vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [III R 22/18)]

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeld: Mehraktige Ausbildung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Frage, ob bereits der erste (objektiv) berufsqualifizierende Abschluss in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang zum Verbrauch der Erstausbildung führt oder ob bei mehraktiger Ausbildung auch ein nachfolgender Abschluss keine Erstausbildung sein kann, entscheidet sich danach, ob sich der erste Abschluss als integrativer Bestandteil eines einheitlichen Ausbildungsgangs darstellt.

2. Mehraktige Ausbildungsmaßnahmen sind dann als Teil der Erstausbildung zu betrachten, wenn sie zeitlich und inhaltlich so aufeinander abgestimmt sind, dass die Ausbildung nach Erreichen des ersten Abschlusses fortgesetzt werden soll und das Berufsziel erst über den weiterführenden Abschluss erreicht werden kann.

3. Ist erkennbar, dass das Kind die für sein Berufsziel erforderliche Ausbildung nicht bereits mit dem ersten erlangten Abschluss beendet hat, kann auch eine weiterführende Ausbildung Teil der Erstausbildung sein.

4. Ist für den weiteren Berufsabschluss eine einschlägige Berufstätigkeit mit der damit verbundenen Sammlung berufspraktischer Erfahrungen erforderlich, stellt sich diese Ausbildung als Weiterbildung und damit als zweite Berufsausbildung dar. Die erforderliche Berufstätigkeit führt dann zu einem Einschnitt, der den notwendigen engen Zusammenhang zwischen beiden Ausbildungen entfallen lässt.

5. Setzt die Prüfung zum Abschluss”geprüfter Bankfachwirt“ eine absolvierte zweijährige Berufspraxis voraus, liegt eine die berufliche Erfahrung berücksichtigende Weiterbildung (Zweitausbildung) vor.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 S. 2

 

Streitjahr(e)

2014, 2015, 2016, 2017

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 11.12.2018; Aktenzeichen III R 22/18)

BFH (Urteil vom 11.12.2018; Aktenzeichen III R 22/18)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin für ihren Sohn im Streitzeitraum (Februar 2014 bis Januar 2017) einen Anspruch auf Kindergeld besitzt, nachdem der Sohn eine Berufsausbildung zum Bankkaufmann im Januar 2014 abgeschlossen hatte.

Die Klägerin ist die leibliche Mutter ihres am 9. März 1992 geborenen Sohnes X, für den sie bis einschließlich Januar 2014 Kindergeld erhielt. x absolvierte im Zeitraum Januar 2011 bis 13. Januar 2014 eine Ausbildung zum Bankkaufmann, die er mit Bestehen der Prüfung am 13. Januar 2014 erfolgreich abschloss. Seit dem 14. Januar 2014 war X als Sachbearbeiter in der Kreditabteilung in Vollzeit (39 Wochenarbeitsstunden) tätig. Am 9. Juli 2014 meldete sich x bei der Frankfurt School of Finance & Management für die Teilnahme an der zweijährigen berufsbegleitenden”beruflichen Weiterbildung zum Bankfachwirt“ zum Wintersemester 2014/2015 mit Beginn am 6. Oktober 2014 an. Während des Studiums arbeitete X weiterhin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 39 Stunden. Im Juli 2016 beendete X die universitäre Prüfung. Nachfolgend erfolgte im November 2016 die staatliche Prüfung zur Anerkennung zum Bankfachwirt IHK. Die mündliche Prüfung für den staatlichen Prüfungsteil erfolgte im Januar 2017. Mit Urkunde vom 28. Februar 2017 erhielt X den Titel Bankfachwirt (Frankfurt School of Finance & Management) verliehen.

Mit Antrag vom 20. August 2017 beantragte die Klägerin Kindergeld für ihren Sohn X unter Hinweis auf die im Oktober 2014 aufgenommene und zum 31. Juli 2016 erfolgreich beendete Weiterbildung zum Bankfachwirt. Ergänzend legte die Klägerin Studienbescheinigungen und erläuternde Unterlagen zum Bankfachwirt-Studium vor.

Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung über die Prüfung zum anerkannten Abschluss geprüfter Bankfachwirt/geprüfte Bankfachwirtin vom 1. März 2000 kann zur Prüfung zugelassen werden, wer eine mit Erfolg abgelegte Abschlussprüfung als”Bankkaufmann/Bankkauffrau“ … und danach eine mindestens zweijährige Berufspraxis nachweisen kann.

Die Beklagte lehnte den Kindergeldantrag der Klägerin mit Bescheid vom 1. September 2017 für den Zeitraum Februar 2014 bis einschließlich Januar 2017 ab. Zur Begründung führte die Beklagte aus, X habe eine erste Berufsausbildung abgeschlossen und habe eine weitere Berufsausbildung mit dem Studium zum Bankfachwirt unternommen. Kindergeld könne nicht gewährt werden, da X in der Zeit einer Erwerbstätigkeit von über 20 Stunden nachgegangen sei.

Hiergegen legte die Klägerin form- und fristgerecht Einspruch ein. Der Einspruch hatte keinen Erfolg; die Beklagte wies diesen durch Einspruchsbescheid vom 9. Oktober 2017 als unbegründet zurück. X habe sich nicht in einer mehrteiligen Berufsausbildung befunden. Vielmehr sei die erstmalige Berufsausbildung im Januar 2014 abgeschlossen gewesen.

Hiergegen richtet sich die am 7. November 2017 erhobene Klage der Klägerin, mit der diese weiterhin Kindergeld für X für den Zeitraum Februar 2014 bis Januar 2017 begehrt. Sie vertritt die Auffassung, bei der Ausbildung ihres Sohnes zum Bankkaufmann und der Weiterbildung zum Bankfachwirt han...

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