rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kind i.S.d. Steuerrechts ist das bürgerlich-rechtliche Kind

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Für den Kindbegriff des § 32 Abs. 1 Nr. 1 EStG sind die Vorschriften des BGB über die Verwandtschaft maßgeblich.
  2. Die Anknüpfung des Kindbegriffs an die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften ist nach dem Zweck des Gesetzes sachgerecht.
 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 1 Nr. 1

 

Streitjahr(e)

1994, 1995, 1996, 1997, 1998

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.07.2005; Aktenzeichen III R 68/04)

 

Tatbestand

Der Kläger wurde für die Streitjahre einzeln zur Einkommensteuer veranlagt. Er erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Der Kläger lebt seit September 1983 zusammen mit Frau Petra S. Frau S war zu diesem Zeitpunkt noch mit Herrn Dirk S verheiratet. Die Ehe wurde am 14.12.1985 durch Urteil des Amtsgerichts H geschieden. Der Kläger ist der leibliche Vater des am 24.08.1984 geborenen Kindes Kirsa S. Die Mutter des Kindes ist Frau Petra S. Das Kind Kirsa lebt seit seiner Geburt in dem gemeinsamen Haushalt des Klägers und ihrer Mutter. Kirsa wurde im Wesentlichen auf Kosten des Klägers und ihrer Mutter unterhalten.

Kirsa erhob im Jahr 2003 gegen Herrn Dirk S Klage beim Amtsgericht N wegen Anfechtung der Vaterschaft. Das Amtsgericht stellte durch Urteil vom 18.03.2003 fest, dass Kirsa nicht das Kind von Dirk S ist. Wegen der Einzelheiten wird auf das amtsgerichtliche Urteil und das Protokoll über die nicht öffentliche Sitzung des Amtsgerichts vom 18.03.2003 Bezug genommen. Der Kläger erkannte am 13.06.2003 an, der Vater von Kirsa S zu sein. Wegen der Einzelheiten wird auf Nr. 68 der Urkundenrolle für 2003 der Notarin I B mit dem Amtssitz in B verwiesen.

Der Kläger gab in seinen Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre an, es habe zwischen ihm und Kirsa S als seinem leiblichen Kind ein Kindschaftsverhältnis bestanden. Der Beklagte setzte die Einkommensteuer für die Streitjahre 1994 – 1997 im Wesentlichen erklärungsgemäß fest. Die Einkommensteuerbescheide für 1994 – 1997 wurden bestandskräftig. Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für 1998 erfuhr der für die Veranlagung des Klägers zuständige Bedienstete des Beklagten erstmals, dass Kirsa S noch während des Bestehens der Ehe zwischen Frau Petra S und Herrn Dirk S geboren wurde. In dem Einkommensteuerbescheid für 1998 berücksichtigte der Beklagte Kirsa S steuerlich nicht mehr als Kind des Klägers. Ferner erließ der Beklagte für die Jahre 1994 – 1997 gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (– AO –) geänderte Einkommensteuerbescheide, in denen er die dem Kläger bisher gewährten Steuervorteile für das Kind Kirsa S nicht mehr berücksichtigte. Der Kläger legte gegen die Änderungsbescheide für 1994 – 1997 sowie gegen den Einkommensteuerbescheid für 1998 Einspruch ein. Ferner beantragte der Kläger eine abweichende Festsetzung von Steuern aus Billigkeitsgründen gem. § 163 AO sowie einen Erlass nach § 227 AO. Der Beklagte wies den Einspruch des Klägers als unbegründet zurück. Über die Anträge nach § 163 AO und § 227 AO hat der Beklagte bisher nicht entschieden.

Der Kläger hat am 19.12.2001 Klage erhoben.

Der Kläger trägt vor, es sei fraglich, ob das Tatbestandsmerkmal des § 32 Abs. 1 Einkommensteuergesetz „im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder” allein auf die Vaterschaft im Rechtssinne abstelle. Gemessen an der Zielsetzung des Gesetzgebers sei ein solches Ergebnis grob unbillig. Könnte § 32 Einkommensteuergesetz nur so ausgelegt werden, müsste die Bestimmung für verfassungswidrig erklärt werden. Steuerrechtlich könne die Anerkennung der Vaterschaft aber auch für die Vergangenheit Rechtswirkungen entfalten. Zu den Kindern im Sinne von § 32 Einkommensteuergesetz seien auch diejenigen zu rechnen, bei denen die Verwandtschaft nach den Vorschriften des Bürgerlichen Rechts auf Grund einer Vaterschaftsanfechtung erst nach Erlangung der Volljährigkeit des Kindes festgestellt werden könne. Im Übrigen seien die Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung für die Änderung der Einkommensteuerbescheide nicht erfüllt. Der Kläger habe in den Steuererklärungen bei der Angabe „leibliches Kind” Tatsachen erklärt, die damals wie heute zutreffend seien.

Der Kläger beantragt,

die Einkommensteuerbescheide 1994 – 1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. November 2001 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für 1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. November 2001 dahingehend zu ändern, dass die Einkommensteuer auf 24.230 DM festgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, die steuerliche Berücksichtigung von Kindern nach § 32 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz setze zwingend voraus, dass diese mit dem Steuerpflichtigen im ersten Grade verwandt seien. Der Kläger sei mit Kirsa in den Streitjahren nicht verwandt gewesen, da ein Kindschaftsverhältnis noch nicht begründet worden sei. Die Anerkennung der Vaterschaft habe keine rückwirkende Kraft. Eine rückwirkende steuerliche Anerkennung des K...

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