Leitsatz

Bei dem Verfahren ging es um die Frage, ob ein Mitgliedstaat die nach Artikel 6 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-Richtlinie einer Dienstleistung gegen Entgelt gleichgestellte Verwendung einer Wohnung in einem dem Unternehmen zugeordneten Betriebsgebäude zu privaten Wohnzwecken als mit einer Vermietungsleistung vergleichbaren steuerfreien Umsatz behandeln darf mit der Folge, dass der Vorsteuerabzug auf die Anschaffungskosten des Gebäudes entsprechend der Höhe des Privatanteils der Nutzung ausgeschlossen ist.

 

Sachverhalt

Der Steuerpflichtige hatte ein Gebäude errichtet, dass er insgesamt seinem Unternehmen zuordnete und nach Fertigstellung teilweise für eigene Wohnzwecke nutzte. In der Umsatzsteuererklärung für das Anschaffungsjahr hatte der Steuerpflichtige den vollen Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes beantragt, weil er gleichzeitig die Privatnutzung als steuerpflichtige unentgeltliche Wertabgabe erklärte.

 

Entscheidung

Der EuGH hat - im Ergebnis - entschieden, dass die Privatnutzung einer Wohnung in einem ganz dem Unternehmen zugeordneten Betriebsgebäude nicht über die Gleichstellungsfiktion gemäß Artikel 6 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-Richtlinie wie ein steuerfreier Vermietungsumsatz behandelt werden darf. Zur Begründung verweist der EuGH auf seine Entscheidung EuGH, Urteil v. 4.10.1995, C-291/92 (Armbrecht), wonach der Unternehmer ein Wahlrecht hat, den privatgenutzten Anteil eines Gegenstands seinem Unternehmen zuzuordnen oder nicht. Entscheidet sich der Steuerpflichtige für die Zuordnung, ist die auf den Anschaffungskosten des Gegenstands lastende Umsatzsteuer grundsätzlich vollständig und sofort als Vorsteuer abziehbar. Die nach Artikel 6 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-Richtlinie steuerbare Privatnutzung eines Gebäudeteils fällt nicht unter Artikel 13 Teil B Buchst. b der 6. EG-Richtlinie und kann demzufolge nicht wie ein Vermietungsumsatz steuerfrei gestellt werden, was dazu führen würde, dass dem Steuerpflichtigen im Zeitpunkt der Anschaffung des Gebäudes der Vorsteuerabzug nur anteilig zustehen würde. Der EuGH hebt insoweit darauf ab, dass die teilweise Privatnutzung eines Gebäudes nicht die Kriterien einer Vermietung im Sinne von Artikel 13 Teil B Buchstabe b der 6. EG-Richtlinie erfüllt, weil es sowohl an der Zahlung eines Mietzinses fehle, als auch keine wirkliche Vereinbarung darüber getroffen werden könne, für die Dauer des Nutzungsrechts den Gegenstand in Besitz zu nehmen und andere Personen davon auszuschließen.

Die Bundesregierung hatte in dem Verfahren u.a. geltend gemacht, dass im Falle einer Steuerpflicht der Privatnutzung der Steuerpflichtige dadurch einen Zinsvorteil erlangt, dass er den Vorsteuerabzug sofort und vollständig ausüben kann, während er die laufende Privatnutzung nur pro rata temporis versteuern muss. Ein weiterer Vorteil für den Steuerpflichtigen bestehe darin, dass ihm ein erheblicher Teil des Vorsteuerabzugs auch dann verbleibe, wenn der das Grundstück nach Ablauf des Vorsteuer-Berichtigungszeitraums steuerfrei an einen Dritten veräußert.

Der EuGH hat diese Argumentation nicht gelten lassen. Die Folge, dass der Vorsteuerabzug während des Vorsteuerberichtigungszeitraums nur unvollständig korrigiert werde, habe der Gemeinschaftsgesetzgeber mit der Bemessung des Berichtigungszeitraumes in Artikel 20 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie bewusst in Kauf genommen. Im Übrigen sei es möglich, den Berichtigungszeitraum bei Grundstücken auf 20 Jahre auszudehnen (Artikel 20 Abs. 2 dritter Unterabsatz der 6. EG-Richtlinie). Über die Praktikabilität einer solchen Maßnahme hat der EuGH sich - leider - nicht geäußert.

In seinen Entscheidungen EuGH, Urteil v. 27.6.1989, 50/88 (Kühne) und EuGH, Urteil v. 25.5.1993, C-193/91 (Mohsche) hatte der EuGH geurteilt, Artikel 6 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-Richtlinie bezwecke, die Gleichbehandlung zwischen einen Steuerpflichtigen und einem Endverbraucher sicherzustellen. Die Bestimmung solle verhindern, dass ein zu privaten Zwecken verwendeter Betriebsgegenstand nicht besteuert wird. In diesem Sinne liegt es nahe, in der Vorschrift des Artikel 6 Abs. 2 Buchstabe a der 6. EG-Richtlinie die Korrektur eines vorangegangenen Vorsteuerabzugs zu sehen. In dem jetzigen Verfahren war fraglich, wie diese Korrektur ausgestaltet sein muss, dass sie die Gleichbehandlung eines am Markt fremdversorgten Verbrauchers und eines unternehmerischen Selbstversorgers erreicht. Die Bundesregierung hatte vorgetragen, diese Gleichbehandlung ließe sich am Besten dadurch herstellen, dass der Steuerpflichtige bezüglich der Privatnutzung des Gebäudes so gestellt wird, als hätte er diesen Teil im privaten Bereich bezogen. Diese Möglichkeit scheidet aus, weil der Unternehmer ein Wahlrecht hat, auch einen privat genutzten Gebäudeteil seinen Unternehmensvermögen zuzurechnen.

Auf die Argumentation, wie sich die Gleichstellung zwischen einem unternehmerischen Selbstversorger und einem fremdversorgten Verbraucher über Vorsteuerkorrekturen bzw. Ausgangsbesteuerungen am Beste...

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