Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für Insolvenzanfechtungsklage des Lehman-Insolvenzverwalters gegen Gesellschaft englischen Rechts. Internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für eine Insolvenzanfechtungsklage des Insolvenzverwalters der Lehman-Brothers-Bankhaus AG gegen eine in Insolvenz gefallene Gesellschaft englischen Rechts mit Sitz in Großbritannien

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für eine Insolvenzanfechtungsklage des Insolvenzverwalters der Lehman-Brothers-Bankhaus AG gegen eine ebenfalls in Insolvenz gefallene Gesellschaft englischen Rechts mit Sitz in Großbritannien ist nicht gegeben. Eine solche ergibt sich insbesondere nicht aus der EuGVVO, da diese gem. Art. 1 Abs. 2 lit. b EuGVVO auf Konkurse, Vergleiche und ähnliche Verfahren nicht anwendbar ist.

 

Normenkette

EuGVVO Art. 1 Abs. 2 lit. b

 

Verfahrensgang

BGH (Entscheidung vom 21.06.2012; Aktenzeichen IX ZR 2/12)

EuGH (Urteil vom 19.04.2012; Aktenzeichen C-213/10)

LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 16.12.2010; Aktenzeichen 2-23 O 362/10)

BGH (Urteil vom 19.05.2009; Aktenzeichen IX ZR 39/06)

BGH (Urteil vom 12.06.2007; Aktenzeichen XI ZR 290/06)

BGH (Urteil vom 27.05.2003; Aktenzeichen IX ZR 203/02)

BGH (Entscheidung vom 11.05.2000; Aktenzeichen IX ZR 262/98)

BGH (Urteil vom 17.12.1998; Aktenzeichen IX ZR 196/97)

BGH (Urteil vom 17.02.1997; Aktenzeichen II ZR 343/95)

BGH (Entscheidung vom 13.07.1987; Aktenzeichen II ZR 188/86)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 12.12.2013; Aktenzeichen 3 StR 210/13)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 16.12.2010 verkündete Urteil der 23. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wird zurückgewiesen.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das vorliegende Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

A. Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem am 13.11.2008 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der Lehman Brothers Bankhaus AG (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin), einer Tochtergesellschaft der seit dem 15.09.2008 insolventen Investmentbank Lehman Brothers-Holding Inc. Die Beklagte, eine Gesellschaft englischen Rechts (private unlimited company)mit Sitz in O1, über deren Vermögen der High Court of Justice in London am 15.09.2008 das Insolvenzverfahren (administration) eröffnet hat, war der wichtigste europäische Handelspartner der Lehman-Gruppe. Der Kläger nimmt sie im Wege der Insolvenzanfechtung auf Rückgewähr eines Betrages von USD 1.000.065.347,22 in Anspruch. Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Der Kläger hat die Klage ursprünglich vor dem Landgericht als Widerklage in dem Verfahren 2-23 O 385/09 erhoben, in dem die Parteien im Rahmen einer Stufenklage über die Frage streiten, ob zwischen ihnen hinsichtlich von der (hiesigen) Beklagten treuhänderisch gehaltener Kundengelder über eine 1 Mrd. USD, die die Beklagte am 12.09.2008 um 17:49:58 Uhr auf ein Konto der Insolvenzschuldnerin überwies, ebenfalls eine Treuhandvereinbarung bestand (sogenannte Kettentreuhand), die die Beklagte berechtigt, die Auszahlung dieser Beträge vom Kläger im Wege der Aussonderung zu verlangen bzw. Ersatzaussonderung oder Schadensersatz zu verlangen.

Das Landgericht hat die Widerklage abgetrennt, über die Zulässigkeit der (Wider-) Klage abgesondert verhandelt und sie als unzulässig abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Mit seiner Berufung begehrt der Kläger die Aufhebung des Urteils und die Zurückverweisung der Sache an das Landgericht. Hilfsweise verfolgt er seine erstinstanzlich gestellten Anträge weiter. Zudem regt er die Vorlage an den Europäischen Gerichtshof an.

Er rügt, das Landgericht habe die Klage zu Unrecht als unzulässig angesehen und macht geltend, die internationale Zuständigkeit ergebe sich aus den §§ 33 und 23 ZPO. Er vertritt zudem die Ansicht, die internationale Zuständigkeit des Landgerichts lasse sich auch aus einer analogen Anwendung von § 19 a ZPO in Verbindung mit § 3 InsO, Art. 102 § 1 EGInsO herleiten; die Rechtsprechung zu Art. 3 Abs. 1 EuInsVO müsse über Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2001/24/EG auf insolvente Kreditinstitute Anwendung finden. Das englische Moratorium habe auf die Zulässigkeit der Klage keine Auswirkung. Wegen der weiteren Einzelheiten seines Vortrags wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 21.02.2011 (Bl. 221 ff. d. A.) sowie auf die Schriftsätze vom 27.12.2011 (Bl. 515 ff. d. A.) und vom 07.12.2012 (Bl. 710 ff. d. A.) verwiesen.

Der Kläger beantragt...

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