vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Hauswirtschaftliche und pflegerische Dienstleistungen als gewerbliche Tätigkeit; nachträglich Wahl der Gewinnermittlung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Zur Abgrenzung zwischen selbstständiger und nichtselbstständiger Tätigkeit.
  2. Erbringt ein Stpfl. hauswirtschaftliche und pflegerische Dienstleistungen, führt das zu gewerblichen Einkünften.
  3. Das Wahlrecht zwischen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG und § 4 Abs. 3 EStG steht nicht buchführungspflichtigen Stpfl. prinzipiell unbefristet zu; es kann nachträglich auch noch ausgeübt werden, wenn die Höhe des Gewinns zu schätzen ist.
 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 1, 3, § 15

 

Streitjahr(e)

2004, 2005, 2006, 2007, 2008

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 20.03.2013; Aktenzeichen X R 15/11)

BFH (Urteil vom 20.03.2013; Aktenzeichen X R 15/11)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin in den Veranlagungszeiträumen (VZ) 2004 bis 2008 durch die Erbringung von hauswirtschaftlichen und pflegerischen Leistungen bei einem Nachbarn Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielte.

Die Kläger sind Eheleute. Der Kläger erzielte im Streitzeitraum Einkünfte aus nicht-selbständiger Arbeit i.S.d. § 19 des Einkommensteuergesetzes (EStG). In den Einkommensteuererklärungen der Jahre 2002 bis 2008 waren für die Klägerin keine Einkünfte erklärt.

Der Beklagte veranlagte die Kläger gemäß §§ 26, 26b EStG zusammen zur Einkommensteuer und für die Jahre 2002 bis 2006 zunächst erklärungsgemäß.

Im Januar 2009 erhielt der Beklagte durch eine Anzeige Kenntnis davon, dass die Klägerin in den Jahren 1997 bis 2008 einen nicht mit ihr verwandten Nachbarn, Herrn S, in seiner Doppelhaushälfte in R versorgt hat. Nach dieser Anzeige erbrachte die Klägerin hauswirtschaftliche und pflegerische Leistungen.

Ermittlungen des Beklagten ergaben, dass die Klägerin mit notariellem Übergabevertrag nebst Pflegevereinbarung zum 01.01.2002 von Herrn S als Gegenleistung für dessen Versorgung dessen Doppelhaushälfte in R unter Vorbehalt eines nach Maßgabe von § 3 Abs. 4 des Übergabevertrags befristeten Nießbrauchs übertragen erhalten hatte.

Der notarielle Übergabevertrag nebst Pflegevereinbarung sah – auszugsweise – folgende Regelungen vor:

§ 1

Die Übertragung erfolgt als Gegenleistung für die von der Erschienenen zu 2. (Klägerin) bisher erbrachten und nach diesem Vertrag künftig zu erbringenden Versorgungs- und Pflegeleistungen.

Diese werden von den Parteien übereinstimmend mit durchschnittlich 900,00 DM monatlich bewertet.

§ 2

Der unmittelbare Besitz sowie Nutzungen und Lasten gehen mit Beendigung des bestellten Nießbrauchs auf die Übernehmerin über.

§ 3

Das lebenslängliche Nießbrauchsrecht soll ersatzlos enden, wenn der Nießbrauchs-berechtigte (Herr S) auf Dauer in ein Alten- oder Pflegeheim oder eine ähnliche Einrichtung aufgenommen werden muss.

§ 4

Die Erschienene zu 2. (Klägerin) verpflichtet sich, den Erschienenen zu 1. (Herrn S) in dem Hause in R in kranken und alten Tagen zu pflegen und zu versorgen.

Die Pflege- und Versorgungsleistungen beziehen sich auf körperliche Pflege, die Reinhaltung der Wohnung, waschen und zurechtmachen der Wäsche, Zubereitung der Speisen – wobei auf den Gesundheitszustand des Erschienenen zu 1. (Herrn S) Rücksicht zu nehmen ist–; soweit erforderlich, ist Diätkost zuzubereiten. Die notwendigen Naturalien zum Lebensbedarf des Erschienenen zu 1. (Herrn S) sind jedoch auf seine Kosten zu beschaffen.

Darüber hinaus verpflichtet sich die Erschienene zu 2. (Klägerin), den Erschienenen zu 1. (Herrn S) bei der Erledigung aller Angelegenheiten gegenüber Privatpersonen und Behörden zu unterstützen, für ihn Einkäufe zu besorgen und hin und wieder auch die Freizeit mit ihm zu gestalten.

Die vorstehenden Leistungen werden als Gegenleistung für die Übertragung des Grundbesitzes erbracht, allerdings beschränkt auf das eineinhalbfache der statistischen Lebenserwartung des Erschienenen zu 1. (Herrn S) nach der Anlage 9 zum Bewertungsgesetz bezogen auf den Tag der Übergabe des Grundbesitzes (= 4,284 x 1,5 abgerundet = 6,5 Jahre).

Sollte über diesen Zeitpunkt hinaus die Pflege des Erschienenen zu 1. (Herrn S) im Hause in R notwendig sein, sind die insoweit zu erbringenden Pflegeleistungen durch die Übertragung des Grundbesitzes nicht abgegolten.

Sollte die Erschienene zu 2. (Klägerin) innerhalb des vorgenannten Zeitraumes von 6,5 Jahren die Pflege und Versorgung des Erschienenen zu 1. (Herrn S) im Hause in R einstellen, ohne dass er dies durch schuldhaftes Verhalten zu vertreten hat, ist er berechtigt, die Rückübertragung des Grundbesitzes zu verlangen. In diesem Falle sind der Erschienenen zu 2. (Klägerin) die ihr für die vorerwähnten 4,5 Jahre erbrachter Pflege zustehenden 27.000 DM = 13.804,90 EUR und weiterhin vom Tage der Übergabe bis zur Einstellung der Pflege monatlich 900,00 DM (460,16 EUR) zu erstatten, und zwar Zug um Zug gegen Rückübertragung des Grundbesitzes.

Nach Ablauf der 6,5 Jahre entfällt das Rückübertragungsrecht ersatzlos.

Nach ...

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