vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [XI R 14/16)]

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Säumniszuschläge: Aufleben nach Anfechtung und Rückgewähr der gezahlten Steuerschulden

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Zur Entstehung von Säumniszuschlägen.
  2. Bei Steuerfälligkeiten, die in die insolvenzreife Zeit fallen, bleibt das Steuerschuldverhältnis selbst bei fristgerechter Zahlung wegen der gesetzlich vorgesehenen Anfechtungsmöglichkeiten des Insolvenzverwalters zunächst in der Schwebe.
  3. Ob der Steueranspruch des FA endgültig erloschen ist, hängt davon ab, ob der Insolvenzverwalter die Zahlung wirksam angefochten hat.
  4. Eine erfolgreiche Anfechtung und Rückgewähr bewirkt, dass die Steuerschuld rückwirkend wieder auflebt. In solchen Fällen entstehen Säumniszuschläge mit rückwirkender Kraft ab Fälligkeit.
 

Normenkette

InsO § 144

 

Streitjahr(e)

2008, 2009, 2010, 2011

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.11.2017; Aktenzeichen XI R 14/16)

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob nach einer erfolgreichen Anfechtung durch einen Insolvenzverwalter und Rückzahlung des bereits gezahlten Steuerbetrages rückwirkend Säumniszuschläge entstehen.

Über das Vermögen des am 15. August 2015 verstorbenen S, zuletzt wohnhaft in S eröffnete das Amtsgericht M - Insolvenzgericht - mit Beschluss vom 1. Mai 2013 x IN xx/13 das Insolvenzverfahren. Zum Insolvenzverwalter wurde der Kläger bestellt.

Am 27. September 2013 erklärte der Kläger gegenüber dem Beklagten die Anfechtung von Zahlungen des Herrn S in Höhe von 580.000 €, die in der Zeit vom xxx 2009 bis zum xxx 2013 geleistet worden waren. In dem Schreiben waren die einzelnen Beträge mit dem jeweiligen Datum der Zahlung aufgeführt, nicht jedoch ihr Rechtgrund. Am 6. Januar 2014 erzielten die Beteiligten eine Einigung über die Zahlung eines Vergleichsbetrages in Höhe von 350.000 € zur Abgeltung des Anfechtungsanspruchs. Weitere Ansprüche wurden nach dieser Einigung nicht geltend gemacht. Der Vergleichsbetrag wurde an die Insolvenzmasse ausgekehrt und an den Kläger ausgezahlt. Dabei verbuchte der Beklagte die Rückzahlung auf die bereits erloschenen Steuerschulden und steuerlichen Nebenleistungen, die als letzte von Herrn S beglichen worden waren. Zahlungen, die Herr S auf Kraftfahrzeugsteuer geleistet hatte bzw. die auf fällige Kraftfahrzeugsteuer umgebucht worden waren, blieben dabei im Einvernehmen mit dem Kläger aus Vereinfachungsgründen unberücksichtigt.

Der Beklagte meldete am 21. Januar 2014 die nunmehr wieder offenen Steuerschulden in Höhe von 340.000 € und die wieder aufgelebten Säumnis- und Verspätungszuschläge in Höhe von 10.000 € zusammen mit den rückwirkend auf das Datum der ursprünglichen Fälligkeit bis zum Tag der Insolvenzeröffnung entstandenen Säumniszuschlägen auf die erstatteten Steuern in Höhe von 71.000 € zur Insolvenztabelle an. Von dem angemeldeten Gesamtbetrag von 421.000 € wurden 350.000 € zur Insolvenztabelle festgestellt, der Restbetrag von 71.000 € wurde vom Kläger bestritten. Mit Schreiben vom 18. Dezember 2014 listete der Beklagte die seiner Meinung nach bestrittenen Säumniszuschläge auf und bat den Kläger, bis zum 15. Januar 2015 schriftlich mitzuteilen, ob diese anerkannt würden. In einem Schreiben an den Beklagten vom 23. Dezember 2014 erläuterte er hierzu, er habe die vom Beklagten angemeldeten Steuerschulden und die seinerzeit getilgten und nunmehr erstatteten steuerlichen Nebenleistungen in Höhe von insgesamt 350.000 € anerkannt. Nur die nunmehr zusätzlich geltend gemachten Säumniszuschläge in Höhe von 71.000 € seien bestritten worden. Diese werde er auch nicht anerkennen, weil die Steuerbeträge dem Beklagten bis zum Tag der Auszahlung tatsächlich zur Verfügung gestanden hätten und deshalb keine Säumniszuschläge bis zum Tag der Auszahlung entstanden sein könnten.

Mit Feststellungsbescheiden vom xx. Januar 2015 und xx. Februar 2015 stellte der Beklagte die streitigen Säumniszuschläge nach § 251 Abs. 3 Abgabenordnung (AO) i. V. m. § 179 Abs. 1 Insolvenzordnung (InsO) fest. Die die erfolgreiche Anfechtung einer Steuerzahlung führe zur nachträglichen Erfüllung des § 240 AO. Die ursprüngliche Steuerschuld lebe nach § 143 InsO wieder auf, da das Steuerschuldverhältnis bei Steuerfälligkeiten, die in die insolvenzreife Zeit fielen, selbst bei fristgerechter Zahlung wegen der gesetzlich vorgesehenen Anfechtungsmöglichkeiten des Insolvenzverwalters zunächst in der Schwebe blieben (Hinweis auf § 144 InsO und Bundesfinanzhof - BFH -, Urteil vom 12. November 2013 VII R 15/13).

Gegen die Feststellungsbescheide erhob der Kläger am xx. Februar 2015 Einspruch. Dieser richte sich gegen die Feststellung der Säumniszuschläge dem Grunde nach. Nach § 240 Abs. 1 Satz 1 AO sei für eine Steuer, die nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet werde, ein Säumniszuschlag zu entrichten. Im Streitfall seien die fraglichen Steuern unstreitig zunächst fristgerecht gezahlt worden. Durch die Rückgewähr der Steuer nach Anfechtung träte je...

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