Rz. 1

Organschaft ist ein rein steuerliches Rechtsinstitut und bedeutet, dass eine zivil- und steuerrechtlich selbstständige juristische Person aufgrund eines rechtlichen und tatsächlichen Unterordnungsverhältnisses gegenüber einem anderen Unternehmen wirtschaftlich unselbstständig ist.[1] Der wirtschaftlichen Unselbstständigkeit des Organs hat das Steuerrecht dadurch Rechnung getragen, dass es für die in definierter Weise miteinander verbundenen Unternehmen eine Zusammenfassung der Gewinne und Verluste beim Organträger mit der Folge gewährt, dass die Besteuerung des Gesamtergebnisses beim Organträger stattfindet.

 

Rz. 2

Die Begründung einer ertragsteuerlichen Organschaft setzt seit Veranlagungszeitraum 2001 für die Körperschaftsteuer und ab Erhebungszeitraum 2002 für die Gewerbesteuer nur noch voraus, dass der Organträger die Mehrheit der Stimmrechte an der Tochtergesellschaft besitzt, sowie ein Gewinnabführungsvertrag zwischen beiden Gesellschaften besteht, weshalb die wirtschaftliche Unselbstständigkeit und die tatsächliche Beherrschung der Organgesellschaft nach derzeitiger Rechtslage für die ertragsteuerlichen Wirkungen keine Bedeutung mehr entfalten.

 

Rz. 3

Als wesentlicher Vorteil des Rechtsinstituts der Organschaft bleibt auch nach Einführung des Halbeinkünfteverfahrens ab 2001 durch das Steuersenkungsgesetz[2] der sofortige Verlustausgleich zwischen allen organschaftlich verbundenen Unternehmen beim Organträger[3] und gilt auch nach weiteren gesetzlichen Anpassungen bis heute fort.[4] Besondere Bedeutung erhält die ertragsteuerliche Organschaft mit Einführung des Halbeinkünfteverfahrens bei Verlusten des Organträgers, da diese Verluste durch Zurechnung von positiven Einkommen von Organgesellschaften ausgeglichen werden können. Ohne Organschaft wäre dies – im Gegensatz zum Anrechnungsverfahren – durch eine Dividendenausschüttung statt einer Gewinnabführung der Organgesellschaft nicht mehr möglich, da die Dividendenausschüttung bei der Einkommensermittlung des Organträgers je nach seiner Rechtsform entweder zu 95 % gem. § 8b Abs. 1, 5 KStG oder zu 40 % gem. § 3 Nr. 40 EStG (ab Veranlagungszeitraum 2009 gilt das Teileinkünfteverfahren mit 40 % Freistellung; bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2008 galt das Halbeinkünfteverfahren mit 50 % Steuerfreistellung) außer Ansatz bleibt.[5]

 

Rz. 4

Im Organkreis lassen sich damit steuerliche Nachteile aus der Hinzurechnung von 5 % für bezogene Dividenden gem. § 8b Abs. 5 KStG für Körperschaften und das für natürliche Personen in § 3c Abs. 2 EStG geregelte Abzugsverbot für Aufwendungen im Zusammenhang mit Beteiligungserträgen vermeiden, wenn z. B. ein Finanzierungsaufwand auf die Ebene des Organträgers für den Erwerb der Organgesellschaft allokiert wird. Finanzierungsaufwendungen einer Organträgerkörperschaft, die im Zusammenhang mit ihrer Beteiligung an der Organgesellschaft stehen, können in voller Höhe steuerlich abgezogen werden und stellen nach Einführung der fiktiven Hinzurechnung von 5 % nach § 8b Abs. 5 KStG und dem damit verbundenen Wegfall der Anwendung von § 3c Abs. 1 EStG keinen Vorteil gegenüber unverbundenen Kapitalgesellschaftskonzernen mehr dar.[6] Allerdings laufen solche Refinanzierungsaufwendungen bei einer Holding-Kapitalgesellschaft ohne Organschaft mangels steuerpflichtiger Einkünfte häufig ins Leere, wenn als Holding überwiegend steuerfreie Dividenden bezogen werden. Des Weiteren finden im ertragsteuerlichen Organkreis keine gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen bei gruppeninternen Darlehensgewährungen und Verpachtungen statt, sodass gewerbesteuerliche Belastungen optimiert werden können. Ferner lässt sich durch eine Organschaft mit einer Organträgerpersonengesellschaft eine Weiterleitung bestimmter steuerfreier Einkünfte wie z. B. steuerfreier ausländischer Betriebsstätteneinkünfte erreichen, die ansonsten bei einer Ausschüttung aus einer Kapitalgesellschaft bei einer natürlichen Person als Anteilseigner im Teileinkünfteverfahren zu versteuern wären.

 

Rz. 4a

Die Organschaft kann sich auch nachteilig auswirken, wenn zum Beispiel die Beschränkung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG bei Nutzung von negativen Einkünften des Organträgers oder der Organgesellschaft durch den Anteilseigner im Ausland greift. Ferner können sich auch Nachteile bei der Zinsschranke durch die Zusammenrechnung der Zinsaufwendungen im Organkreis und daraus resultierende Überschreitung der Freigrenze nach § 4h Abs. 2 Buchst. a EStG von EUR 3 Mio. sowie bei der Anwendung der Stille-Reserven-Klausel nach § 8c Abs. 1 Satz 6 ff KStG mangels Zurechnung von stillen Reserven aus den Organgesellschaften und Bestehen von Verlustvorträgen bei dem Organträger ergeben.[7]

 

Rz. 5

Letztendlich ist steuerliche Wirkung der Organschaft, dass eine steuerliche Belastung in der organschaftlich verbundenen Unternehmensgruppe erst entsteht, wenn insgesamt ein positives Ergebnis erzielt wird.[8]

 

Rz. 6

Sowohl in dem KStG 1999[9] als auch in dem derzeit geltenden KStG 2002[10] sind die Organschaftsregelun...

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