rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuer: Zweckbetrieb, Leistungen von Jugendherbergen, Ermäßigter Steuersatz

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Soweit Leistungen eines Stpfl. seinen Satzungszwecken nach § 4 Nr. 24 UStG unmittelbar dienen, sind sie umsatzsteuerfrei.
  2. Leistungen an allein reisende Erwachsene fallen nicht darunter, denn sie dienen nicht unmittelbar dem Satzungszweck des Klägers.
  3. Zu den Voraussetzungen des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG.
  4. Leistungen von Jugendherbergen an allein reisende Personen über 27 Jahre werden i.R. eines Zweckbetriebes erbracht und unterliegen dem ermäßigten Steuersatz, wenn diese Leistungen nicht mehr als 10 % des gesamten Umsatzes ausmachen.
 

Normenkette

AO § 68 Nr. 2 Buchst. b; UStG 2008 § 12 Abs. 2 Nr. 8

 

Streitjahr(e)

2008

 

Tatbestand

Der Kläger ist ein als gemeinnützig anerkannter Verein, der Jugendherbergen und andere jugendgemäße Unterkünfte baut, unterhält und bewirtschaftet.

Hinsichtlich seiner Aufgaben und seines Zweckes bestimmt § 2 der Satzung des Klägers:

"Der Landesverband H. baut, unterhält und bewirtschaftet Jugendherbergen und andere jugendgemäße Unterkünfte, die allen Mitgliedern des Deutschen Jugendherbergswerkes und der International Youth Hostel Federation (IYHF) unabhängig von ihrer Nationalität, Rasse, Religion oder Weltanschauung offen stehen. Jugendherbergen sind Stätten des sozialen Lernens. Sie dienen vornehmlich der Begegnung der Jugend des In- und Auslandes, der Durchführung von Schulklassenfahrten, Studien und Schullandheimaufenthalten, sonstiger schulischer Veranstaltungen, Freizeit und Erholungsmaßnahme, Seminaren und Tagungen überwiegend von Jugendgruppen, Jugendverbänden und Familien."

Der Kläger beherbergte im Streitjahr 2008 neben Jugendgruppen, Schulklassen auch erwachsene Einzelreisende (älter als 27 Jahre). Im Jahre 2008 betrug die Anzahl der Gesamtübernachtungen 456.744. Hiervon entfielen auf allein reisende Erwachsene 24.165 Übernachtungen. Der Anteil der Übernachtungen allein reisender Erwachsener machte also rund 5,3 % der gesamten Übernachtungen aus. Der Kläger bot den allein reisenden erwachsenen Gästen nur die Leistungen an, die auch von den übrigen Gästen wie Jugendgruppen, Schulklassen und Familien in Anspruch genommen werden konnten. Allerdings erhob der Kläger für Übernachtungen bei allein reisenden Erwachsenen einen Zuschlag von 3 € pro Nacht. Auch für zusätzlich angebotene Leistungen, wie Hobbyprogramme, Wanderungen in Harz und Heide, Radwanderring Heide und Radwanderring Weser hatten allein reisende Erwachsene für gleiche Leistungen höhere Preise zu zahlen als die anderen Gäste.

Der Kläger behandelte die Umsätze aus der Beherbergung von allein reisenden Erwachsenen in seiner im Jahre 2009 abgegebenen Umsatzsteuer-Erklärung als Umsätze zum ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Umsatzsteuergesetz (UStG). Diese Erklärung stand einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich.

Das beklagte Finanzamt (FA) führte beim Kläger im Jahre 2013 eine Außenprüfung durch. Der Prüfer vertrat die Auffassung, dass die Leistungen des Klägers an allein reisende Erwachsene nicht dem Zweckbetrieb zuzuordnen seien. Die Einnahmen aus den Übernachtungen, der Bettwäschegestellung und der Verpflegung seien vielmehr einen vom Zweckbetrieb getrennt geführten wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb des Klägers zuzuordnen. Diese Leistungen seien von den übrigen Leistungen des Klägers abgrenzbar. Aus den Preislisten der Jugendherbergen ergebe sich, dass allein reisende Erwachsene einen Zuschlag von 3 € im Streitjahr zu zahlen gehabt hätten. Auch in den Aufzeichnungen des Klägers seien die Übernachtungen allein reisende Erwachsene gesondert unter dem Gästeschlüssel 11 erfasst worden. Durch die Art der Reservierung und den abweichenden Beherbergungsentgelte seien die Leistungen des Klägers an allein reisende Erwachsene von den übrigen Leistungen unterscheidbar.

Der Prüfer ermittelte die Umsätze an allein reisenden Erwachsenen mit x €

Er erhöhte die Umsätze zum regulären Steuersatz um y € (Nettobetrag aus x €. Die Umsätze zum ermäßigten Steuersatz verminderte er um z € (Nettobetrag aus x €).

In Auswertung dieser Prüfungsfeststellungen erteilte das FA am 03.04.2013 einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Umsatzsteuerbescheid.

Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb ohne Erfolg. Das FA vertrat im Einspruchsbescheid die Auffassung, dass die Leistungen an allein reisende Erwachsene von den übrigen Leistungen des Klägers abgrenzbar seien. Für diese Leistungen komme der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG nicht in Betracht. Nach dieser Vorschrift ermäßige sich die Steuer für Umsätze der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgten. Die Steuerermäßigung gelte nicht für Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt würden. Die Leistungen des Klägers an allein reisende Erwachs...

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