Bisherige Verwaltungsauffassung

Einmalige Zahlungen zur Ablösung des Vorbehaltsnießbrauchs sind Abstandszahlungen an den Vermögensübergeber und erhöhen die Bemessungsgrundlage für die AfA des Grundstückseigentümers.[1] Erfolgt die Ablösung des Nießbrauchsrechts hingegen durch wiederkehrende Leistungen (sog. zeitlich gestreckte, "gleitende" Vermögensübergabe)[2], ist in Abhängigkeit vom Zeitpunkt des Abschlusses des Übergabevertrages und der Ablösung des Nießbrauchs sowie der getroffenen Vertragsgestaltungen eine differenzierte steuerliche Beurteilung geboten.

Wurde aufgrund eines vor dem 1.1.2008 abgeschlossenen Übertragungsvertrags Vermögen unter Nießbrauchsvorbehalt auf den Vermögensübernehmer übertragen und wird dieses Nießbrauchsrecht nach dem 31.12.2007 im Zusammenhang mit wiederkehrenden Leistungen abgelöst, galt Folgendes[3]:

  • Wurde die Ablösung des Nießbrauchsrechts gegen Versorgungsleistungen und der Zeitpunkt bereits im Übertragungsvertrag verbindlich vereinbart, blieben § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG in der vor dem 1.1.2008 geltenden Fassung und das BMF-Schreiben v. 16.9.2004[4] weiter anwendbar.
  • Erfolgte die Vereinbarung der Ablösung des Nießbrauchsrechts erst später und nach dem 31.12.2007, galten § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG i. d. F. des JStG 2008 (ab 2015: § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG) und die Regelungen des BMF-Schreibens vom 11.3.2010.[5]

Geänderte Verwaltungsauffassung aufgrund BFH-Rechtsprechung

Der BFH[6] ist der bisherigen Verwaltungsauffassung zur Anwendung der neuen bzw. der alten Rechtslage bei der gleitenden Vermögensübergabe von Privatvermögen gegen Versorgungsleistungen nicht gefolgt. Nach Auffassung des BFH können Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit einer "gleitenden" Übergabe von Privatvermögen grundsätzlich auch weiterhin als Rente oder dauernde Last abgezogen werden, wenn die Vermögensübertragung vor dem 1.1.2008 vereinbart worden ist und die Voraussetzungen des § 52 Abs. 23e Satz 2 EStG i. d. F. des JStG nicht vorliegen. Es kommt nicht darauf an, zu welchem Zeitpunkt der Nießbrauch abgelöst und die Versorgungsleistung vereinbart worden sind. Ob die Ablösung des Nießbrauchs und der Zeitpunkt bereits im Übergabevertrag vereinbart waren, ist irrelevant.

Für die Abziehbarkeit (als dauernde Last) ist – so der BFH – ein sachlicher Zusammenhang der wiederkehrenden Leistung mit der Vermögensübergabe erforderlich. Dieser wird nicht dadurch unterbrochen, dass sich der Übergeber zunächst den Nießbrauch vorbehalten hat und der Nießbrauch aufgrund eines später gefassten Entschlusses durch wiederkehrende Leistungen ersetzt wird. Damit muss die Ablösung des Vorbehaltsnießbrauchs nicht bereits im Übergabevertrag vereinbart sein. Entscheidend ist vielmehr, ob die Versorgungsrente (ggf. auch betragsmäßig nur eingeschränkt) den ursprünglich vereinbarten Vorbehaltsnießbrauch ersetzt (sog. gestreckte, "gleitende" Vermögensübergabe).

In Reaktion auf dieses BFH-Urteil hat die Verwaltung die Rz. 85 im BMF-Schreiben v. 11.3.2010[7] wie folgt neu gefasst:[8]

"Wurde aufgrund eines vor dem 1.1.2008 abgeschlossenen Übertragungsvertrags Vermögen unter Nießbrauchsvorbehalt auf den Vermögensübernehmer übertragen und wird dieses Nießbrauchsrecht nach dem 31.12.2007 im Zusammenhang mit wiederkehrenden Leistungen abgelöst, gilt ebenfalls Rz. 81 (vgl. BFH v. 12.5.2015, BStBl 2016 II S. 331)."[9]

 
Wichtig

Anwendung in allen offenen Fällen

Zeitlich erfolgt eine Anwendung der Urteilsgrundsätze grundsätzlich in allen offenen Fällen. Es gilt für Veranlagungszeiträume nach 2015 allerdings die folgende Billigkeitsregelung:

Rz. 85 des BMF-Schreibens v. 11.3.2010[10] ist sowohl für die Veranlagung des Vermögensübernehmers als auch für die Veranlagung des Vermögensübergebers im Sinne eines Bestandsschutzes weiterhin anzuwenden, wenn die Ablösung des Nießbrauchsrechts vor dem 1.6.2016 vereinbart wurde sowie der Vermögensübernehmer und der Vermögensübergeber übereinstimmend an der Fortgeltung festhalten. An die einmal getroffene, korrespondierende Entscheidung sind die Beteiligten für die Zukunft gebunden.

Die Billigkeitsregelung gilt allerdings nicht, wenn die Ablösung des Nießbrauchsrechts gegen Versorgungsleistungen und deren Zeitpunkt bereits im Übergabevertrag verbindlich vereinbart wurden.

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