Leitsatz

1. Zum nicht begünstigten jungen Verwaltungsvermögen i.S. des § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG i.d.F. des ErbStRG gehört jedes einzelne Wirtschaftsgut des Verwaltungsvermögens, das sich weniger als zwei Jahre vor dem Stichtag durchgehend im Betriebsvermögen befand. Es ist keine gruppenbezogene Betrachtung vorzunehmen.

2. Auf die Herkunft des Vermögensgegenstandes oder der zu seiner Finanzierung verwendeten Mittel kommt es nicht an.

3. Gehen innerhalb der Zweijahresfrist durch eine Aufwärtsverschmelzung Wirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens von der verschmolzenen auf die aufnehmende Gesellschaft über, handelt es sich bei diesen Wirtschaftsgütern um junges Verwaltungsvermögen.

4. Die Tarifbegrenzung des § 19a ErbStG i.d.F. des ErbStRG erfasst junges Verwaltungsvermögen nicht.

 

Normenkette

§ 13a, § 13b, § 19a ErbStG 2009, § 39 AO, § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin erhielt im Wege eines Vermächtnisses u.a. ein Fünftel der Kommanditbeteiligungen des im Juni 2007 verstorbenen X an einer KG. Sie beantragte im Juni 2009 beim FA nach Art. 3 i.V.m. Art. 6 Abs. 3 ErbStRG die Anwendung der durch dieses Gesetz geänderten Vorschriften. Ferner stellte sie für das erworbene Betriebsvermögen den Antrag nach § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. auf Vollverschonung.

Die KG hatte im November 2005 und im November 2006 Fondsanteile teilweise aus betrieblichen Mitteln und teilweise im Rahmen einer Wiederanlage einer Ausschüttung gekauft. Zudem war im Juli 2006 eine GmbH, die sich vor der Verschmelzung zu 100 % im Gesamthandsvermögen der KG befunden hatte, auf die KG zur Aufnahme verschmolzen worden. Dabei waren aus dem Vermögen der GmbH Fondsanteile sowie Grundbesitz auf die KG übergegangen. Der Grundbesitz sowie ein wesentlicher Teil der Fondsanteile hatten sich zum Zeitpunkt der Verschmelzung bereits mehr als zwei Jahre im Betriebsvermögen der GmbH befunden.

Das FA nahm bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer gegen die Klägerin an, dass die von der KG im November 2005 und im November 2006 erworbenen Anteile und die Anteile und der Grundbesitz, die bei der Verschmelzung auf die KG übergegangen waren, sog. junges Verwaltungsvermögen seien, das nicht nach §§ 13a, 13b ErbStG a.F. begünstigt sei.

Einspruch und Klage, die sich gegen diese Qualifikation als junges Verwaltungsvermögen richteten, blieben ohne Erfolg (FG Köln, Urteil vom 10.8.2018, 7 K 594/16, Haufe-Index 13203210, EFG 2019, 1214).

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision der Klägerin gegen das FG-Urteil als unbegründet zurück. Bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer sei die Begünstigung für Betriebsvermögen dem Grunde und der Höhe nach zu Recht um einen Anteil für junges Verwaltungsvermögen gekürzt worden. Die Tarifbegrenzung des § 19a ErbStG a.F. greife nicht ein.

 

Hinweis

Der BFH hat sich im Besprechungsurteil sowie in den gleichzeitig ergangenen Urteilen II R 8/18, II R 13/18 und II R 18/18, die ebenfalls in diesem Heft besprochen werden, sowie dem nicht zur amtlichen Veröffentlichung vorgesehenen Urteil II R 21/18 erstmals mit dem Begriff des nicht begünstigten jungen Verwaltungsvermögens i.S.d. § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG i.d.F. des Art. 1 Nr. 12 ErbStRG vom 24.12.2008 (BGBl I 2008, 3018) – ErbStG a.F. – befasst. Er hat sich dabei der (umstrittenen) Auffassung der Finanzverwaltung angeschlossen, nach der es auf die einzelnen Wirtschaftsgüter ankommt und keine gruppenbezogene Betrachtung vorzunehmen ist (R E 13b.19 Abs. 1 Satz 2 ErbStR 2011, BStBl I 2011, 2). Im vorliegenden Fall kamen Fragen der Aufwärtsverschmelzung und der Tarifbegrenzung des § 19a ErbStG a.F. hinzu.

1. Nach § 13a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 ErbStG a.F. bleibt vorbehaltlich des § 13b Abs. 2 ErbStG a.F. unter weiteren, hier nicht relevanten Voraussetzungen u.a. der Erwerb eines Anteils an einer Gesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG zu 85 % außer Ansatz (Verschonungsabschlag). Zu Letzteren zählt auch die KG. § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. ermöglicht einen Verschonungsabschlag von 100 %, wenn u.a. der Anteil des Verwaltungsvermögens die Grenze von 10 % nicht überschreitet.

Gemäß § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG a.F. bleibt ausgenommen Vermögen i.S.d. Abs. 1 der Vorschrift, wenn das Betriebsvermögen der Betriebe oder der Gesellschaften zu mehr als 50 % aus Verwaltungsvermögen besteht.

2. Zum Verwaltungsvermögen gehören gemäß § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG a.F. nach jeweils näherer Maßgabe:

  • Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke (Nr. 1)
  • Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn die unmittelbare Beteiligung am Nennkapital dieser Gesellschaften 25 % oder weniger beträgt (Nr. 2)
  • Beteiligungen an Personen‐ und Kapitalgesellschaften, wenn bei diesen Gesellschaften das Verwaltungsvermögen mehr als 50 % beträgt (Nr. 3)
  • Wertpapiere sowie vergleichbare Forderungen (Nr. 4)
  • Kunstgegenstände u. Ä. (Nr. 5)

3. Kommt § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG a.F. nicht zur Anwendung, gehört solches Verwaltungsvermögen i.S.d. § 13b Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 5 ErbStG a.F. nicht zum begünstigten Vermögen i.S.d. Abs. ...

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