rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung der 1%-Regelung bei privater Kfz-Nutzung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Ein selbstständiger Arzt, der seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, und der einen betrieblich genutzten Pkw auch privat nutzt, ist nicht zur Anwendung der 1 v.H.-Regelung befugt, wenn er das Fahrzeug weder im Anlageverzeichnis noch in der Sachkontenentwicklung aufgeführt und dieses damit eindeutig als Betriebsvermögen behandelt hat.
  2. Für den Akt der erstmaligen Zuordnung eines Wirtschaftsguts zum gewillkürten Betriebsvermögen (beim erstmaligen Erwerb oder bei Einlage) ist Voraussetzung, dass ein sachverständiger Dritter ohne weitere Erklärung des Stpfl. die Zugehörigkeit des erworbenen oder angelegten Wirtschaftsguts zum Betriebsvermögen erkennen kann. Der bloße Umstand, dass die Aufwendungen für das Fahrzeug als Betriebsvermögen abgezogen werden, beinhaltet keine unmissverständliche Zuordnung des Fahrzeugs zum Betriebsvermögen.
  3. Ist das Fahrzeug geleast, ist die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG bei einem betrieblichen Nutzungsanteil von unter 50 v.H. nicht anwendbar.
 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2

 

Streitjahr(e)

1996, 1997

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 02.03.2006; Aktenzeichen IV R 36/04)

BFH (Urteil vom 02.03.2006; Aktenzeichen IV R 36/04)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger in den Streitjahren 1996 und 1997 den von ihm geleasten und selbst genutzten PKW im Rahmen der Einnahmen-Überschussrechnung als notwendiges oder gewillkürtes Betriebsvermögen behandeln durfte und in welchem Umfang ein betrieblicher Nutzungsanteil anzusetzen war.

Der Kläger führte in den Streitjahren als selbständiger Hals-Nasen-Ohren-Facharzt eine Einzelpraxis. Daneben war er ambulant im Krankenhaus in S als hinzugezogener Konsiliararzt tätig und führte dort Operationen durch. Der Kläger ermittelte seinen Gewinn durch Einnahme-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG. Er nutzte in den Streitjahren einen PKW, den er gemäß der Leasingbedingungen von der X-Leasing GmbH über eine Laufzeit von 36 Monaten ab Februar 1996 geleast hatte. Nach Ablauf der Vertragsdauer sollte gem. dem Leasingvertrag dem Gebrauchwagenerlös ein Gebrauchtwagenwert von 38.327 DM gegenübergestellt werden. Von dem Mehrerlös sollte der Kläger 75 % erhalten, 25 % sollten auf die Leasingraten eines bis zu 3 Monate nach Vertragsende neu zugelassenen Fahrzeuges angerechnet werden. Einen Mindererlös sollte der Kläger erstatten. Der Kläger nutzte das Fahrzeug unstreitig im Umfang von ca. 22.800 km/Jahr. Davon entfielen – ebenfalls unstreitig – auf betriebliche Fahrten ca. 5.000 km.

Der Kläger setzte in den Streitjahren 100 % der Leasingraten (38.173 in 1996, 10.897 in 1997) als Betriebsausgaben an und erhöhte den Gewinn gemäß der sog. 1 %-Regelung. Den PKW führte er weder in der Abschreibungsliste noch in der Anlagenentwicklung auf.

Das Finanzamt behandelte das Fahrzeug als Privatvermögen, da es zu nicht mehr als 50 % dem Betrieb gedient habe und gewillkürtes Betriebsvermögen bei einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG nicht gebildet werden könne. Es erkannte daher 21,9 % der Aufwendungen als Betriebsausgaben an, und zwar für 1996 8.300 DM (5.000 km X 1,66 DM) und für 1997 3.800 DM (5.000 km X 0,76 DM).

Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Einspruch die Klage. Die Kläger sind der Auffassung, die PKW-Kosten seien – mit Ausnahme der Benzinkosten – i.H.v. 85 % der Fahrzeugaufwendungen abziehbar. Der PKW sei aufgrund eines betrieblichen Nutzungsanteils von 85 % als notwendiges Betriebsvermögen zu qualifizieren. Der betriebliche Nutzungsanteil dürfe nicht anhand der Kilometerleistung, sondern müsse entsprechend der zeitlichen Beanspruchung aufgeteilt werden. Da der Kläger aufgrund seiner Stellung als Konsiliararzt dazu gezwungen sei, den PKW ständig vorzuhalten, sei der betriebliche Nutzungsanteil mit mindestens 85 % anzusetzen. Der Kläger habe als Inhaber einer Hals-Nasen-Ohrenpraxis einen „Sicherstellungsauftrag”, der bis zu den benachbarten Städten reiche. Er müsse das Fahrzeug daher ständig betrieblich veranlasst zur Verfügung halten.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Einkommensteuerbescheides in der Fassung der Einspruchsentscheidung, geändert durch Einkommensteuerbescheid vom 01.06.2004, 85 % der Fahrzeugaufwendungen als Betriebsausgaben anzuerkennen und für 1996 Einkünfte i.H.v. 189.571 DM und für 1997 i.H.v. 185.897,96 anzusetzen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen

und ist weiterhin der Auffassung, es könnten lediglich die bisher anerkannten 21,9 % der Fahrzeugaufwendungen als Betriebsausgabe abgezogen werden. Maßgeblich sei der betrieblichen Nutzungsanteil nach Maßgabe der gefahrenen Kilometer. Ein anderer Aufteilungsmaßstab scheide mangels eindeutiger Nachvollziehbarkeit aus. Der PKW sei zudem weder als Betriebsvermögen zu qualifizieren, noch komme die Anwendung der 1 %-Regelung in Betracht. Ein Ausweis als gewillkürtes Betriebsvermögen sei nicht zulässig, da der Kläger den Gewinn durch Ein...

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