Rz. 193

Einer tatsächlichen Durchführung des Gewinnabführungsvertrags und damit der Organschaft steht entgegen, wenn infolge von fehlerhaften Handelsbilanzen ein Gewinn abgeführt wird, der entweder die Höchstgrenze des § 301 AktG überschreitet bzw. unterhalb des korrekten Handelsbilanzgewinns liegt, sodass nicht der ganze Gewinn i. S. d. § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG abgeführt wird und damit der Gewinnabführungsvertrag nicht tatsächlich durchgeführt ist. Besondere Bedeutung kommt diesem Thema zu, da die Finanzverwaltung bereits bei geringfügigen Abweichungen vom "objektiv richtigen Gewinn" die tatsächliche Durchführung des Gewinnabführungsvertrags negiert, soweit Ansatzfehler vorliegen.[1] Die gesetzlichen Änderungen im Handelsrecht durch die Erweiterung der Ausschüttungssperren durch das BilMoG haben die möglichen Fehlerquellen weiter verstärkt und damit dieses Thema weiter verschärft. Diese häufigen Fehler bei der Gewinnabführung, die dann zur verunglückten Organschaft führen können, sollen nach der gesetzlichen Regelung in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Sätze 4 f. KStG in bestimmten Konstellationen – trotz fehlerhafter handelsrechtlicher Bilanzansätze – nicht zur Aberkennung der Organschaft führen.

 

Rz. 194

Die Regelung in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Sätze 4 f. KStG sieht vor, dass trotz fehlerhafter handelsrechtlicher Bilanzansätze der Gewinnabführungsvertrag als tatsächlich durchgeführt gelten soll, wenn

  • der Jahresabschluss wirksam festgestellt ist,
  • die Fehlerhaftigkeit bei Erstellung des Jahresabschlusses unter Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht hätte erkannt werden müssen und
  • ein von der Finanzverwaltung beanstandeter Fehler spätestens in dem nächsten nach dem Zeitpunkt der Beanstandung des Fehlers aufzustellenden Jahresabschluss der Organgesellschaft und des Organträgers korrigiert und das Ergebnis entsprechend abgeführt oder ausgeglichen wird, soweit es sich um einen Fehler handelt, der in der Handelsbilanz zu korrigieren ist.
 

Rz. 195

Die vorgenannten Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen und beziehen sich auf den Jahresabschluss, auf dem der abgeführte Gewinn oder der ausgeglichene Verlust beruht, sodass die Fehlerquelle der Jahresabschluss der Organgesellschaft ist. Der Jahresabschluss des Organträgers ist nur insoweit betroffen, als dort nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 Buchst. c) KStG n. F. eine korrespondierende Fehlerkorrektur zu erfolgen hat. Nach der gesetzlichen Neuregelung wird eine Korrektur fehlerhafter Bilanzansätze in laufender Rechnung gewährt, während nach bisheriger Rechtslage eine Berichtigung der Fehlerquelle – also der fehlerhafte Jahresabschluss und dann regelmäßig auch die Folgeabschlüsse sowohl der Organgesellschaft als auch des Organträgers – erforderlich und auch eine allgemein übliche – mit hohem administrativen und finanziellen Aufwand verbundene – Vorgehensweise ist.[2]

 

Rz. 196

Nach dem Wortlaut des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 KStG ist die Existenz eines ergebniswirksamen Bilanzierungs- oder Bewertungsfehlers erforderlich, der kausal für die – inkorrekte – Höhe der Gewinnabführung oder den Verlustausgleich verantwortlich ist. Die Höhe der fehlerhaften Gewinnabführung ist unerheblich, wobei nach der Gesetzesbegründung die Neuregelung nicht auf solche Fälle anwendbar sein soll, in denen offensichtliche oder wesentliche Bilanzfehler vorliegen.[3] Für offensichtliche Bilanzfehler könnte die Neuregelung nicht greifen, da es an dem "subjektiven" Fehlerbegriff mangelt, von dem § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 Buchst. b) KStG ausgeht. Dies würde aber zu einer gesetzlichen Verschärfung führen, da wesentliche objektive Fehler nach bisheriger Rechtslage einer heilenden Korrektur zugänglich waren. Es lässt sich aber auch – entgegen der ursprünglichen Gesetzesbegründung – ausgehend von der geänderten Regelung in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 Buchst. c) KStG im Zuge der Beschlussempfehlung[4] auf Basis des Gesetzestextes "soweit es sich um einen Fehler handelt, der in der Handelsbilanz zu korrigieren ist" vertreten, dass wesentliche objektive Fehler gerade nach handelsrechtlichen Grundsätzen zu korrigieren sind und damit auch offensichtliche Bilanzfehler im Einklang mit der Neuregelung geändert werden können.

 

Rz. 197

Das Gesetz formuliert als alternativen Nachweis für einen "subjektiven" Fehler i. S. d. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 Buchst. b) KStG einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk eines Abschlussprüfers gem. § 322 Abs. 3 HGB bei einer Pflichtprüfung des Jahresabschlusses oder eines Konzernabschlusses, in den der handelsrechtliche Jahresabschluss einbezogen worden ist, die freiwillige Prüfung des Jahresabschlusses oder die Bescheinigung eines Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers über die Erstellung des Jahresabschlusses gem. IDW Standard (IDW S 7) bzw. der entsprechenden Verlautbarungen der Bundessteuerberaterkammer. In den vorgenannten Fällen – die im Gesetz enthaltene Auflistung ist abschließend – gelten die Sorgfaltsanforderungen an den "ordentlichen K...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge