Führt ein Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens eine Leistung aus, muss er prüfen, wo diese Leistung nach den umsatzsteuerrechtlichen Regelungen als ausgeführt gilt. Dabei kann nicht allgemein auf den Sitz des leistenden Unternehmers abgestellt werden, vielmehr muss immer nach den für den jeweiligen Sachverhalt einschlägigen Regelungen geprüft werden, ob der Ort der Leistung im Inland oder im Ausland ist:

  • Ist der Ort der Lieferung oder der sonstigen Leistung im Inland (der Umsatz ist dann steuerbar), muss geprüft werden, ob eine Steuerbefreiung anwendbar ist. Wenn der Umsatz steuerpflichtig ist, muss geprüft werden, wer im Inland zum Steuerschuldner für die steuerbare und steuerpflichtige Leistung wird.
  • Ist der Ort der Leistung nach den deutschen Rechtsvorschriften nicht im Inland, führt dies im Inland nicht zur Entstehung von Umsatzsteuer, es können sich aber Meldeverpflichtungen ergeben. Es muss auch geprüft werden, ob es nach den in dem anderen Staat anwendbaren Rechtsnormen dort zu einem steuerbaren und steuerpflichtigen Umsatz kommt und wer dann Schuldner der Umsatzsteuer wird. Ggf. kann sich bei Anwendung der One-Stop-Shop-Regelung[1] die Verpflichtung zur Abgabe einer Umsatzsteuererklärung nach § 18j UStG im Inland ergeben.
 
Wichtig

Deutsche Regelungen nicht in jedem Fall übertragbar

Ist die Leistung nach den in Deutschland anwendbaren Rechtsvorschriften in einem anderen Mitgliedstaat ausgeführt, kann wegen der Harmonisierung im Europäischen Binnenmarkt davon ausgegangen werden, dass die Leistung nach den dort geltenden Vorschriften ebenfalls steuerbar und steuerpflichtig ist. Nicht automatisch kann aber die Steuerschuldnerschaft in einem anderen Mitgliedstaat aus den deutschen Vorschriften abgeleitet werden. Hier geht in bestimmten Fällen (z. B. bei den EU-grenzüberschreitend ausgeführten sonstigen Leistungen, deren Ort sich nach § 3a Abs. 2 UStG bestimmt) die Steuerschuldnerschaft zwingend auf den Leistungsempfänger über[2], in anderen Fällen obliegt es der nationalen Gesetzgebung, wer zum Steuerschuldner bestimmt wird.[3]

Seit 2010 wurden durch das sog. "Mehrwertsteuerpaket" die Regelungen zum Ort der sonstigen Leistung unionseinheitlich sukzessive harmonisiert. Die letzte Anpassung wurde zum 1.7.2021 durch die Umsetzung des sog. Digitalpakets vorgenommen, bei der die zum 1.1.2019 eingeführte Bagatellregelung (sog. Umsatzschwelle) für die "RFTE"-Leistungen[4] angepasst wurde.

Im Mittelpunkt der umsatzsteuerrechtlichen Prüfung steht die Bestimmung des Orts der Leistung. Wird eine sonstige Leistung ausgeführt, bestimmt sich deren Ort regelmäßig nach § 3a UStG. Ausnahmen können sich aber bei Beförderungsleistungen nach § 3b UStG ergeben.

Für die zutreffende Bestimmung des Orts der sonstigen Leistungen muss geprüft werden, an wen sie ausgeführt werden:

  • Wird die sonstige Leistung an einen Nichtunternehmer ausgeführt, ist der Ort der sonstigen Leistung nach § 3a Abs. 1 UStG dort, wo der leistende Unternehmer sein Unternehmen oder eine die Leistung ausführende Betriebsstätte unterhält.
  • Wird die sonstige Leistung an einen Unternehmer (für dessen Unternehmen) oder eine juristische Person ausgeführt, die mit einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) auftritt, ist der Ort der sonstigen Leistung nach § 3a Abs. 2 UStG dort, wo der Leistungsempfänger sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung an eine Betriebsstätte des Leistungsempfängers ausgeführt, ist der Ort der Betriebsstätte maßgebend.
 
Praxis-Tipp

Vorrang der Sondervorschriften beachten

Unabhängig von diesen beiden Grundregelungen müssen die besonderen Vorschriften zur Bestimmung des Orts der sonstigen Leistung nach § 3a Abs. 38 UStG und § 3b UStG vorrangig geprüft werden.

Neben den Regelungen zur Bestimmung des Orts der sonstigen Leistung müssen die Beteiligten auch Meldevorschriften beachten. Sonstige Leistungen, die an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen[5] in einem anderen Mitgliedstaat ausgeführt werden, müssen in die Zusammenfassende Meldung nach § 18a UStG aufgenommen werden, soweit die Leistung nach § 3a Abs. 2 UStG in dem anderen Mitgliedstaat ausgeführt und dort nicht steuerbefreit ist. Damit wird die gleichzeitig unionsrechtlich harmonisierte Umkehr der Steuerschuldnerschaft[6] kontrolliert.

Wird eine sonstige Leistung von einem im Ausland ansässigen Unternehmer an einen im Inland ansässigen Unternehmer ausgeführt – oder auch umgekehrt –, besteht die Gefahr, dass der Ort der Leistung einem falschen Land zugeordnet wird. In diesem Fall können sich sowohl für den leistenden Unternehmer als auch für den Leistungsempfänger erhebliche steuerliche Risiken ergeben.

Geht der leistende Unternehmer fälschlicherweise davon aus, dass die Leistung im Land des Leistungsempfängers ausgeführt ist, und berechnet in seinem Heimatland keine Umsatzsteuer, schuldet er dennoch in seinem Heimatland die Umsatzsteuer. Hat der leistende Unternehmer fälschlicherweise in seinem Heimatland Umsatzsteuer berechnet und hat der Leistungsempfänger ...

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