Entscheidungsstichwort (Thema)

Lieferung von Saatgut und anschließende Einsaat als einheitliche, ermäßigt besteuerte Werklieferung i.S. des UStG

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Lieferung von Saatgut durch einen landwirtschaftlichen Lohnunternehmer mit anschließender Einsaat stellt eine einheitliche Werklieferung dar, die dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Nr. 13 der Anlage des UStG (Getreidesaatgut) unterliegt.
  2. Einem Landwirt als Auftraggeber (Durchschnittsverbraucher) eines Lohnunternehmers geht es nicht nur um den Kauf des Saatgutes, vielmehr erwartet er vom Lohnunternehmer eine fertige Einsaat und damit eine Leistung, die über den bloßen Erwerb des Saatguts hinausgeht.
  3. Der Lohnunternehmer, der von ihm selbst beschafftes Saatgut in den Ackerboden einsät, liefert als fertiges Werk nicht etwa einen „eingesäten Acker” sondern „eingesätes Saatgut” (gegen BMF-Schr. v. 16.11.1993 – BStBl I 1993, 956).
 

Normenkette

UStG § 3 Abs. 4, § 12 Abs. 2 Nr. 1 Anl. Nr. 52

 

Streitjahr(e)

1995, 1996, 1997

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 09.10.2002; Aktenzeichen V R 5/02)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Lieferung von Saatgut auch dann dem ermäßigten Steuersatz unterfällt, wenn das Saatgut zugleich vom Unternehmer eingesät wird.

Der Kläger betreibt ein landwirtschaftliches Lohnunternehmen.

Im Februar des jeweiligen Jahres bestellen die Kunden (Landwirte) ihren Mais beim Kläger. Im April wird der Mais dann vom Kläger gebeizt und anschließend ausgeliefert. Die Lieferung des Saatguts wird vom Kläger gesondert in Rechnung gestellt. Dabei berechnet er beim Verkauf des Saatguts lediglich einen Aufschlag von 5 v.H. (gemessen am Einkaufspreis).

Neben der Lieferung des Saatguts übernimmt der Kläger bei den meisten seiner Kunden (ca. 90 %) die Einsaat des zuvor gelieferten Saatguts mittels einer Maisdrillmaschine. Bei der Maisdrillmaschine handelt es sich um ein Spezialgerät, das wegen seines hohen Anschaffungspreises (ca. 25.000 DM) nur von wenigen Landwirten vorgehalten wird.

Bei der Einsaat wird dem Saatgut ein Pflanzenschutzmittel und ein vom Landwirt zu beschaffender Dünger beigemischt. Die Einsaat wird vom Kläger gesondert abgerechnet.

Der Kläger erklärte die Pflanzenlieferungen zum ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Nr. 6 bis 9 der Anlage zum UStG. Der Beklagte unterwarf die Pflanzenlieferungen im Anschluss an eine Außenprüfung unter Hinweis auf das BMF-Schreiben vom 16. November 1993 (BStBl I 1993, 956) der Regelbesteuerung. Er verwies darauf, dass der ermäßigte Steuersatz bereits dann nicht in Betracht komme, wenn neben der Pflanzenlieferung weitere sonstige Leistungen ausgeführt werden (z.B. Einsetzen der Pflanze in das Erdreich und damit in Zusammenhang stehende Tätigkeiten).

Hiergegen wendet sich der Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren mit der Klage. Er trägt vor, das BMF-Schreiben sei vorliegend nicht anwendbar, weil keine einheitliche Leistung vorliege. Die Lieferung des Mais-Saatguts sei unabhängig von der Einsaat. Dies werde durch die getrennte Abrechnung der Leistungen dokumentiert. Die Lieferung des Saatguts ziehe auch nicht zwangsläufig die Einsaat desselben nach sich. Vielmehr sei es so, dass der von ihm mit Mais-Saatgut belieferte Landwirt selbst – und zeitlich später – entscheide, ob er das Saatgut durch den Kläger oder ggf. durch einen anderen (preislich günstigeren) Lohnunternehmer einsäen lasse, sofern er nicht selbst über eine Maisdrillmachine verfüge.

Der Kläger beantragt,

die Umsatzsteuer 1995 um 5.873,81 DM,

die Umsatzsteuer 1996 um 6.375,42 DM und

die Umsatzsteuer 1997 um 7.126,03 DM herabzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, dass die vom Kläger vorgenommene Aufteilung in eine begünstigte Pflanzenlieferung einerseits und eine nicht begünstigte Lohnleistung andererseits mit dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung nicht zu vereinbaren sei.

Dabei werde nach dem BMF-Schreiben nicht vorausgesetzt, dass neben der Lieferung auch die weitere Tätigkeit von vornherein vereinbart oder zeitnah erfolgen müsse. Vielmehr gelte das Aufteilungsverbot auch dann, wenn Pflanzenlieferung und andere Arbeiten zwar getrennt ausgeschrieben, die Aufträge aber an einen Unternehmer vergeben würden. Dies sei hier der Fall, da sowohl die Saatgutlieferung als auch das Aussäen des Saatguts durch den Kläger erfolgt sei.

Bei dieser einheitlichen Leistung sei das Bearbeiten und Ausbringen des Saatguts als Hauptleistung anzusehen, hinter der die Lieferung des Saatguts als Nebenleistung zurücktrete:

Vor dem Ausbringen werde das Saatgut vom Kläger bearbeitet (Beizen). Diese Behandlung sei notwendig, um die Saat z.B. vor dem Vogelfraß zu schützen. Die zugemischte Substanz sei stark ätzend, was eine extrem vorsichtige Vorgehensweise bei der Bearbeitung erfordere. Beim Aussäen (Mais setzen) müsse Korn für Korn in einem ganz bestimmten Abstand in die Erde gebracht werden, damit die wachsenden Maisstücke genügend Licht und Wasser erhalten könnten. Hierzu werde eine hydraulisch arbeit...

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