Die Rechtsvorschriften, die im Umsatzsteuerrecht den Ort der Lieferung regeln, sind an unterschiedlichen Stellen erfasst. Der Gesetzgeber hat aus diesem Grund in § 3 Abs. 5a UStG eine Reihenfolgevorgabe aufgenommen, um eindeutig festzulegen, welche Vorschriften als speziellere Normen den allgemeinen Bestimmungen vorgehen. Damit ist der Ort der Lieferung immer anhand der folgenden Reihenfolge zu prüfen:

 
Reihenfolge bei der Bestimmung des Orts der Lieferung
Rechtsvorschrift Inhalt
§ 3c UStG Ort der Lieferung in besonderen Fällen (sog. Versandhandelsregelung; ab 1.7.2021 sog. innergemeinschaftlicher Fernverkauf): Ort der Lieferung, wenn der Gegenstand vom Lieferer in einen anderen Mitgliedstaat an Privatpersonen oder nicht regelbesteuerte Unternehmer in besonderen Fällen befördert oder versendet wird. Bei Lieferungen bis zum 30.6.2021 ist der Ort im Bestimmungsland, wenn der Lieferer die Lieferschwelle im Bestimmungsland überschreitet oder auf die Anwendung der Lieferschwellenregelung verzichtet. Ab dem 1.7.2021 tritt an die Stelle der landesspezifischen Lieferschwelle eine unionseinheitliche Umsatzschwelle von 10.000 EUR. In besonderen Fällen unterliegen ab dem 1.7.2021 Lieferungen auch der Ortsbestimmung durch § 3c UStG, wenn der Gegenstand aus dem Drittlandsgebiet eingeführt wird.
§ 3e UStG Ort der Lieferung von Gegenständen während einer Beförderung an Bord eines Schiffs, eines Flugzeugs oder einer Eisenbahn, die innerhalb des Gemeinschaftsgebiets verkehren.
§ 3g UStG Ort der Lieferung von Gas über das Leitungsnetz oder Elektrizität sowie von Wärme oder Kälte durch ein Fernleitungsnetz.
§ 3 Abs. 6 UStG Grunddefinition der Beförderungs- oder Versendungslieferung (bewegte Lieferung): Ort der bewegten Lieferung ist dort, wo die Warenbewegung beginnt bzw. der Gegenstand einem Beauftragten übergeben wird.
§ 3 Abs. 6a UStG Definition und Bestimmung für den Ort eines Reihengeschäfts.[1] Dabei kann im Rahmen eines Reihengeschäfts nur eine der Lieferungen als bewegte Lieferung i. S. v. § 3 Abs. 6 UStG angesehen werden, alle anderen Lieferungen sind ruhende Lieferungen, deren Ort sich nach § 3 Abs. 7 Satz 2 UStG bestimmt. § 3 Abs. 6a UStG regelt abschließend (national), welcher der Lieferungen in der Reihe die Warenbewegung zuzuordnen ist.
§ 3 Abs. 6b UStG (ab 1.7.2021) Zuordnung der bewegten Lieferung bei Ausführung einer Lieferung in einer fiktiven Lieferkette durch einen Betreiber einer elektronischen Schnittstelle. In bestimmten Fällen kann eine elektronische Schnittstelle (Portal) als Lieferer in eine Lieferkette eingebunden sein (fiktives Reihengeschäft), § 3 Abs. 3a UStG. Die Zuordnung der bewegten Lieferung in diesen Fällen wird über § 3 Abs. 6b UStG geregelt.
§ 3 Abs. 7 Satz 1 UStG Ortsbestimmung für Lieferungen, bei denen im Zusammenhang mit der Verschaffung der Verfügungsmacht keine Warenbewegung stattfindet (ruhende Lieferung). Der Ort der (ruhenden) Lieferung ist dort, wo sich der Gegenstand zum Zeitpunkt der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet.
§ 3 Abs. 7 Satz 2 UStG Ruhende Lieferung im Rahmen des Reihengeschäfts. Der Ort bestimmt sich dabei abhängig davon, ob die ruhende Lieferung vor oder nach der bewegten Lieferung erfolgt. Dies gilt ab dem 1.7.2021 entsprechend auch bei den fiktiven Reihengeschäften nach § 3 Abs. 3a UStG.
§ 3 Abs. 8 UStG Verlagerung des Orts der Lieferung in das Inland, wenn der Gegenstand aus dem Drittlandsgebiet eingeführt wird und der Lieferer Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist. § 3 Abs. 8 UStG ist eine Sondervorschrift zu § 3 Abs. 6 UStG.
 
Wichtig

Zeitpunkt der Lieferung

§ 3 Abs. 6 und Abs. 7 UStG regeln auch den Zeitpunkt der Lieferung. Dies setzt aber voraus, dass eine Lieferung tatsächlich zustande kommt.[2]

[1] Ein Reihengeschäft liegt vor, wenn mehrere Unternehmer über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte abschließen, der Gegenstand aber unmittelbar vom ersten Unternehmer zu dem letzten Abnehmer transportiert wird.

2.1 Ort der Lieferung nach § 3c UStG

Die Vorschrift zur Ortsbestimmung nach § 3c UStG ist eine Sondervorschrift im Zusammenhang mit Lieferungen im Gemeinschaftsgebiet. Wenn die Voraussetzungen des § 3c UStG vorliegen, wird der Ort einer Lieferung dahin verlagert, wo sich der Gegenstand am Ende der Beförderung befindet ("Bestimmungslandprinzip").

2.1.1 Versandhandelslieferungen bis 30.6.2021

Die Regelung des § 3c UStG[1] wurde als eine der wesentlichen Bestimmungen zur Umsetzung des Bestimmungslandprinzips schon bei Schaffung des Binnenmarkts zum 1.1.1993 eingeführt und seitdem bis zum 30.6.2021 im Wesentlichen unverändert gelassen. Da diese Regelung hauptsächlich im Versandhandel zur Anwendung kommt, wird sie auch Versandhandelsregelung genannt. Die Verlagerung des Orts der Lieferung ist an bestimmte Voraussetzungen gebunden:

  • Der Lieferer hat den Gegenstand der Lieferung befördert oder versendet und der Gegenstand ist bei der Lieferung in einen anderen Mitgliedstaat gelangt (§ 3c Abs. 1 UStG).
  • Der Abnehmer ist nach § 3c Abs. 2 UStG entweder

    • kein Unternehmer i. S. d. UStG, der...

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