Leitsatz (amtlich)

Die Umwandlung einer Lebensversicherung zur Erlangung des Pfändungsschutzes nach § 851c ZPO vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist nicht nach den Vorschriften der Insolvenzordnung (§ 129 ff InsO) anfechtbar.

 

Normenkette

VVG § 167; InsO §§ 129 ff.; ZPO § 851c

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 22.08.2011; Aktenzeichen 16 O 594/10)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Stuttgart vom 22.8.2011 (16 O 594/10) wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens sowie die außergerichtlichen Kosten des Streithelfers der Beklagten in beiden Rechtszügen.

III. Das vorliegende Urteil sowie das angefochtene Urteil des LG Stuttgart sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 7.617,40 EUR

 

Gründe

I. Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen von R. R., der am 29.11.2007 beim zuständigen AG selbst Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellte. Am Folgetag ordnete das Insolvenzgericht die vorläufige Insolvenzverwaltung an. Mit Beschluss vom 18.12.2007 eröffnete das Gericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Insolvenzschuldners wegen Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit und bestellte den Kläger als Insolvenzverwalter.

Der im Jahr 1949 geborene Insolvenzschuldner hatte bei der Beklagten den Lebensversicherungsvertrag Nr. 152 ... abgeschlossen. Mit Schreiben vom 13.11.2007 (vgl. Anl. K 5, Bl. 12 d.A.) beantragte der Insolvenzschuldner durch seinen anwaltlichen Vertreter "unwiderruflich gem. § 173 VVG die Umwandlung des oben bezeichneten Lebensversicherungsvertrags Nr. 152841210 zum nächstmöglichen Zeitpunkt in einen Rentenversicherungsvertrag, der den Voraussetzungen zur Unpfändbarkeit gem. § 851c Abs. 1 ZPO genügt".

Der Rechtsanwalt des Insolvenzschuldner führte in dem genannten Schreiben, das der Beklagten am 14.11.2007 zugegangen war, weiter aus:

"In Ansehung der hier unwiderruflich beantragten Umwandlung erklären wir im Übrigen hiermit für unseren Mandanten unwiderruflich bereits jetzt den Verzicht, über die Rechte und Ansprüche aus dem genannten Versicherungsvertrag zu verfügen, insbesondere durch Kündigung des Versicherungsvertrags, Abtretung, Beleihung oder Verpfändung, soweit dies als Voraussetzung für die Unpfändbarkeit gem. § 851c ZPO gesetzlich gefordert wird."

Mit Antwortschreiben vom 26.11.2007 (von den Parteien nicht vorgelegt) bestätigte die Beklagte, der Versicherungsvertrag werde zum Ende der Versicherungsperiode (dies ist das Kalenderjahr) antragsgemäß umgewandelt.

Mit Schreiben vom 4.2.2008 (vgl. Anl. K 3 = Bl. 9 d.A.) erklärte der Kläger die Kündigung der Lebensversicherung zum nächstmöglichen Termin. Unstreitig betrug der Rückkaufswert per 1.2.2008 7.617,40 EUR.

Die Beklagte verweigerte die Auszahlung des Rückkaufswerts und stellte sich auf den Standpunkt, als Folge des Umwandlungsverlangens des Insolvenzschuldners vom November 2007 genieße der gesamte Rückkaufswert Pfändungsschutz gem. § 851c Abs. 1 ZPO, welcher sich auch in der Insolvenz bewähre.

Mit seiner Klage erstrebte der Kläger im ersten Rechtszug die Verurteilung der Beklagten zur Auszahlung des Rückkaufswerts zzgl. Zinsen in gesetzlicher Höhe seit 19.2.2008.

Die Beklagte und ihr Streithelfer, der Insolvenzschuldner, erstrebten die Abweisung der Klage.

Wegen des weiteren Parteivorbringens sowie des Sach- und Streitstandes im ersten Rechtszug im Einzelnen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das LG hat die Klage abgewiesen, im Wesentlichen mit der Begründung, das Umwandlungsverlangen des Insolvenzschuldners vom 13.11.2007 habe das bereits gebildete Deckungskapital seiner Lebensversicherung dem Pfändungsschutz des § 851c Abs. 1 ZPO unterstellt. Wegen der rechtlichen Erwägungen des LG im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Ziel weiter. Er nimmt in vollem Umfang auf sein erstinstanzliches Vorbringen einschließlich seiner rechtlichen Ausführungen Bezug. Neu trägt er vor, dass nicht beurteilt werden könne, ob die Jahreshöchstbetragsgrenzen gem. § 851c Abs. 2 ZPO eingehalten seien, da der Insolvenzschuldner neben dem streitgegenständlichen Lebensversicherungsvertrag noch weitere Lebensversicherungen bei der S. I. Allgemeine Lebensversicherung AG unterhalten habe, deren Umwandlung nach § 167 VVG er ebenfalls beantragt hatte.

In rechtlicher Hinsicht greift er das Urteil wie folgt an:

Gemäß § 851c ZPO sei nicht der Ansparvorgang als solcher, sondern nur das angesparte Kapital in den in § 851c Abs. 2 ZPO bezeichneten Betragsgrenzen sowie die Auszahlung der Rentenbeträge nach Eintritt des Versicherungsfalles geschützt.

Dieser Pfändungsschutz greife erst hinsichtlich derjenigen Beträge des Deckungskapitals ein, die nach der Umwandlung angesammelt werden. Das Umwandlungsbegehren habe keine Rückwirkung auf das Deckungskapital, das im Zeitpunkt des Umwandlungsbegehren...

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