vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [VIII R 31/11)]

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Nahe stehende Person i. S. des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b Satz 2 EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Der Begriff der nahe stehenden Person i. S. des § 32d Abs. 2 EStG ist im Gesetz nicht definiert.
  2. Nach der Gesetzesbegründung soll ein Näheverhältnis vorliegen, wenn die Person auf den Stpfl. einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder umgekehrt der Stpfl. auf diese Person einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder eine dritte Person auf beide.
  3. Der Begriff der nahe stehenden Person ist am Gesetzeszweck des § 32d Abs. 2 EStG auszurichten. Die Vorschrift soll dem von der Steuersatzspreizung ausgehenden Anreiz entgegenwirken, betriebliche Gewinne abzusaugen, um deren Steuerbelastung auf den Abgeltungssteuersatz zu reduzieren.
  4. Die Kriterien für die Bestimmung nahe stehender Personen i. S. des § 32d EStG entsprechen denjenigen, die der Feststellung von vGA bei Vorteilsgewährungen der KapG an Nichtgesellschafter zu Grunde gelegt werden.
 

Normenkette

EStG § 32d

 

Streitjahr(e)

2009

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 14.05.2014; Aktenzeichen VIII R 31/11)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Zinsen aus einem Privatdarlehen dem gesonderten Steuertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 32 d des Einkommensteuergesetzes (EStG) unterliegen.

Die Klägerin ist verwitwet und hat zwei Töchter. Zu einem nicht genau bekannten Zeitpunkt gewährte sie der X-GmbH (GmbH) ein Darlehen über 400.000 DM (entsprechend 204.516,75 €). An dem Stammkapital der GmbH sind ihre Enkelkinder B und C zu jeweils 36 Prozent und ihre Tochter A zu 28 Prozent beteiligt. Durch privatschriftlichen Vertrag vom 27. März 2002 wurde dieses Darlehen um 45.483,25 € aufgestockt und für das Gesamtdarlehen ab 1. April 2002 eine Verzinsung mit 4,25 Prozent vereinbart. Die Laufzeit des Darlehens sollte fünf Jahre betragen, von denen die ersten beiden tilgungsfrei sein sollten. Regelungen über Zeitpunkt und Höhe der danach zu erbringenden Tilgungsleistungen wurden nicht getroffen. Eine Besicherung des Darlehens wurde nicht vereinbart. Durch privatschriftlichen Vertrag vom 31. Oktober 2002 schenkte die Klägerin ihren Enkelkindern B und C Darlehensteilbeträge in Höhe von jeweils 51.000 €. Durch notarielle Urkunde vom 7. September 2004 erteilte die Klägerin ihrer Tochter A und ihrer Enkeltochter B Generalvollmacht.

Mit der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2009 erklärte die Klägerin bei den Einkünften aus Kapitalvermögen Zinsen aus dem der GmbH gewährten Darlehen in Höhe von 6.290 €. Durch Einkommensteuerbescheid vom 30. August 2010 unterwarf der Beklagte (das Finanzamt – FA –) die Einkünfte aus Kapitalvermögen der tariflichen Einkommensteuer nach § 32 a EStG.

Den am 2. September 2010 eingelegten Einspruch, mit dem die Klägerin geltend machte, dass die Zinseinnahmen dem gesonderten Steuertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 32 d EStG unterlägen, wies das FA durch Einspruchsbescheid vom 8. November 2010 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es aus: Nach § 32 d Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe b EStG sei der gesonderte Steuertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen nicht anzuwenden, wenn Kapitalerträge von einer Kapitalgesellschaft an einen Anteilseigner gezahlt würden, der zu mindestens 10 Prozent an der Gesellschaft beteiligt sei. Nach § 32 d Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe b Satz 2 EStG gelte dies auch dann, wenn Gläubiger der Kapitalerträge eine dem Anteilseigner nahe stehende Person sei. Da A als Tochter eine der Klägerin nahe stehende Person und an der GmbH zu 28 Prozent beteiligt sei, seien die Zinseinnahmen daher der tariflichen Einkommensteuer zu unterwerfen.

Hiergegen richtet sich die am 29. November 2010 erhobene Klage. Zu deren Begründung führt die Klägerin aus:

Der Gesetzeswortlaut gebe keinen Aufschluss darüber, wer nahe stehende Person im Sinne des § 32 d Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe b Satz 2 EStG sei. Nach der Gesetzesbegründung zum Unternehmensteuerreformgesetz 2008 solle es sich bei Vereinbarungen zwischen nahe stehenden Personen um Beherrschungsverhältnisse im Sinne des § 1 Abs. 2 des Außensteuergesetzes (AStG) handeln. Dass sie – die Klägerin – auf ihre über 60 Jahre alte Tochter einen wirtschaftlichen oder außerhalb dieser Geschäftsbeziehung begründeten Einfluss nehmen könne, sei praktisch auszuschließen. Die Auffassung des FA, dass Angehörige im Sinne des § 15 der Abgabenordnung (AO) stets nahe stehende Personen seien, hätte die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes zur Folge, weil die Darlehensgewährung innerhalb der Familie damit steuerlich ungünstiger behandelt würde als die Darlehensgewährung an fremde Dritte.

Die Klägerin beantragt,

unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 2009 vom 30. August 2010 und des dazu ergangenen Einspruchsbescheides vom 8. November 2010 die Einkommensteuer auf den Betrag herabzusetzen, der sich ergibt, wenn die Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 6.290 € dem gesonderten Steuer...

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