hat sich angesichts seines bisherigen beruflichen Werdegangs dazu entschieden, zukünftig als angestellter Rechtsanwalt zu arbeiten.

Unter Berücksichtigung des neuen Realteilungserlasses übernimmt B die Wirtschaftsgüter zum Buchwert.[1] Die Übernahme der Verbindlichkeiten steht der Buchwertfortführung nicht entgegen. B führt den Betrieb also weiter.

7.2 Unechte Realteilung: Gesellschafter scheidet aus und die Gesellschaft besteht weiter

Besteht die Gesellschaft aus 3 oder mehr Mitunternehmern und scheidet einer der Mitunternehmer aus der Gesellschaft aus, ohne dass diese aufgelöst wird, spricht man von einer unechten Realteilung.

Der ausscheidende Mitunternehmer kann wie folgt aus der Gesellschaft ausscheiden:

  • gegen die Übernahme von Einzelwirtschaftsgütern aus dem Betriebsvermögen der Gesellschaft,
  • gegen die Übernahme von Teilbetrieben und
  • gegen die Übernahme von Mitunternehmeranteilen von Tochterpersonengesellschaften.

Darüber hinaus kann ein Mitunternehmer auch unter Fortführung der Mitunternehmerschaft ausscheiden und dafür Einzelwirtschaftsgüter erhalten, wovon jedoch mindestens ein Wirtschaftsgut aus dem Gesamthandsvermögen der Gesellschaft in ein anderes Betriebsvermögen übertragen werden muss. Irrelevant ist dabei, ob das Betriebsvermögen, in welches das Wirtschaftsgut überführt wird bereits besteht oder neu gegründet wird.

 
Praxis-Beispiel

Ausscheiden eines Mitunternehmers und Weiterbestehen der Mitunternehmerschaft

Die Wirtschaftsprüfer M, N und O haben vor 12 Jahren eine Wirtschaftsprüfungskanzlei erworben. Der Mandantenstamm ist bereits vollständig abgeschrieben, hat jedoch einen Wert von 1,5 Mio. EUR. Für den Erwerb der Kanzlei wurde vor 12 Jahren ein Darlehen in Höhe von 900.000 EUR aufgenommen. Zum 1.1.09 möchte O die Kanzlei verlassen, um in einer eigenen Kanzlei weiter tätig zu werden. O übernimmt deshalb Mandanten im Wert von 500.000 EUR sowie seinen Anteil am Darlehen in Höhe von 300.000 EUR.

O scheidet steuerneutral aus der Sozietät aus, die Übernahme seines Anteils an den Verbindlichkeiten ist dabei nicht schädlich.

Grundsätzlich führt die Realteilung zu einer Entnahme aus dem Vermögen der Personengesellschaft und zeitgleich zu einer Einlage in das Betriebsvermögen des übernehmenden Mitunternehmers. Unter Berücksichtigung der allgemeinen steuerlichen Regeln sind die Entnahmen und Einlagen mit dem Teilwert zu bewerten.[1]

Wenn es gesetzlich zugelassen wird, kann ein – vom Teilwert – abweichender Ansatz gewählt werden. Über die Anwendung des § 16 Abs. 3 Sätze 2 bis 4 EStG kann (Wahlrecht) die Übertragung der Wirtschaftsgüter zu Buchwerten erfolgen. Hierdurch werden keinerlei stille Reserven aufgedeckt, sodass keine Steuer anfällt.

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