Die Abgabe und Rückgabe mehrfach verwendbarer Paletten kann zu unterschiedlichen umsatzsteuerrechtlichen Folgen führen, insbesondere in Abhängigkeit davon, ob ein Entgelt berechnet wird oder nicht.

Grundsätzlich vollzieht sich die Abgabe der Paletten bei einem Tauschsystem nach Auffassung der Finanzverwaltung im Rahmen eines Sachdarlehns nach § 607 BGB. Bei einem Sachdarlehen liegt keine Lieferung vor, es kann sich nur um eine sonstige Leistung handeln.

 
Praxis-Tipp

Keine Lieferung bei Palettentausch

Die Finanzverwaltung ging auch schon in der Verfügung der OFD Frankfurt davon aus, dass bei dem Palettentausch zwischen Versender/Verlader und Empfänger (z. B. im Rahmen des Epal-Paletten-Tauschsystems) kein steuerbarer Vorgang nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG vorliegt. Die Paletten haben nicht die Funktion eines Handelsguts; es wird lediglich eine vertretbare Sache gegen eine andere gleicher Art und Güte getauscht, um die Abwicklung der Logistik, des Transports und der Lagerung zu erleichtern. Ein Lieferwille ist bei keinem der Beteiligten vorhanden.

Zu umsatzsteuerrechtlichen Konsequenzen führt es, wenn für die Palettennutzung eine Gebühr erhoben wird oder für den Palettentausch Gebühren berechnet werden (sog. "Handling"). In diesen Fällen soll es sich um eine sonstige Leistung handeln. Der Ort der sonstigen Leistung befindet sich – da die Leistung gegenüber einem Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt werden wird – nach § 3a Abs. 2 UStG am Sitz des Leistungsempfängers. Soweit der Leistungsempfänger im Inland ansässig ist, ist die Leistung dann steuerbar und steuerpflichtig und unterliegt – unabhängig davon, welchem Steuersatz die gelieferte Ware unterliegt – dem Regelsteuersatz.

 
Wichtig

Besondere Probleme bei grenzüberschreitenden Lieferungen

Besonders zu beachten sind die Auswirkungen bei grenzüberschreitenden Lieferungen und dem Palettentausch. Während die Lieferung der eigentlichen Ware (im Gemeinschaftsgebiet) bei dem Käufer zu einem innergemeinschaftlichen Erwerb führt, würde eine Palettenaustauschgebühr zu einer sonstigen Leistung führen, die im Bestimmungsland dem Reverse-Charge-Verfahren unterliegt.

 
Praxis-Beispiel

Innergemeinschaftlicher Erwerb und Palettenaustauschgebühr

Der deutsche Unternehmer D erwirbt von dem in den Niederlanden ansässigen Gemüsegroßhändler N 40 Paletten mit Tomaten. D tritt gegenüber N mit seiner zutreffenden deutschen USt-IdNr. auf. N berechnet für die Tomaten 10.000 EUR und eine Palettenaustauschgebühr von 200 EUR.

Die Lieferung der Tomaten führt bei D zu einem innergemeinschaftlichen Erwerb[1], der in Deutschland steuerbar ist.[2] Da keine Steuerbefreiung nach § 4b UStG vorliegt, ist der innergemeinschaftliche Erwerb auch steuerpflichtig und führt zu einer Bemessungsgrundlage von 10.000 EUR. Tomaten unterliegen dem ermäßigten Steuersatz von 7 %.[3] D hat eine Erwerbsteuer von 700 EUR anzumelden, ist dafür aber regelmäßig vorsteuerabzugsberechtigt.[4]

Die Palettenaustauschgebühr führt nach Auffassung der Finanzverwaltung zu einem eigenständigen Umsatz "sonstige Leistung", dessen Ort sich nach § 3a Abs. 2 Satz 1 UStG richtet und sich am Unternehmenssitz des D befindet. Es liegt damit eine nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG in Deutschland steuerbare sonstige Leistung vor, die auch keiner Befreiung unterliegt. D wird nach § 13b Abs. 1 i. V. m. Abs. 5 Satz 1 UStG zum Steuerschuldner für die ihm gegenüber ausgeführte Leistung und muss auf die 200 EUR den Regelsteuersatz von 19 % berechnen, sodass bei ihm eine Umsatzsteuer i. H. v. 38 EUR entsteht, für die er regelmäßig auch zum Vorsteuerabzug berechtigt sein wird.[5]

Das vorige Beispiel zeigt, dass bei grenzüberschreitenden Palettenaustauschsystemen nach den Grundsätzen der Finanzverwaltung erhebliche zusätzliche Pflichten auf die Beteiligten zukommen, wenn der Palettenaustausch mit Entgelten oder Gebühren erfolgt. Darüber hinaus müssen aber in diesen Fällen auch formale Folgen bedacht werden, die zu einer weiteren Verkomplizierung der Abläufe beitragen:

  • Werden im Rahmen von EU-grenzüberschreitenden Palettenaustauschsystemen Entgelte verlangt, muss der leistende Unternehmer unter derselben USt-IdNr. des Leistungsempfängers 2 Sachverhalte in der Zusammenfassenden Meldung angeben. Zum einen hat er (ohne gesondertes Kennzeichen bzw. der entsprechenden Kennzeichnung bei elektronischer Erfassung) die innergemeinschaftliche Lieferung mit der Bemessungsgrundlage für die Lieferung zu melden, zum anderen muss er (mit dem Sonderkennzeichen "1" bzw. der entsprechenden Kennzeichnung bei elektronischer Erfassung) die sonstige Leistung mit der Palettenaustauschgebühr melden.
  • Besonders problematisch sind – sowohl beim leistenden Unternehmer als auch beim Leistungsempfänger – die Fälle, in denen Lieferungen gegen Ende eines Monats erfolgen, die Abrechnung aber erst zu Beginn des nächsten Monats. Die innergemeinschaftliche Lieferung bzw. der innergemeinschaftliche Erwerb ist in dem Monat anzumelden, in dem die Rechnung ausgestellt wird, spätestens mit Ablauf des der L...

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