vorläufig nicht rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Begrenzung des Kindergeld-Bezugszeitraums. Gewährung von Kindergeld während des Grundwehrdienstes oder zivilen Ersatzdienstes – jenseits des 27. Lebensjahres

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Für ein Kind, das sich in Berufsaufbildung befindet, wird Kindergeld grundsätzlich nur bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres gewährt. Über diesen Zeitraum hinaus wird ein Kind ausnahmsweise u. a. dann berücksichtigt, wenn es den gesetzlichen Grundwehrdienst/Zivildienst geleistet hat.
  2. Der Zweck des § 32 Abs. 5 EStG und Art. 3 GG gebieten eine Begrenzung des verlängerten Bezugzeitraums dann, wenn ein Teil des Verlängerungstatbestandes bereits nach Vollendung des 21. Lebensjahres berücksichtigt wurde. Nach Vollendung des 27. Lebensjahres kann dann nur noch die Differenz zum gesetzlichen Grundwehr- oder Zivildienst als Verlängerungstatbestand berücksichtigt werden.
  3. Die Gewährung von Kindergeld während des Grundwehrdienstes/Ersatzesdienstes vermag den Wortlaut des § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG jedenfalls dann nicht einzuschränken, wenn die Gewährung darauf beruht, dass der Leistungszeitraum für das Kindergeld nach dem sog. Monatsprinzip bemessen ist und daher Kindergeld für jeden vollen Monat zu gewähren ist, in dem wenigstens an einem Tag die Anspruchsvoraussetzungen vorgelegen haben.
 

Normenkette

EstG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a; EStG § 32 Abs. 5 S. 1 Nr. 1, §§ 62, 63 Abs. 1 S. 2; GG Art. 3

 

Streitjahr(e)

2004

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 27.08.2008; Aktenzeichen III R 88/07)

BFH (Urteil vom 27.08.2008; Aktenzeichen III R 88/07)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob dem Kläger für seinen Sohn T. über dessen 27. Lebensjahr hinaus für den Monat März 2004 Kindergeld zusteht.

T. vollendete im Mai 2003 sein 27. Lebensjahr. Er absolvierte zu diesem Zeitpunkt ein im Oktober 1999 begonnenes Studium, das er im März 2004 beendete. Davor hatte er vom 03.07.1995 bis 30.04.1996 seinen Grundwehrdienst abgeleistet, nachdem er im Mai 1995 die Abiturprüfung bestanden hatte. Vom 01.08.1996 bis zum 31.07.1999 befand er sich in einer Ausbildung zum Steuerfachgehilfen.

Mit Bescheid vom 20.02.2004 hob die Beklagte die Festsetzung von Kindergeld für T. ab März 2004 auf. Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein, den die Beklagte mit der Begründung zurückwies, die Höchstbezugsdauer für das Kindergeld sei abgelaufen. Diese verlängere sich zwar für die Dauer des geleisteten Grundwehrdienstes über das vollendete 27. Lebensjahr des Sohnes hinaus. T. sei jedoch für den Monat Juli 1995 bei der Kindergeldfestsetzung berücksichtigt worden, weil sein Wehrdienst erst am 03.07.1995 begonnen habe. Durch die Verlängerung der Kindergeldfestsetzung um die Dauer des geleisteten Wehrdienstes solle nur die Ausbildungsverzögerung, die nach dem 18. Lebensjahr entstehe, ausgeglichen werden. Daraus folge, dass nur die Monate des Wehrdienstes als Verlängerungstatbestand berücksichtigt werden könnten, die nach Vollendung des 18. Lebensjahres abgeleistet wurden und nicht wegen eines Verlängerungstatbestands bereits zu einem Kindergeldanspruch geführt haben. Folglich seien nur noch die Monate August 1995 bis April 1996 (9 Monate) zur Verlängerung der Kindergeldfestsetzung über das 27. Lebensjahr hinaus heranzuziehen gewesen.

Mit seiner hiergegen gerichteten Klage macht der Kläger geltend, der Wehrdienst seines Sohnes habe 10 Monate umfasst, somit sei für die Zeit vom 01.06.2003 bis zum 31.03.2004 Kindergeld zu gewähren. Ob in der früheren Zeit durch die Kindergeldkasse für bestimmte Zeiträume unberechtigt Kindergeld gewährt wurde, sei für diesen Sachverhalt unbedeutend.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

Kindergeld für seinen Sohn T. unter Abänderung des Aufhebungsbescheids vom 20.02.2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.04.2004 für den Monat März 2004 in gesetzlicher Höhe festzusetzen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte beruft sich auf ihr Vorbringen im Einspruchsverfahren. Nach ihrer Ansicht haben die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Kindergeld für T. noch bis einschließlich Juli 1995 vorgelegen. Dieser Monat des Grundwehrdienstes könne mithin als Verlängerungstatbestand nicht berücksichtigt werden.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet. Die Beklagte ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass dem Kläger für den Monat März 2004 kein Anspruch auf Kindergeld für seinen Sohn T. zusteht. Ein entsprechender Anspruch ergibt sich für den Kläger aus § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 19.10.2002 (BGBl. I S. 4210) – EStG –.

1. Nach §§ 62, 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG wird für ein Kind, das sich in Berufsausbildung befindet, Kindergeld grundsätzlich nur bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres gewährt. Über diesen Zeitraum hinaus wird ein Kind nach § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG ausnahmsweise u.a. dann berücksichtigt, wenn es den gesetzlichen Grundwehrdienst geleistet hat. Der Endzeitpunkt für die Gewährung des Kindergelds ...

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