vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [V R 35/17)]

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Option zur Steuerpflicht nach § 9 Abs. 2 UStG bei Pauschalierung nach § 24 Abs. 1 UStG

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Zu den Voraussetzungen für die Option zur USt bei Vermietungsumsätzen.
  2. § 9 Abs. 2 UStG ist darauf gerichtet, künstliche bzw. missbräuchliche Gestaltungen im Zusammenhang mit dem Vorsteuerabzug auszuschließen.
  3. § 9 Abs. 2 UStG ist mit Unionsrecht vereinbar.
  4. Bei der Nutzungsüberlassung eines Grundstücks an einen Landwirt, der seine Umsätze nach Durchschnittssätzen für LuF-Betriebe versteuert, ist eine Option zur Steuerpflicht nach § 9 Abs. 2 UStG ausgeschlossen.
 

Normenkette

UStG § 24 Abs. 1, § 4 Nr. 12a, § 9 Abs. 2

 

Streitjahr(e)

2005

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 01.03.2018; Aktenzeichen V R 35/17)

 

Tatbestand

Das Unternehmen des Klägers besteht in der Verpachtung eines Rinderboxenlaufstalls mit Melkkarussel sowie eines Kälberaufzuchtstalls an eine zwischen ihm und seiner Ehefrau bestehenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Der Kläger hatte erklärt, auf die Steuerfreiheit der durch die Verpachtung erzielten Umsätze nach § 4 Nr. 12 UStG nach § 9 Abs. 1 UStG zu verzichten. Der Stall wurde in 2005 errichtet und mit Vertrag vom 1. November 2005 an die GbR verpachtet. Der Pachtzins betrug im Streitjahr 4.000 € zzgl. Umsatzsteuer monatlich. Die GbR unterhielt im Streitjahr einen landwirtschaftlichen Betrieb, dessen Umsätze der Pauschalierung gem. § 24 UStG unterlagen. Anlässlich einer Betriebsprüfung gelangte der Beklagte, das Finanzamt (FA), zu der Auffassung, dass sich eine ortsübliche Pacht für den Stall nicht feststellen lasse. Daher sei die Mindestbemessungsgrundlage anzuwenden, welche der Prüfer wie folgt ermittelte:

Herstellungskosten

Bemessungsgrundlage

Herstellungskosten Gebäude

1.197.762,00 €

davon 10 v.H.

119.776,20 €

Herstellungskosten für Betriebsvorrichtungen

144.149,00 €

davon 20 v.H.

28.829,80 €

Summe

148.606,00 €

davon 2/12 (November/Dezember 2005)

24.766,00 €

bisher versteuert

0,00 €

Mehrumsatz 16 v.H. lt. Bp

24.766,00 €

Das FA erließ am 3. November 2011 einen entsprechend geänderten Umsatzsteuerbescheid, in dem es zugleich abziehbare Vorsteuerbeträge für das Streitjahr in Höhe 206.501,63 € anerkannte. Den Einspruch des Klägers wies es mit Bescheid vom 10. März 2016 als unbegründet zurück. Es liege ein Anwendungsfall des § 10 Abs. 5 i.V.m. § 10 Abs. 4 UStG vor. Bei dem Kläger und der GbR handele es sich um sich nahe stehende Personen. Mangels ortsüblicher Pacht finde deshalb die Mindestbemessungsgrundlage Anwendung.

Mit seiner hiergegen gerichteten Klage macht der Kläger geltend, die Mindestbemessungsgrundlage müsse im Wege der teleologischen Reduktion auf ein nach marktüblichen Grund-sätzen ermitteltes Entgelt reduziert werden. Durch Anfügung des § 10 Abs. 4 Nr. 2 S. 3 UStG mit dem EU-Richtlinien-Umsetzungsgesetz zum 1. Juli 2004 sei der Verweis auf den Berichtigungszeitraum des § 15a UStG in das Gesetz aufgenommen worden. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung führe hierzu aus, dass eine Verteilung der Ausgaben nach ertragsteuerlichen Grundsätzen nicht zwingend und auch nicht geboten sei, da die unterschiedlichen Abschreibungsvarianten nicht den tatsächlichen wirtschaftlichen Wertverzehr widerspiegelten. Dies möge zwar für sich genommen zutreffend sein, führe aber im Ergebnis zu einer vom Gesetzgeber nicht gesehenen Ausweitung des Anwendungsbereichs der Norm. Denn nun werde über die gleichsam willkürlich festgelegte Dauer des in § 15a UStG geregelten Berichtigungszeitraums eine Vergleichsgröße bestimmt, die allenfalls zufällig zu einer mit den tatsächlichen Vereinbarungen übereinstimmenden Bemessungsgrundlage führe. Andererseits führe eine unter gleichen Bedingungen zwischen fremden Dritten ermittelte und abgeschlossene Pacht zu keiner Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage.

Hinzu trete die Besonderheit, dass es weder für den Kläger, noch für den Beklagten möglich gewesen sei, ein „marktübliches Entgelt” im Sinne einer tatsächlichen Vergleichspacht zu ermitteln. Es könne aber als gesichert angesehen werden, dass es nicht „marktüblich” sei, Entgeltvereinbarungen an § 10 Abs. 5 i.V.m. § 15a Abs. 1 UStG auszurichten. Die Anwendung des § 10 Abs. 5 UStG i.V.m. § 10 Abs. 4 S. 3 UStG sei durch den BFH bereits dahingehend einschränkend ausgelegt worden, dass die Mindestbemessungsgrundlage auf das marktübliche Entgelt zu begrenzen sei, wenn ein solches festgestellt werden könne (BFH-Urteil vom 9. Oktober 1997 XI R 8/86). Ferner sei nach Auffassung des BFH kein Anwendungsfall der Mindestbemessungsgrundlage gegeben, wenn es sich um Umsätze zwischen zwei zum vollen Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmern handele (BFH-Urteil vom 6. Juni 2014 XI R 44/12). Diese Konstellationen habe der Gesetzgeber offensichtlich übersehen. Entsprechendes müsse für den vorliegenden Streitfall gelten.

Die Anwendung des § 10 UStG durch das FA sei ferner unionswidrig. § 10 A...

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