Leitsatz

1. Der Rangrücktritt eines Darlehensgläubigers lässt das Erfordernis zur Passivierung der Darlehensverbindlichkeit regelmäßig unberührt. "Haftungslose" Darlehen sind hingegen nicht zu passivieren.

2. Einnahmen i.S.d. § 3c EStG liegen bei Darlehensaufnahmen regelmäßig nicht vor.

 

Normenkette

§ 3c, § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, betrieb ein Grundstücksunternehmen im Rahmen des Berliner sozialen Wohnungsbaus. Ihre ursprüngliche Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 KStG wurde durch das StRefG 1990 mit Wirkung vom 1.1.1990 an aufgehoben.

Im Rahmen des von ihr betriebenen öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbaus hatte die Klägerin ab dem Jahr 1976 von der X so genannte Aufwendungsdarlehen nach dem II. WoBauG i.d.F. vom 1.9.1976 (BGBl I 1976, 2673). Die Darlehen wurden der Klägerin für eine Laufzeit von 15 Jahren gewährt.

Bei Bewilligung der Aufwendungsdarlehen vereinbarten die Vertragspartner einen Rangrücktritt, wonach die X als Gläubigerin "mit ihrer persönlichen Forderung hinter die Forderungen aller anderen Gläubiger in der Weise zurücktritt, dass sie nur aus künftigen Gewinnen oder aus dem die sonstigen Verbindlichkeiten des Schuldners übersteigenden Vermögen bedient zu werden braucht". Darüber hinaus wurde ein "modifizierter Forderungsverzicht" vereinbart, wonach die X als Gläubigerin "ihre Ansprüche nicht geltend machen wird, so weit und so lange die Ertragslage des Objekts bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung eine Bedienung der Darlehensforderung nicht ermöglicht".

Die vierteljährlich zugeflossenen Darlehenszahlungen behandelte die Klägerin als Erlöse, die infolge ihrer Steuerbefreiung bis einschließlich 1989 steuerfrei blieben. Eine Passivierung von Verbindlichkeiten oder Rückstellungen in der Handelsbilanz erfolgte nicht, da es sich aufgrund des modifizierten Forderungsverzichts um so genannte "haftungslose Darlehen" handele. Entsprechend verfuhr die Klägerin auch in der nach Wegfall ihrer Steuerbefreiung gem. § 13 Abs. 2 KStG auf den 1.1.1990 zu erstellenden Anfangsbilanz und in der Bilanz zum 31.12.1990.

Am 20.5.1988 hatte der Senator für Bau- und Wohnungswesen Berlin die Richtlinien über die Anschlussförderung von Sozialwohnungen der Wohnungsbauprogramme 1972 bis 1976 (Dienstblatt des Senats von Berlin Teil VI vom 1.7.1988, 15) erlassen. Danach sollte dem sozialen Wohnungsbau nach Auslaufen der bisherigen 15-jährigen Förderdauer auf Antrag eine Anschlussförderung gewährt werden. Bei Bewilligung der Anschlussförderung wurden die bisher abgegebenen Rangrücktrittserklärungen für die Aufwendungsdarlehen und der zusätzliche modifizierte Forderungsverzicht nunmehr durch lediglich eine – der ursprünglichen Rangrücktrittserklärung inhaltlich entsprechende – Erklärung ersetzt, wonach "zur Abwendung einer möglichen Überschuldung im Sinn der handels- und konkursrechtlichen Vorschriften" vereinbart wurde, "dass die X als Gläubigerin mit ihrer persönlichen Forderung hinter die Forderungen aller anderen Gläubiger in der Weise zurücktritt, als sie nur aus künftigen Gewinnen oder aus dem die sonstigen Verbindlichkeiten des Schuldners übersteigenden Vermögen bedient zu werden braucht". Der bisherige modifizierte Forderungsverzicht entfiel.

Die Klägerin beantragte im Jahr 1991 für ihre Mietobjekte – nach Ablauf des ersten Förderungszeitraums – Zuschüsse im Rahmen der AnschlussförderungsRL 1988. Diese Förderung wurde im Jahr 1991 bewilligt, entsprechend wurde der modifizierte Forderungsverzicht für die Aufwendungsdarlehen aufgehoben. Darauf passivierte die Klägerin in der Bilanz zum 31.12.1991 erstmals (und damit erfolgswirksam) die Verbindlichkeiten aus den Aufwendungsdarlehen des Jahrs 1976.

Nach Auffassung des FA waren die Aufwendungsdarlehen hingegen bereits in der Anfangsbilanz 1990 als Rückstellung zu passivieren. Jedenfalls aber scheitere die erfolgswirksame Passivierung einer Verbindlichkeit in der Bilanz des Jahrs 1991 an § 3c EStG, da die Aufwendungsdarlehen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen der Klägerin in der Zeit vor 1990 stünden.

Die hiergegen erhobene Klage hatte Erfolg (EFG 2003, 680).

 

Entscheidung

Der BFH folgte dem FG:

  • Ein bloßer Rangrücktritt "vernichte" die Verbindlichkeit nicht. Diese sei weiter zu passivieren.
  • Die vor dem 31.12.1991 gewährten Aufwendungsdarlehen seien zum 31.12.1990 nicht zu bilanzieren. Es handele sich zu diesem Zeitpunkt um sog. haftungslose Darlehen. Die bestehende Rückzahlungsverpflichtung sei letztlich nicht "real" und wahrscheinlich. Es sei ebenso wenig vor Beginn des Streitjahrs 1991 wahrscheinlich, dass die Anschlussförderung beansprucht werden würde. Damit sei auch der Wegfall des modifizierten Forderungsverzichts nicht wahrscheinlich.
  • Die (infolge der Rückzahlungspflichten bloß vorübergehende) Vereinnahmung von Darlehensbeträgen löse unbeschadet einer Steuerbefreiung keine Einnahmen aus und habe kein wechselseitiges ein Betriebsausgabenabzugsverbot gem. § 3c EStG zur Folge.

Einzelheiten ergeben sich aus den P...

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