Entscheidungsstichwort (Thema)

Kinderbetreuungskosten führen auch bei beiderseits ganztags berufstätigen Eltern zu keinen Werbungskosten

 

Leitsatz (redaktionell)

(1) Kosten für die Betreuung minderjähriger Kinder durch ein Aupair-Mädchen führen als sog. gemischte - die Kosten der allgemeinen Lebensführung (mit-)betreffende - Aufwendungen auch für beiderseits ganztägig berufstätige Eltern wegen des Aufteilungsverbots aus § 12 Nr. 1 EStG zu keinen im Rahmen der Einkunftsermittlung aus nichtselbstständiger Arbeit zu berücksichtigenden Werbungskosten.

(2) Liegen die Tatbestandsvoraussetzungen für den Abzug von Kinderbetreuungskosten nach § 33c EStG nicht vor, scheidet aufgrund des Spezialitätscharakters dieser Vorschrift auch eine Geltendmachung solcher Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung über die Generalnorm des § 33 EStG aus.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 12 Nr. 1, §§ 33, 33c

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.04.2007; Aktenzeichen VI R 42/03)

BFH (Urteil vom 12.04.2007; Aktenzeichen VI R 42/03)

 

Tenor

Die Klage wird auf Kosten der Kläger abgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten im Rahmen der Ermittlung von Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 19 Einkommensteuergesetz in der für das Streitjahr maßgebenden Fassung; im Folgenden: EStG).

Die Kläger, die Eheleute sind, erzielen als im Schichtdienst tätige Polizeibeamte Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Im Rahmen ihrer für das Streitjahr 1999 abgegebenen gemeinsamen Einkommensteuererklärung begehrten sie den einkommensmindernden Abzug von Aufwendungen für die. Betreuung ihrer drei in den Jahren 1989, 1991 sowie 1992 geborenen gemeinsamen Kinder. Dies lehnte das beklagte Finanzamt in dem für das Streitjahr unter dem 30. Oktober 2000 ergangenen Einkommensteuerbescheid unter Hinweis darauf ab, dass Kinderbetreuungskosten nur bei alleinerziehenden Erwerbstätigen und bei Ehegatten wegen Behinderung oder Krankheit eines Ehegatten, wenn der andere Ehegatte erwerbstätig, ebenfalls krank oder behindert sei, abziehbar seien.

Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer nach erfolglos gebliebenem Vorverfahren unter dem 25. Juli 2001 erhobenen Klage. Die Kläger sind der Ansicht, dass die Kinderbetreuungskosten im Umfang von 14.398 DM zu Werbungskosten bei ihren Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit führten. Denn um ihren Beruf als Polizeibeamte ausüben zu können, müsse in der Zeit, in der die Kläger wegen ihres sich zum Teil überschneidenden Schichtdienstes nicht in der Familie sein könnten, eine Betreuung der zwischen sieben und zehn Jahre alten Kinder erfolgen. Dies belege eine berufliche Veranlassung der Kinderbetreuungskosten, die damit zu Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständige Arbeit führt. Vor allem die konkrete Berufstätigkeit der Klägerin als Polizistin lasse es bei den unregelmäßigen Arbeitszeiten wie Schichtdienst, Sondereinsätzen etc. nicht zu, auf eine Kinderbetreuung zu verzichten oder diese ganz allein persönlich durchzuführen, wie es bei Elternteilen möglich sei, bei denen nur ein Elternteil die Einkünfte erziele. Es könne zudem nicht unberücksichtigt bleiben, dass die streitbefangenen Kinderbetreuungskosten ihre Ursache darin hätten, dass die Zeiten für die berufliche Tätigkeit deckungsgleich mit denen für die Kinderbetreuung seien. So betrage die Arbeitszeit der Klägerin 40 Stunden pro Woche, während aufgrund des Aupair-Vertrages das Aupair-Mädchen für 30 Stunden pro Woche die Kinder betreue. Die Differenz von 10 Stunden pro Woche könnten die Eltern und Kläger dadurch erledigen, dass sich aufgrund der Wechselschichten Überschneidungen ergäben, die die Kinderbetreuung ihrer Kinder in dieser Zeit sicherten. Damit sei belegt, dass die Kinderbetreuungskosten ausschließlich der Einkunftssphäre zuzuordnen seien und die Abgrenzung zur Privatsphäre zwingend zu unterbleiben habe.

Die Kosten der Lebensführung würden durch diese Kinderbetreuungskosten nicht berührt. Denn diese fielen nicht über den normalen täglichen Familienkinderbetreuungsbedarf an, sondern seien durch die Doppelberufstätigkeit der Kläger und die berufliche Tätigkeit der Ehefrau veranlasst. Sofern man grundsätzlich die Anwendbarkeit des § 12 EStG auf den Streitfall zuließe, seien die Kinderbetreuungskosten jedenfalls entsprechend aufzuteilen. Da im Streitfall die Kinderbetreuungskosten in vollem Umfang auf den Zeitraum entfielen, in dem die Klägerin ihrem beruflichen Dienst nachgehe, seien diese in vollem Umfang den Werbungskosten aus nichtselbstständiger Arbeit zuzuordnen.

Die Notwendigkeit, berufsbedingte Kinderbetreuungskosten zum (Werbungs-)Abzug zuzulassen, ergebe sich ferner auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten, wie etwa dem des Leistungsfähigkeitsprinzips (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes – GG –). Die bisherige Nichtberücksichtigung derartiger Aufwendungen sei verfassungswidrig, wie sich aus dem Vergleich der Gruppe beider erwerbstätiger Eltern zu der der Eltern mit einem E...

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