FinMin Hamburg, 6.2.2009, 51 - S 0284 - 002/09

 

1. Vorbemerkung

Das VwZG ist durch Artikel 1 des Gesetzes zur Novellierung des Verwaltungszustellungsrechts vom 12.8.2005 (BGBl 2005 I S. 2354; BStBl 2005 I S. 855 Auszüge) mit Wirkung zum 1.2.2006 neu gefasst worden (vgl. Erlass vom 24.1.2006, 51 – S 0284 – 002/03). Rechtsgrundlage für die öffentliche Zustellung, die zuvor in § 15 VwZG a.F. geregelt war, ist ab diesem Zeitpunkt § 10 VwZG. § 10 Abs. 1 Satz 1 VwZG ist durch Artikel 6b des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23.10.2008 (BGBl 2008 I S. 2026) mit Wirkung zum 1.11.2008 geändert worden. Diese Rechtsänderungen geben Anlass, die Grundsätze für die öffentliche Zustellung im Folgenden zusammenzufassend darzustellen.

 

2. Fälle der öffentlichen Zustellung

Die Zustellung kann durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen, wenn

  • der Aufenthaltsort des Empfängers unbekannt ist und eine Zustellung an einen Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigten nicht möglich ist (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwZG)
  • bei juristischen Personen, die zur Anmeldung einer inländischen Geschäftsanschrift zum Handelsregister verpflichtet sind, eine Zustellung weder unter der eingetragenen Anschrift noch unter einer im Handelsregister eingetragenen Anschrift einer für die Zustellung empfangsberechtigten Person oder einer ohne Ermittlung bekannten anderen Anschrift möglich ist (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwZG)
  • sie im Fall des § 9 VwZG nicht möglich ist oder keinen Erfolg verspricht (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 VwZG).
 

3. Voraussetzung für die öffentliche Zustellung

Die öffentliche Zustellung als besondere Form der Zustellung ist nur zulässig, wenn alle Möglichkeiten erschöpft sind, das Dokument dem Empfänger in anderer Weise zu übermitteln. Dabei ist auf Folgendes zu achten:

a. Ermittlung nach dem Aufenthaltsort des Empfängers

Der Aufenthaltsort des Empfängers ist nicht schon deshalb unbekannt, weil das FA seine Anschrift im Zeitpunkt der beabsichtigten Bekanntgabe nicht kennt oder Briefe als unzustellbar zurückkommen. Die Anschrift muss vielmehr allgemein unbekannt sein. Dies ist durch eine Bescheinigung der zuständigen Meldebehörde oder der Polizei oder auf andere Weise zu belegen. Die bloße Abmeldung bei der Meldebehörde ist hierzu nicht ausreichend.

Das FA muss daher vor der öffentlichen Zustellung die nach Sachlage gebotenen und zumutbaren Ermittlungen nach dem Aufenthaltsort des Empfängers anstellen. Dazu gehören Nachforschungen bei der zuletzt zuständigen Meldebehörde, u.U. aber auch die Befragung von Angehörigen oder des bisherigen Vermieters. Mutmaßlichen Aufenthaltsorten des Empfängers muss durch Rückfragen bei der zuständigen Meldebehörde bzw. bei anderen in Betracht kommenden Institutionen oder Personen nachgegangen werden.

Ist dem FA eine bereits erfolgreich für Zustellungen benutzte Wohnanschrift eines Beteiligten bekannt, rechtfertigt allein der Umstand, dass ein erneuter Zustellungsversuch unter dieser Anschrift fehlschlägt, nicht die Anordnung der öffentlichen Zustellung unter der Annahme, dass der Aufenthaltsort des Empfängers unbekannt sei. Auch die bloße Vermutung, dass eine Adresse, an die sich der Zustellungsempfänger bei der Meldebehörde abgemeldet hat, eine Scheinadresse sei, rechtfertigt eine öffentliche Zustellung nicht. Erforderlich sind vielmehr Tatsachen, die es von vornherein als ausgeschlossen erscheinen lassen, dass der Zustellungsempfänger unter der von ihm genannten Anschrift wohnt.

Bei einer auf Verheimlichung des Aufenthaltsorts gerichteten Handlungsweise eines Zustellungsempfängers ist es unbillig und ungerechtfertigt, besonders eingehende Ermittlungen des Zustellenden zu fordern. In diesem Fall obliegt es dem Zustellungsempfänger, entweder dem Zustellenden seinen Aufenthaltsort mitzuteilen oder eine Person zu benennen, die ermächtigt ist, für ihn das zuzustellende Schriftstück in Empfang zu nehmen. Befindet sich ein Steuerpflichtiger auf der Flucht, um sich der Strafverfolgung (wegen Steuerhinterziehung) zu entziehen, erfüllt das FA seine Verpflichtung zu prüfen, ob der Aufenthaltsort des Steuerpflichtigen allgemein unbekannt ist, wenn sie versucht, die Anschrift des Steuerpflichtigen durch die Meldebehörde oder die Polizei zu ermitteln und sich ggf. beim Bevollmächtigten des Steuerpflichtigen erkundigt.

Ist das FA seiner Ermittlungspflicht nachgekommen, ist die öffentliche Zustellung zulässig, auch wenn das Ergebnis der Ermittlungshandlungen, z.B. in Folge unrichtiger Auskunft, falsch war, das FA jedoch auf die Richtigkeit der Auskunft vertrauen durfte.

Verletzt das FA seine Ermittlungspflicht, ist die öffentliche Zustellung unwirksam; der Zustellungsmangel ist aber nach § 8 VwZG heilbar.

b. Öffentliche Zustellung in sonstigen Fällen

Eine öffentliche Zustellung kommt auch dann in Betracht, wenn die Zustellung im Ausland undurchführbar ist, weil z.B. ein ausländischer Staat Amts- und Rechtshilfe verweigert oder weil es in dem Gebiet des Empfängerstaates in Folge (Bürg...

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