Die letzte wichtige Entwicklung, die in das Performance Measurement eines Unternehmens integriert werden sollte, ist die Nachhaltigkeit (oder Sustainability). Aus Perspektive eines Unternehmens sind Schwächen im Nachhaltigkeitsmanagement mit sog. "Nachhaltigkeitsrisiken" verbunden.

[1] Der Abschnitt zur Nachhaltigkeit/Sustainability ist der noch nicht veröffentlichten 3. Auflage des Buches "Performance Measurement" von Ronald Gleich entnommen und basiert in großen Teilen auf der dort aufgeführten Quelle: Gleich/Schulze, Sustainability Balanced Scorecard und Strategy Map, in WISU 42, 2013, H. 11, S. 1415–1419.

5.1 Erfordernisse zur Berichterstattung und Steuerung der Nachhaltigkeit

Das Leitbild der Nachhaltigkeit, also die Verwirklichung wirtschaftlichen Wachstums unter gleichzeitiger Berücksichtigung natürlicher ökologischer Grenzen und sozialen Ausgleichs, hat in den letzten Jahren im politischen, gesellschaftlichen als auch wirtschaftlichen Kontext kontinuierlich an Bedeutung gewonnen. Unternehmen sehen sich in zunehmendem Maße mit konkreten Erwartungshaltungen in Bezug auf ihr ökologisches und soziales Handeln konfrontiert. Zeitgleich haben sich auch rechtliche und regulatorische Anforderungen an Unternehmen hinsichtlich ökologischer und sozialer Rahmenbedingungen deutlich erhöht. Der daraus resultierende Handlungsdruck, hin zu einer nachhaltigen Unternehmensführung, wird voraussichtlich auch künftig weiter an Bedeutung gewinnen. Unternehmen müssen daher ihre Strategien sowie die operative Unternehmensführung auf die Anforderungen ihrer Anspruchsgruppen (z. B. die Politik oder die Gesellschaft) hin ausrichten.[1]

Zu erwähnen ist hier vor allem die Sonderstellung der "finanziellen Nachhaltigkeit", die meist als Teil einer guten Unternehmensführung (Governance, im ESG-Konzept) interpretiert wird[2] und die bereits oftmals implizit, z. B. als Teil der internen Steuerung, betrachtet wurde. Kennzahlen zur Operationalisierung der finanziellen Nachhaltigkeit sind der Finanzperspektive einer BSC zuzuordnen. Eine Operationalisierung der finanziellen Nachhaltigkeit ist anhand von 4 Kennzahlen möglich. Diese werden aus der Begriffsbedeutung abgeleitet und lauten: reale Wachstumsrate, Ertragsrisiko, Insolvenzrisiko sowie "Value Spread", d. h. die Differenz der Kapitalrendite zu den risikoabhängigen Kapitalkosten.[3] Eine risikoadjustierte Überrendite von Unternehmen mit hoher finanzieller Nachhaltigkeit lässt sich an den Börsen empirisch belegen.

[1] Vgl. Hentze/Thies, 2012, S. 1089 ff.
[2] Vgl. Günther/Günther, 2017.
[3] Vgl. Günther/Gleißner/Walkshäusl, 2020.

5.2 Die Sustainability Balanced Scorecard

Unter den bislang verfügbaren Steuerungsinstrumenten der nachhaltigen Unternehmenssteuerung hat sich sowohl in der Literatur als auch in der Praxis vor allem eines etabliert: die Sustainability Balanced Scorecard (SBSC).[1]

Die SBSC baut methodisch auf dem von Kaplan und Norton entwickelten Grundgerüst der BSC auf und integriert alle 3 Dimensionen der Nachhaltigkeit – Ökonomie, Ökologie und Soziales – im Rahmen der Umsetzung von Unternehmens- und Geschäftsfeldstrategien. Die konzeptionelle Schlüsselfunktion der SBSC ist damit die Schaffung von Transparenz wertgenerierender Nachhaltigkeitsstrategien und die Unterstützung bei einer verbesserten Operationalisierung im Zuge der Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen.[2]

Vor diesem Hintergrund existieren 3 unterschiedliche Möglichkeiten der zusätzlichen Integration von Umwelt- und Sozialaspekten in die BSC.[3] Diese werden in Abb. 5 auch grafisch dargestellt.

  • Nachhaltigkeitsaspekte werden in einzelne (partielle Integration) oder in alle 4 Standardperspektiven einer BSC (Finanz-, Kunden-, Prozess- sowie Lern- und Entwicklungsperspektive) integriert (vollständige Integration), indem dort jeweils relevante ökologische und soziale Performance-Indikatoren, Zielwerte und Maßnahmen ergänzt werden.
  • Eine klassische BSC wird um eine oder mehrere zusätzliche Perspektiven erweitert, welche die relevanten Umwelt- und Sozialaspekte zusammenfassen (additive Variante). I. d. R. wird dabei favorisiert, lediglich eine weitere Perspektive (Gesellschafts-, Nachhaltigkeits-, bzw. Nicht-Markt-Perspektive) zu ergänzen.
  • Nachhaltigkeitsaspekte der Unternehmensstrategie werden in einer separaten, eigenständigen Nachhaltigkeits-BSC zusammengefasst.

Abb. 5: Möglichkeiten der Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten innerhalb der BSC

Die Entscheidung für eine der beschriebenen Umsetzungsvarianten ist von der konkreten Ausprägung der Nachhaltigkeitsaspekte mit strategischer Relevanz für das jeweilige Unternehmen und damit von branchen- bzw. unternehmensspezifischen Faktoren abhängig.[4] Unternehmen, die sich dazu entschließen, Nachhaltigkeitsaspekte zunächst in vergleichsweise geringer Ausprägung in ihre Strategie aufzunehmen, finden im Rahmen einer partiellen Integration eine praktikable Lösung. Unternehmen, deren Geschäftsmodell und strategische Ausrichtung eine sehr hohe Relevanz in Bezug auf Nachhaltigkeitsaspekte aufweisen, sollten sich demgegenüber für eine vollständige Integration oder eine additive Variante entscheid...

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