rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [XI R 32/17)]

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Während vorläufiger Insolvenzverwaltung begründeter Vorsteuererstattungsanspruch als solcher der Insolvenzmasse

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Masseverbindlichkeiten sind nur diejenigen, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden.
  2. Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters begründet worden sind, gelten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit.
  3. § 55 Abs. 4 InsO weist nur Verbindlichkeiten, nicht aber Forderungen den Masseverbindlichkeiten zu.
 

Normenkette

InsO § 55

 

Streitjahr(e)

2014

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 14.11.2018; Aktenzeichen XI R 32/17)

BFH (Urteil vom 14.11.2018; Aktenzeichen XI R 32/17)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob es sich bei einem während der Zeit der vorläufigen Insolvenzverwaltung begründeten Vorsteuererstattungsanspruch um einen Anspruch der Insolvenzmasse handelt oder dieser dem vorinsolvenzrechtlichen Unternehmensteil zuzuordnen ist.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der V. GmbH & Co. KG. Mit Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 13. Mai 2014 2014 wurde der Kläger zur Sicherung der künftigen Insolvenzmasse und zur Aufklärung des Sachverhalts zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Das Amtsgericht ordnete an, dass Verfügungen der GmbH & Co. KG über ihr Vermögen nur noch mit Zustimmung des Klägers wirksam sein sollten (§§ 21 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alt, 22 InsO). Drittschuldnern wurde verboten, an die GmbH & Co KG zu zahlen. Der Kläger wurde ermächtigt, Bankguthaben und sonstige Forderungen der GmbH & Co KG einzuziehen sowie eingehende Gelder entgegenzunehmen. Die Drittschuldner wurden aufgefordert, nur noch unter Beachtung dieser Anordnung zu leisten (§ 23 Abs. 1 S. 3 InsO). Der Kläger wurde nicht zum allgemeinen Vertreter der GmbH & Co KG bestellt. Die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis ist nicht nach § 22 InsO auf den Kläger übertragen worden (sog. „schwacher vorläufiger Insolvenzverwalter”). Über das Vermögen der GmbH & Co. KG wurde am 21. Oktober 2014 das Insolvenzverfahren eröffnet.

Am 2. März 2015 reichte der Kläger Umsatzsteuer-Voranmeldungen für das 2. und 3. Kalendervierteljahr 2014 mit Vorsteuer-Guthaben ein. Mit Bescheid vom 28. Mai 2015 lehnte der Beklagte, das Finanzamt (FA), die Festsetzungen ab. Zur Begründung führte es aus, dass eine Festsetzung im Massezeitraum nur in Frage komme, sofern im Zeitraum des vorläufigen Insolvenzverfahrens insgesamt eine USt-Zahllast entstanden sei. Im Streitfall sei für beide USt-Voranmeldungszeiträume jedoch eine Erstattung angemeldet worden. Erstattungsansprüche zählten zu den Insolvenzforderungen und nicht zu den Masseverbindlichkeiten. Mit Bescheid vom 25. November 2015 wies das FA deshalb den Einspruch des Klägers hiergegen als unbegründet zurück. Nicht als Masseverbindlichkeit i.S.d. § 55 Abs. 4 InsO geltend zu machende Umsatzsteuerverbindlichkeiten müssten als Insolvenzforderung zur Insolvenztabelle angemeldet werden.

Mit seiner hiergegen gerichteten Klage macht der Kläger geltend, der BFH habe mit Urteil vom 24. September 2014 V R 48/13 die Konnexität der Umsatzsteuerpflicht und der Vorsteuerabzugsberechtigung nach § 55 Abs. 4 InsO bestätigt. Mit „Steuerverbindlichkeit” sei die Zahllast nach einer Gesamtsaldierung gemeint. Der sich ergebende Saldo müsse auf den ersten Voranmeldungszeitraum nach Insolvenzeröffnung vortragbar sein. Anderenfalls würde die Insolvenzmasse im Falle einer Umsatzsteuerzahllast aus dem Zeitraum der vorläufigen Verwaltung stets einseitig mit einer Masseschuld belastet. Sei kein Vortrag sondern die Erstattung des positiven Saldos gewollt, müsse dem Insolvenzverwalter dieser Anspruch zustehen. Anderenfalls würde das Finanzamt diese Forderung mit anderen Insolvenzforderungen verrechnen, wodurch es gegenüber anderen Gläubigern einen unzulässigen Vorteil erhalten würde. Nach § 55 Abs. 4 InsO müsse auch ein Vorsteuerabzug in voller Höhe dem insolventen Unternehmen vor Verfahrenseröffnung zufallen. Dieses Ziel werde konterkariert, wenn das Unternehmen zu erstattende Vorsteuerbeträge aus der Zeit vor der Insolvenzeröffnung nicht erhalte. Auch komme es im Falle der Versagung zu einer erheblichen Erschwerung der Betriebsfortführung im Eröffnungsverfahren. Dies könne unter Berücksichtigung des Ziels des Insolvenzverfahrens, der Generierung einer möglichst hohen Insolvenzmasse zur optimalen Befriedigung der Insolvenzgläubiger, aber nicht gewollt sein.

Der BFH gehe in seiner neueren Rechtsprechung davon aus, dass mit der Insolvenzeröffnung eine durchgängige Umstellung von der Soll- auf die Ist-Versteuerung stattfinde, so dass jetzt wieder der „Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung” gelte. Eine Leistung könne von der sie bekleidenden Umsatzsteuer nicht getrennt werden. N...

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