Eine NV-Bescheinigung wird auf Antrag ausgestellt, wenn anzunehmen ist, dass auch für Fälle der Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG keine Steuer entsteht.[1]

Nach dieser Regelung muss das zu versteuernde Einkommen für alle Einkünfte inklusive der (grundsätzlich durch einen Steuerabzug abgegoltenen) Kapitalerträge unter Anwendung der tariflichen Einkommensteuer nach § 32a EStG berechnet werden. Kommt es im Rahmen dieser Berechnung zu einer Einkommensteuerschuld, darf die Bescheinigung nicht ausgestellt werden. Dementsprechend sind auf dem Antragsvordruck[2] alle voraussichtlichen Einkünfte zu erklären.

Eine NV-Bescheinigung darf auch dann nicht erteilt werden, wenn der Steuerpflichtige voraussichtlich oder auf Antrag zur Einkommensteuer veranlagt wird. Daher ist eine NV-Bescheinigung in allen Fällen eines festgestellten verbleibenden Verlustabzugs nicht zu erteilen.[3]

Wurde eine Veranlagung nur durchgeführt, um Kapitalertragsteuer anrechnen/erstatten zu lassen, kann eine NV-Bescheinigung erteilt werden.

Eine NV-Bescheinigung wirkt für alle Kapitalerträge bei inländischen Kreditinstituten (Zinsen, in- und ausländische Dividenden[4], Investmenterträge, Stillhalter- und Termingeschäften sowie Veräußerungsgewinne). Die NV-Bescheinigung berechtigt das Kreditinstitut zur Abstandnahme vom Steuerabzug, d.  h. es wird erst gar keine Steuer einbehalten.

Darüber hinaus können Erträge aus stillen Gesellschaften und partiarischen Darlehen, Lebensversicherungserträge sowie ab 2013 auch Gewinnausschüttungen einer GmbH aufgrund einer NV-Bescheinigung freigestellt werden.[5] Auch für Ausschüttungen einer Genossenschaft kann eine NV-Bescheinigung vorgelegt werden.[6]

 
Praxis-Beispiel

Freistellungsauftrag oder NV-Bescheinigung

Die Eheleute A und B sind Rentner. Ihre Renteneinkünfte sind mit einem Anteil von 10.000 EUR steuerpflichtig. Darüber hinaus erzielen sie Kapitalerträge i.  H.  v. 5.000 EUR.

Ihr zu versteuerndes Einkommen beträgt (unter Einbeziehung der Kapitalerträge und nach Abzug von Altersentlastungsbetrag und Sonderausgaben) 12.000 EUR.

Die Einkommensteuer würde im Fall einer Günstigerprüfung (§ 32d Abs. 6 EStG, d.  h. mit Kapitalerträgen) nach der Splittingtabelle 0 EUR betragen.

Legen A und B ihrer Bank eine NV-Bescheinigung vor, behält die Bank auf alle Kapitalerträge keine Steuern ein. Reichen sie "nur" einen Freistellungsauftrag ein, beträgt die maximale Freistellung 1.602 EUR.[7] Für den restlichen Betrag würde Kapitalertragsteuer einbehalten und zur Erstattung der Kapitalertragsteuer müsste eine Einkommensteuererklärung abgegeben werden.

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