OFD Karlsruhe, 14.5.2020, S 4540/22 - St 345

Merkblatt
über die steuerlichen Beistandspflichten der Notarinnen und Notare
auf den Gebieten
der Grunderwerbsteuer, der Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) und der Ertragsteuern
Stand: Mai 2020

Vorbemerkungen

  1. Aus Gründen der Übersichtlichkeit berücksichtigt dieses Merkblatt nur die wesentlichen gesetzlichen Regelungen.
  2. Die örtlich zuständigen Finanzämter können auf den Internetseiten des Bundeszentralamtes für Steuern (www.bzst.bund.de >Finanzamtsuche) abgefragt werden. Hier steht eine Suchfunktion zur Verfügung, mit der neben dem örtlich zuständigen Finanzamt weitere Angaben, wie z.B. abgegebene Aufgaben einzelner Finanzämter und besondere Zuständigkeitsregelungen, ermittelt werden können. Außerdem stehen unter www.finanzamt.de Verweise zu den Finanzamtsverzeichnissen der einzelnen Bundesländer zur Verfügung.
 

Teil A: Grunderwerbsteuer

1. Maßgebende Vorschriften
   
  Die steuerlichen Anzeigepflichten und sonstigen Beistandspflichten der Notarinnen und Notare ergeben sich aus folgenden Vorschriften in der jeweils gültigen Fassung:
   
  §§ 18, 20 und 21 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG);
  § 102 Abs. 4 der Abgabenordnung (AO).
   
2. Anzeigepflichtige Rechtsvorgänge
   
  Die Anzeigepflicht betrifft alle Rechtsvorgänge, die unmittelbar oder mittelbar ein inländisches Grundstück (Tz. 2.4) betreffen.
   
2.1 Notarinnen und Notare haben dem zuständigen Finanzamt Anzeige über folgende Rechtsvorgänge zu erstatten, die sie beurkundet oder über die er eine Urkunde entworfen und darauf eine Unterschrift beglaubigt haben (§ 18 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 GrEStG):
   
2.1.1 Grundstückskaufverträge und andere Rechtsgeschäfte, die den Anspruch auf Übereignung eines Grundstücks begründen (z.B. Tauschverträge, Einbringungsverträge, Übergabeverträge, Auseinandersetzungsverträge, Annahme von Kauf- und Verkaufsangeboten, Ausübung von Optionen bzw. Vor- und Wiederkaufsrechten);
   
2.1.2 Umwandlungen nach dem Umwandlungsgesetz, sofern dadurch Grundstückseigentum auf eine andere Rechtsträgerin bzw. einen anderen Rechtsträger übergeht;
   
2.1.3 Auflassungen, wenn kein Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf Übereignung begründet;
   
2.1.4 Rechtsgeschäfte, die den Anspruch auf Abtretung eines Übereignungsanspruchs oder der Rechte aus einem Meistgebot begründen;
   
2.1.5 Rechtsgeschäfte, die den Anspruch auf Abtretung der Rechte aus einem Kaufangebot begründen. Einem Kaufangebot steht ein Angebot zum Abschluss eines anderen Vertrages gleich, kraft dessen die Übereignung verlangt werden kann;
   
2.1.6 Abtretungen der unter Tz. 2.1.4 und 2.1.5 bezeichneten Rechte, wenn kein Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf Abtretung der Rechte begründet;
   
2.1.7 Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten (z.B. Begründung und Auflösung eines Treuhandverhältnisses, Wechsel der Treugeberin bzw. des Treugebers, Auftrag oder Geschäftsbesorgungsauftrag zum Auftragserwerb, Erteilung einer Verkaufsvollmacht);
   
2.1.8 Rechtsgeschäfte, die den Anspruch auf Übertragung eines, mehrerer oder aller Anteile einer Kapitalgesellschaft, einer Personengesellschaft oder einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts begründen, wenn zum Vermögen der Gesellschaft ein Grundstück gehört;
   
2.1.9 Übertragungen von unter Tz. 2.1.8 bezeichneten Gesellschaftsanteilen, wenn kein schuldrechtliches Geschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf Übertragung begründet;
   
2.1.10 Vorverträge, Optionsverträge sowie Kauf- und Verkaufsangebote. Die Einräumung eines Vorkaufsrechts ist nicht anzeigepflichtig;
   
2.1.11 Übertragungen von Anteilen an einem Nachlass (Erbteilsübertragungen), zu dem ein Grundstück oder ein Anteil an einem anderen Nachlass gehört, der ein Grundstück enthält;
   
2.1.12 Bei einheitlichen Vertragswerken erfasst die Anzeigepflicht neben dem Grundstücksveräußerungsvertrag auch die in derselben Niederschrift oder einer anderen Niederschrift beurkundeten Verträge (z. B. Treuhandvertrag, Baubetreuungsvertrag, Generalunternehmervertrag, Bauvertrag), die mit dem Grundstücksveräußerungsvertrag eine rechtliche Einheit bilden. Anzeigepflichtig sind auch solche Verträge, die in sonstiger Hinsicht mit dem Grundstücksveräußerungsvertrag im Wege einer Verknüpfungsabrede rechtlich verbunden sind, es sei denn, die grunderwerbsteuerliche Relevanz des weiteren Vertrages kann mit Gewissheit ausgeschlossen werden.
   
2.2 Notarinnen und Notare haben auch Anzeige zu erstatten über:
   
2.2.1 Anträge auf Berichtigung des Grundbuchs, die sie beurkundet oder über die er eine Urkunde entworfen und darauf eine Unterschrift beglaubigt haben, wenn der Antrag darauf gestützt wird, dass Grundstückseigentum auf eine andere Person bzw. Gesellschaft übergegangen ist (§ 18 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GrEStG) oder wenn eine Änderung im Gesellschafterbestand eingetragen werden sol...

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