Auch in digitalen Geschäftsmodellen gilt die in der Betriebswirtschaft verbreitete Gliederung der geschäftlichen Aktivitäten nach der Value Chain von Porter, unterteilt in primäre und unterstützende Aktivitäten und Prozesse (s. Abb. 2).[1]

Abb. 2: Generische Value Chain von Porter[2]

Bei digitalen Geschäftsmodellen sind allerdings einige Besonderheiten in den Aktivitäten festzustellen, die letztlich auch Auswirkung auf die Messung der Performance und die verwendeten Kennzahlen haben:

  • Beschaffung: Wenn die Leistung nicht aus physischen, sondern aus digitalen Produkten und/oder Dienstleistungen besteht, wird Beschaffungsprozessen eine niedrigere Bedeutung zugemessen, weil keine Rohstoffe oder Halbfertigprodukte für das Endprodukt beschafft werden müssen. Selbstverständlich fallen Beschaffungsprozesse aber nicht gänzlich weg. Büroausstattung, Büromaterialien und C-Güter mit verhältnismäßig geringem Beschaffungswert werden weiterhin benötigt und Hard- und Software-Produkte müssen ebenfalls beschafft werden. Es findet also eine Verlagerung vom direkten auf den indirekten Einkauf statt.
  • Leistungserstellung: Bei digitalen Geschäftsmodellen, – insbesondere mit digitalen Produkten, – fallen bei der Leistungserstellung die Produktion, die Planung der Produktion sowie die Ein- und Auslagerung von Fertigerzeugnissen weg. Die Prozesse zur Leistungserstellung fokussieren sich vermehrt auf die Softwareerstellung, um die digitalen Produkte und Services anbieten zu können. Diese gänzlich veränderte Leistungserstellung benötigt auch andere Kennzahlen zur Performance-Messung.
  • Marketing/Vertrieb: Auch die Prozesse rund um Marketing und Vertrieb verändern sich bei digitalen Geschäftsmodellen. Der persönliche Vertrieb rückt mehr in den Hintergrund, während der Verkauf über elektronische Plattformen wichtiger wird. Bei digitalen Produkten und Dienstleistungen besteht zudem die Chance, dass der Hersteller auch über die Nutzung der Produkte und Dienstleistungen Daten erhält und so die Kunden anleiten kann, das Produkt bestmöglich zu nutzen und in weiterer Folge möglicherweise weitere Produkte und Dienstleistungen zu verkaufen. Zudem sind andere Formen der Erlösmodelle etabliert (bspw. Abo-Modelle), die dann wiederum Änderungen der Prozesse im Bereich der Verrechnung der Leistungen bewirken.

Insgesamt lässt sich auch bei digitalen Geschäftsmodellen beobachten, dass die Customer Experience stärker in den Mittelpunkt rückt und so die gesamte Customer Journey vermehrt betrachtet wird. Eine Konsequenz daraus ist, dass die einzelnen Touchpoints in der Customer Journey möglichst gut für den potenziellen Kunden ausgestaltet werden müssen.

Die durchgängige Messung der Touchpoint-Performance über die gesamte Customer Journey hinweg stellt jedoch eine große Herausforderung dar, da i. d. R. einerseits nicht nur digitale, sondern auch Offline-Touchpoints vorliegen und andererseits eine Verknüpfung der Daten über verschiedene Touchpoints hinweg herausfordernd ist.

  • Management-Prozesse: Die Digitalisierung und die sich daraus entwickelnden digitalen Geschäftsmodelle äußern sich in einem Struktur- und Kulturwandel und erfordern ein angepasstes Vorgehen auf Managementebene: Das Top-Management muss ein Technologieverständnis aufweisen und sollte sich nicht nur auf die IT-Abteilung oder Digital Natives bei der Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle verlassen. Traditionelle Managementmethoden zur Steuerung des Change- und Strategieprozesses sowie die Führungsprozesse müssen überdacht und verändert werden. Die Anwesenheit der Mitarbeiter ist nicht mehr unbedingt nötig, dafür rückt die Ergebnisorientierung verstärkt in den Vordergrund.
  • Support-Prozesse: Merkmal von Supportprozessen ist, dass sie nur mittelbar zur Wertschöpfung beitragen und die Kernprozesse unterstützen. Die Supportprozesse werden durch die Digitalisierung zwar ebenfalls beeinflusst und verändert jedoch in vergleichsweise geringerem Ausmaß. So gibt es weiterhin bspw. Prozesse zur Buchhaltung und zum Personalwesen, einzelne Schritte in den Prozessen werden durch die Digitalisierung verändert, die Prozesse bleiben aber grundsätzlich bestehen.[3]
[1] Vgl. Porter, 2001, S. 52ff.
[2] Vgl. Porter, 2001, S. 52.
[3] Vgl. Schönbohm/Egle, 2017, S. 214ff.

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