Die Verwaltung nimmt – und zwar teilweise in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung – insbesondere in den folgenden Fällen einen Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten nach § 42 AO an:

  1. Hat der Nießbraucher das Gebäude oder eine Wohnung in Ausübung seines Nießbrauchsrechts an den Eigentümer vermietet, so kann darin die Rückgängigmachung des Nießbrauchs oder ein Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten nach § 42 AO liegen.
  2. Bestellen Eltern ihrem Kind unentgeltlich einen (zeitlich bis zum 27. Lebensjahr) befristeten Nießbrauch an einem Grundstück und vermietet das Kind den Grundbesitz anschließend an die Eltern zurück, steht dieser Gestaltung regelmäßig § 42 AO entgegen.[2]
  3. Eine missbräuchliche Gestaltung kann auch in der Unkündbarkeit eines in zeitlichem Zusammenhang mit der Nießbrauchsbestellung mit dem Nießbrauchsbesteller vereinbarten Mietverhältnisses oder darin liegen, dass die Dauer eines befristeten Nießbrauchs auf die Unterhaltsbedürftigkeit des Nießbrauchers abgestimmt ist.
 
Wichtig

Ausnahmsweise kein Gestaltungsmissbrauch

Eltern steht es allerdings frei, zu entscheiden, ob sie ihrem Kind zum Zwecke der Gewährung von Unterhalt Barmittel überlassen oder ob sie ihm – auch befristet – die Einkunftsquelle selbst übertragen. Entscheiden sie sich aus steuerlichen Gründen dafür, einen befristeten, unentgeltlichen Zuwendungsnießbrauch an einem vermieteten Grundstück zu bestellen, führt allein dies nicht dazu, dass die zugrunde liegende rechtliche Gestaltung als unangemessen i. S. d. § 42 AO anzusehen wäre.

Räumt die Mutter ihrer studierenden Tochter unentgeltlich ein befristetes Nießbrauchsrecht an einer vermieteten Halle ein, um sie während ihres Studiums mit den nötigen finanziellen Mitteln auszustatten, und war die Halle an den Vater des Kindes vermietet, der dort einen Gewerbebetrieb unterhielt und die an seine Frau gezahlte Miete als Betriebsausgaben abzog, die diese wiederum als Vermietungseinkünfte versteuerte, liegt hierin kein Gestaltungsmissbrauch i. S. v. § 42 AO.[3]

Anders als in dem vom BFH[4] entschiedenen Fall, in dem der Steuerpflichtige dem Kind den Nießbrauch an einer von ihm benötigten, (teilweise) gewerblich genutzten Immobilie bestellt hatte, um diese anschließend zurück zu mieten, wodurch in Höhe der Mietzinszahlungen steuerlich nicht abzugsfähige Unterhaltsaufwendungen in den Bereich des Betriebsausgabenabzugs verlagert worden sind, waren die Mietaufwendungen in dem vom FG Baden-Württemberg entschiedenen Fall bereits in der Vergangenheit beim Ehemann als Betriebsausgaben steuerlich abzugsfähig, und sie blieben dies unverändert auch nach Einräumung des Nießbrauchsrechts zugunsten der Tochter.[5]

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