Die Regelungen zu den bisherigen Versandhandelslieferungen sind zum 1.7.2021 umfassend geändert und erweitert worden und sind in § 3c Abs. 1 und Abs. 4 UStG[1] als innergemeinschaftliche Fernverkäufe umgesetzt worden. Für die Lieferungen im Europäischen Binnenmarkt ergeben sich insbesondere 2 Veränderungen:

  • Die landesspezifischen Lieferschwellen fallen weg. An diese Stelle tritt eine unionseinheitliche Umsatzschwelle (Bagatellgrenze) von 10.000 EUR. Diese Grenze gilt für alle unter § 3c Abs. 1 UStG fallenden Lieferungen und die Telekommunikationsdienstleistungen, die Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen sowie die auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen (TRFE-Leistungen) nach § 3a Abs. 5 UStG.
  • Soweit die Umsatzschwelle überschritten ist, besteht für die Unternehmer, die nur in einem Mitgliedstaat ansässig sind, die Möglichkeit, die Besteuerung dieser Umsätze in den anderen Mitgliedstaaten über die "One-Stop-Shop-Regelung" (OSS) abzuwickeln.[2] Wählt der Unternehmer diese Möglichkeit, gibt er quartalsweise bis zum Ende des auf das Quartal folgenden Monats eine besondere elektronische Steuererklärung bei seiner "Kleinen Einzigen Anlaufstelle" ab – in Deutschland das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) –, in der nach den Steuersätzen der einzelnen Mitgliedstaaten die Umsätze gemeldet und besteuert werden.

Wesentliche Voraussetzung für die Anwendung der Sonderreglung für die Bestimmung des Orts der Lieferung nach § 3c Abs. 1 UStG als innergemeinschaftlicher Fernverkauf bleibt aber, dass ein Gegenstand bei einer Lieferung von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union gelangen muss. Die Lieferung von Gas, Elektrizität, Wärme und Kälte kann aber als unbewegte Lieferung nicht in den Anwendungsbereich des § 3c UStG fallen.

Sind die Voraussetzungen des § 3c Abs. 1 UStG erfüllt und kommt es auch nicht zur Anwendung der in § 3c Abs. 4 und Abs. 5 UStG geregelten Ausnahmen, ist der Ort der Lieferung dort, wo sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet (= Bestimmungslandprinzip).

Warenlieferung durch den Lieferer

Die Regelung des § 3c Abs. 1 UStG zu den innergemeinschaftlichen Fernverkäufen kann nur dann angewendet werden, wenn der Gegenstand der Lieferung durch den Lieferer oder für dessen Rechnung aus einem Mitgliedstaat der EU in einen anderen Mitgliedstaat befördert oder versendet wurde. Ausdrücklich ist gesetzlich geregelt, dass eine indirekte Beteiligung an der Beförderung oder Versendung ausreichend ist.

 
Wichtig

Indirekte Beteiligung ist unionseinheitlich definiert

Eine indirekte (mittelbare) Beteiligung an einer Beförderung oder Versendung ist über Art. 5a MwStSystRL-DVO unionseinheitlich definiert.[3] Insbesondere liegt dies vor, wenn

  • die Versendung oder Beförderung als Unterauftrag an einen Dritten vergeben wird,
  • ein Dritter den Gegenstand befördert, der Lieferer aber die gesamte oder teilweise Verantwortung für den Warentransport trägt,
  • der Lieferer dem Erwerber die Transportkosten in Rechnung stellt, diese einzieht und an den Dritten weiterleitet oder
  • der Lieferer gegenüber dem Erwerber die Zustelldienste eines Dritten bewirbt, den Kontakt zwischen dem Erwerber und einem Dritten herstellt oder einem Dritten auf andere Weise Informationen übermittelt, die für die Zustellung der Gegenstände benötigt werden.

§ 3c Abs. 1 UStG kann aber – wie auch schon unter der bis zum 30.6.2021 geltenden Regelung – nie zur Anwendung kommen, wenn der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung selbst befördert oder versendet (z. B. im Fall der Abholung).

Voraussetzungen, die der Abnehmer erfüllen muss

Wie auch bei der bis zum 30.6.2021 geltenden Versandhandelsregelung soll die Verlagerung des Orts der Lieferung in den Bestimmungsstaat nur dann zur Anwendung kommen, wenn das Bestimmungslandprinzip nicht durch die Besteuerung eines innergemeinschaftlichen Erwerbs durch den Käufer umgesetzt werden kann. Gesetzlich ist dies in § 3c Abs. 1 Satz 3 UStG so geregelt, dass zur Anwendung des § 3c Abs. 1 UStG der Leistungsempfänger zu einer der folgenden beiden Abnehmergruppen gehört:[4]

  1. Der Erwerber ist ein in § 3a Abs. 5 Satz 1 UStG bezeichneter Empfänger. Zu dieser Abnehmergruppe gehören Personen, die kein Unternehmer sind, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird sowie juristische Personen, die ausschließlich nichtunternehmerisch tätig sind und die auch keine USt-IdNr. haben.
  2. Der Erwerber ist eine in § 1a Abs. 3 Nr. 1 UStG genannte Person, die die Erwerbsschwelle nicht überschreitet und auch nicht auf die Anwendung der Erwerbsschwellenregelung verzichtet. In diese Abnehmergruppe gehören insbesondere Kleinunternehmer, durchschnittssatzbesteuerte Land- und Forstwirte sowie die Unternehmer, die ausschließlich steuerfreie Umsätze ausführen, die den Vorsteuerabzug ausschließen. Die maßgebliche Erwerbsschwelle richtet sich dabei immer nach den Regelungen des jeweiligen Bestimmungslands (in Deutschland 12.500 EUR).[5]
 
Praxis-Tipp

Abgrenzung erfolgt über die Verwendung der USt-IdN...

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