Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorsteuerabzugsbeschränkung für Anschaffung von auch für den privaten Bedarf des Unternehmers verwendeten Fahrzeugen. Umsatzsteuer-Vorauszahlung Juni 1999

 

Leitsatz (amtlich)

Die Begrenzung des Vorsteuerabzugs gemäß § 15 Abs. 1 Buchst. b UStG 1999 ist mit dem … Gemeinschaftsrecht nicht vereinbar. Der Steuerpflichtige kann wegen des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts den vollen Vorsteuerabzug unmittelbar aus der für ihn günstigeren Regelung des Art. 17 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie geltend machen.

 

Normenkette

UStG 1999 § 15 Abs. 1 Buchst. b; StEntlG 1999/2000/2002 Art. 7 Nr. 11 Buchst. c; EWGRL 388/77 Art. 17 Abs. 2, Art. 27

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 26.09.2005; Aktenzeichen V R 29/00)

BFH (Urteil vom 30.06.2005; Aktenzeichen V R 29/00)

 

Tenor

Unter Abänderung des Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheides für Juni 1999 vom 15. September 1999 wird die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für Juni 1999 auf minus … DM herabgesetzt.

Der Beklagte trägt die Kosten.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der zu erstattenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger betreibt ein Restaurant. Am 17.06.1999 erwarb er einen PKW BMW 530 für 71.724,14 DM zuzüglich 16 % Umsatzsteuer in Höhe von 11.475,86 DM, insgesamt 83.200 DM. Er ordnete diesen PKW seinem Unternehmen zu und nutzt ihn zu 75 % für unternehmerische und zu 25 % für nichtunternehmerische Zwecke.

Der Kläger machte die gesamten Vorsteuern aus dem Kauf des PKW zuletzt in einer berichtigten Umsatzsteuervoranmeldung für Juni geltend. Der Beklagte erkannte gemäß § 15 Abs. 1 b UStG 99 nur 50 % der Vorsteuern an und setzte die Umsatzsteuer mit Bescheid vom 15. September 1999 entsprechend fest. Hiergegen richtet sich die Sprungklage. Der Beklagte hat der Sprungklage zugestimmt.

Der Kläger macht geltend, § 15 Abs. 1 b UStG 99 verstoße gegen Artikel 17 Abs. 6 der 6. EG-Richtlinie. Danach dürften die Mitgliedsstaaten nur die Vorsteuerausschlüsse beibehalten, die bei Erlass der EG-Richtlinie bestanden hätten. Weitergehende Vorsteuerausschlüsse könnten nach Art. 17 Abs. 6 der 6. EG-Richtlinie nur durch einstimmigen Beschluss des EG-Rates zugelassen werden. Ein solcher Beschluss liege nicht vor und dürfte auch rückwirkend nicht möglich sein.

Der Kläger beantragt,

die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für Juni 1999 auf minus … DM festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte macht geltend, die Bundesregierung habe mit Schreiben vom 11. Dezember 1998 und einem Ergänzungsschreiben vom 23. August 1999 einen Antrag nach Art. 27 der 6. EG-Richtlinie gestellt, eine von Art. 6 Abs. 2 und Art. 17 der 6. EG-Richtlinie abweichende Maßnahme (Einschränkung des Vorsteuerabzugs) einführen zu dürfen. Es sei davon auszugehen, dass der Rat eine rückwirkende Genehmigung erteilen werde. Deshalb sei die Sache zu vertagen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Finanzgerichtsakte verwiesen. Dem Gericht hat die Umsatzsteuerakte zu St-Nr. … vorgelegen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Der Gesetzgeber hat in Artikel 7 Nr. 11 Buchst. c des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 (BGBl I 1999, 402) mit der Einführung des § 15 Abs. 1 Buchst. b UStG 99 das Recht zum Vorsteuerabzug neu gefasst und begrenzt. Danach sind Vorsteuerbeträge „nur zu 50 vom Hundert abziehbar…, die auf die Anschaffung oder Herstellung, die Einfuhr, den innergemeinschaftlichen Erwerb, die Miete oder den Betrieb von Fahrzeugen im Sinne des § 1 b Abs. 2 entfallen, die auch für den privaten Bedarf des Unternehmers oder für andere unternehmensfremde Zwecke verwendet werden.” Gemäß § 27 Abs. 3 UStG gilt die Regelung für alle dem Unternehmen zugeordneten Fahrzeuge, die nach dem 31.03.1999 angeschafft oder hergestellt, eingeführt, innergemeinschaftlich erworben oder gemietet und anschließend teilweise privat genutzt werden.

Da der Kläger sein Fahrzeug am 17. Juni 1999 für sein Unternehmen erworben hat und es zu 25 % privat nutzt, wäre der Vorsteuerabzug nach der genannten Neuregelung auf 50 % begrenzt.

Dem Kläger steht der volle Vorsteuerabzug jedoch abweichend von der deutschen gesetzlichen Neuregelung in § 15 Abs. 1 b UStG 99 nach Artikel 17 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (6. EG-Richtlinie) zu. Nach dieser Vorschrift ist der Steuerpflichtige befugt, alle Vorsteuern aus Kosten von der von ihm geschuldeten Umsatzsteuer abzuziehen, die Eingang in seine steuerpflichtigen Umsätze gefunden haben. Die Berechtigung zum uneingeschränkten und sofortigen Abzug der beim Erwerb der Gegenstände geschuldeten Vorsteuer besteht unabhängig davon, wie gering auch immer der Anteil der Verwendung für unternehmerische Zwecke sein mag (vg...

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