vorläufig nicht rechtskräftig

Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [III R 57/10)]

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Berechnung der Einkünfte eines Kindes bei Aufnahme einer Vollzeitbeschäftigung nach beendeter Ausbildung und Beginn einer zweiten Ausbildung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Mit Aufnahme einer Vollzeitarbeit entfallen die Voraussetzungen für die Festsetzung von Kindergeld.
  2. Das gilt auch dann, wenn sich das Kind bereits zuvor um eine zweite Ausbildung beworben hat und diese im laufenden Jahr aufnimmt und die Vollzeitarbeitsstelle aufgibt.
 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2, § 63 Abs. 1 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 27.01.2011; Aktenzeichen III R 57/10)

BFH (Urteil vom 27.01.2011; Aktenzeichen III R 57/10)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger für seinen Sohn Ch. für die Zeit von August bis Dezember 2008 Kindergeld beanspruchen kann.

Ch. begann im Jahre 2005 in dem Büro des Prozessbevollmächtigten eine Ausbildung zum Steuerfachgehilfen. Die Ausbildung endete im Dezember 2007. Im Anschluss daran arbeitete der Sohn bis zum 31. Juli 2008 in dem Büro als Steuerfachgehilfe als Vollzeitkraft. Zum 01.08.2008 begann er eine Ausbildung als Finanzanwärter beim Finanzamt X, für die er sich bereits im August 2007 beworben hatte. In der Zeit seiner Tätigkeit im Büro des Prozessbevollmächtigten erzielte Ch. ein Bruttoentgelt i.H.v. 10.500 €. In der Zeit von August bis Dezember 2008 bezog er eine Ausbildungsvergütung in Höhe von insgesamt 4.527 €.

Mit Schreiben vom 27. März 2009 beantragte der Kläger, Kindergeld ab August 2008 festzusetzen. Diesen Antrag lehnte das Finanzamt mit Bescheid vom 7. April 2009 ab. Es vertrat die Auffassung, dass bei der Prüfung, ob die Einkünfte des Sohnes den Jahresgrenzbetrag überstiegen, auf das gesamte Kalenderjahr 2008 abzustellen sei. Die Einkünfte des Sohnes berechnete das Finanzamt unter Berücksichtigung von Werbungskosten mit 9.269,20 €

Der Kläger hat Einspruch eingelegt und zur Begründung vorgetragen, dass für die Prüfung, ob die Einkommensgrenze überschritten sei, nur die auf die Ausbildungszeit entfallenden Einkünfte von August bis Dezember 2008 abzustellen sei. Die Einkünfte beliefen sich bei einem Bruttoentgelt von 4.527 €, Werbungskosten i.H.v. 3.477,80 € und Krankenversicherungsbeiträge i.H.v. 254,90 € auf 794,30 €. Der anteilig gekürzte Jahresgrenzwert (5/12) betrage 3.200 €, so dass für diese Zeit ein Anspruch auf Zahlung von Kindergeld bestehe. Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Die Beklagte führte im Einspruchsbescheid aus, dass bei der Ermittlung der Einkünfte die Einkünfte des gesamten Jahres heranzuziehen seien. Denn Ch. habe sich bereits im August 2007 um den Ausbildungsplatz bei dem Finanzamt X beworben. Aus diesem Grunde seien ab August 2007 die Voraussetzungen nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 c EinkommensteuergesetzEStG – erfüllt. Der Sohn sei deswegen für das gesamte Kalenderjahr 2008 als ausbildungswillig im Sinne der genannten Vorschrift anzusehen. Die Einkünfte und Bezüge berechnete die Familienkasse nunmehr mit 9.014,30 €.

Der Kläger hat Klage erhoben. Er ist der Auffassung, dass für die Ermittlung der Einkünfte und Bezüge des Sohnes nur auf den Zeitraum der Ausbildung beim Finanzamt X abgestellt werden könne. Dies ergebe sich aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 19.10.2001 (VI R 39/00), in dem der BFH entschieden habe, dass ein Kind, das nach Abschluss einer Ausbildung eine Vollzeiterwerbstätigkeit aufnehme, auch dann nicht nach § 32 Abs. 4 EStG zu berücksichtigen sei, wenn es sich zuvor um eine weitere Ausbildung beworben habe.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

unter Aufhebung des Bescheides vom 7. April 2009 und des Einspruchsbescheides vom 29. Mai 2009 die Familienkasse zu verpflichten, Kindergeld für die Zeit von August bis Dezember 2008 für den Sohn Ch. festzusetzen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hält an ihrer im Einspruchsverfahren vertretenen Rechtsauffassung fest. Sie ist der Meinung, dass der BFH mit seinem Urteil vom 16.11.2006 (III R 15/06) seine Rechtsauffassung geändert habe, so dass der Kläger sich auf das Urteil in dem Verfahren VI R 39/00 nicht mehr berufen könne.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Der Kläger hat für die Zeit von August bis Dezember 2008 einen Anspruch auf Zahlung von Kindergeld für seinen Sohn Ch.

Nach § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG wird ein Kind, welches das 18., aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat, unter anderem beim Kindergeldberechtigten berücksichtigt, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird (Buchst. a), sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten befindet (Buchst. b) oder eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann (Buchst. c) und wenn es Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, von nicht mehr als 7 680 € im Kalenderjahr hat (§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG). Für jede...

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