4.1 Sachverhalt

Personalberater P betreibt sein Unternehmen (unstrittig) von Arnhem (NL) aus. Unter anderem berät er auch eine Gemeinde in der Nähe von Münster (DE).

Im Januar 2022 berät er die Gemeinde bei der Besetzung einer Führungsposition in der Gemeindeverwaltung. Die Gemeinde unterhält neben ihren hoheitlichen Tätigkeiten auch mehrere Bereiche, in denen sie nach § 2b UStG unternehmerisch tätig ist. Aufgrund der Beratungsleistung stellt die Gemeinde einen neuen leitenden Mitarbeiter für die Gemeindeverwaltung ein. Zwischen P und der Gemeinde war vereinbart worden, dass P ein Beratungshonorar von 5.000 EUR zuzüglich einer ggf. in Deutschland anfallenden Umsatzsteuer erhält.

P hat unter anderen deshalb enge Beziehungen zur der von ihm beratenen Gemeinde, weil er mit seiner Familie in Bocholt (DE) wohnt.

4.2 Fragestellung

P möchte wissen, ob er aus der von ihm ausgeführten Beratungsleistung Umsatzsteuer in Deutschland schuldet und wie die Rechnung auszustellen ist.

Darüber hinaus möchte P wissen, ob auf die Gemeinde umsatzsteuerrechtliche Pflichten zu­kommen.

4.3 Lösung

P ist Unternehmer, da er im Rahmen seiner Personalberatung selbstständig, nachhaltig und mit Einnahmeerzielungsabsicht tätig ist.[1] Sein Unternehmen betreibt er nach den Sachverhaltsangaben unstreitig von den Niederlanden aus.

Er führt im Rahmen seines Unternehmens und auch gegen Entgelt eine sonstige Leistung (Beratungsleistung) nach § 3 Abs. 9 UStG aus. Fraglich ist der Ort der sonstigen Leistung.

Der Leistungsempfänger (die Gemeinde) handelt mit der Gemeindeverwaltung im Rahmen der öffentlichen Gewalt und damit nicht im Rahmen einer unternehmerischen Betätigung. Im Zusammenhang mit der Gemeindeverwaltung ergibt sich auch keine Gefahr einer größeren Wettbewerbsverzerrung.[2] Zu bestimmen ist der Ort der sonstigen Leistung. Nach § 3a Abs. 2 Satz 3 UStG gilt die Grundregelung zur Bestimmung des Orts der sonstigen Leistung entsprechend bei einer sonstigen Leistung an eine ausschließlich nichtunternehmerisch tätige juristische Person, der eine USt-IdNr. erteilt worden ist, und bei einer sonstigen Leistung an eine juristische Person, die sowohl unternehmerisch als auch nichtunternehmerisch tätig ist. Da die Gemeinde (als juristische Person) nach den Sachverhaltsangaben auch unternehmerisch tätig ist[3], bestimmt sich der Ort der sonstigen Leistung des P nach § 3a Abs. 2 UStG und ist damit am Sitzort des Leistungsempfängers in Deutschland.

P führt damit eine in Deutschland steuerbare und mangels Steuerbefreiung auch steuerpflichtige sonstige Leistung aus.

Zu prüfen ist, ob in Deutschland der leistende Unternehmer oder der Leistungsempfänger zum Steuerschuldner wird. Bei der Gemeinde handelt es sich um einen Leistungsempfänger, der grundsätzlich für eine an ihn ausgeführte sonstige Leistung nach § 13b Abs. 5 Satz 1 UStG zum Steuerschuldner werden kann.[4] Voraussetzung ist, dass es sich bei dem leistenden Unternehmer um einen ausländischen Unternehmer nach § 13b Abs. 7 UStG handelt. Soweit P als ausländischer Unternehmer anzusehen ist, würde die Gemeinde zum Steuerschuldner werden.[5]

P hat nach den Sachverhaltsangaben den Sitz seines Unternehmens unstrittig in den Niederlanden, seinen alleinigen Wohnsitz aber in Deutschland (Inland). Nachdem der EuGH[6] entschieden hatte, dass der leistende Unternehmer bereits dann ein im Ausland ansässiger Unternehmer ist, wenn er den Sitz seiner wirtschaft­lichen Tätigkeit im Ausland hat, wurde dies entsprechend in § 13b Abs. 7 UStG mit aufgenommen. P ist damit ein ausländischer Unternehmer, der in Deutschland eine steuerbare und steuerpflichtige sonstige Leistung ausführt.

Da alle Voraussetzungen für die Übertragung der Steuerschuldnerschaft nach § 13b Abs. 1, Abs. 5 Satz 1 und Abs. 7 UStG vorliegen, schuldet die Gemeinde die Umsatzsteuer für die ihr gegenüber ausgeführte Leistung. Die Bemessungsgrundlage ist der vereinbarte Betrag von 5.000 EUR, die Gemeinde schuldet damit 950 EUR (19 %).

Da die Gemeinde die Leistung nicht für ihr Unternehmen, sondern für ihren hoheitlichen Bereich bezieht, scheidet ein Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG aus. Die Gemeinde schuldet 950 EUR und muss diesen Betrag anmelden und auch abführen.

P schuldet in Deutschland keine Umsatzsteuer, er braucht sich umsatzsteuerrechtlich (für diese Leistung) nicht in Deutschland erfassen lassen.

 
Praxis-Tipp

Kein gesonderter Steuerausweis in der Rechnung

Vor allen Dingen darf P keine Rechnung mit gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer aus­stellen. Wird der Leistungsempfänger zum Steuerschuldner, muss immer mit einer Nettorechnung abgerechnet werden. Weist in diesen Fällen der leistende Unternehmer eine Um­satzsteuer gesondert aus, schuldet er auch diese Umsatzsteuer als unrichtig ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 1 UStG.

[2] Ausschluss von § 2b Abs. 2 UStG.
[4] Ein Ausnahmetatbestand nach § 13b Abs. 5 Satz 11 UStG, nach der eine nichtunternehmerisch tätige jPdöR nicht zur Steuerschuldneri...

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