BMF, 22.05.2000, IV C 2 - S 2144 - 60/00

Durch § 4 Abs. 4 a EStG in der Fassung des Gesetzes zur Bereinigung von steuerlichen Vorschriften (Steuerbereinigungsgesetz 1999) vom 22.12.1999 (BGBl 1999 I S. 2601, BStBl 1999 I 2000 S. 13) ist die Abziehbarkeit von Schuldzinsen als Betriebsausgaben gesetzlich neu geregelt worden.

Zur Neuregelung nehme ich unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder wie folgt Stellung:

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Der Neuregelung unterliegen nur Schuldzinsen, die betrieblich veranlasst sind. Dies erfordert im Hinblick auf die steuerliche Abziehbarkeit eine zweistufige Prüfung. In einem ersten Schritt ist zu ermitteln, ob und inwieweit Schuldzinsen zu den betrieblich veranlassten Aufwendungen gehören. In einem zweiten Schritt muss geprüft werden, ob der Betriebsausgabenabzug im Hinblick auf Überentnahmen eingeschränkt ist.

 

I. Betrieblich veranlasste Schuldzinsen § 4 Abs. 4 a Satz 1 EStG)

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Die betriebliche Veranlassung von Schuldzinsen bestimmt sich nach den vom BFH entwickelten Grundsätzen. Insbesondere die Rechtsgrundsätze in den BFH-Beschlüssen vom 4.7.1990, GrS 2-3/88 (BStBl 1990 II S. 817) und vom 8.12.1997, GrS 1-2/95 (BStBl 1998 II S. 193) sowie in den BFH-Urteilen vom 4.3.1998, XI R 64/95 (BStBl 1998 II S. 511) und vom 19.3.1998, IV R 110/94 (BStBl 1998 II S. 513) sind weiter anzuwenden. Danach sind Schuldzinsen anhand des tatsächlichen Verwendungszwecks der Darlehensmittel der Erwerbs- oder Privatsphäre zuzuordnen.

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Darlehen zur Finanzierung außerbetrieblicher Zwecke, insbesondere zur Finanzierung von Entnahmen, sind nicht betrieblich veranlasst. Unterhält der Steuerpflichtige für den betrieblich und den privat veranlassten Zahlungsverkehr ein einheitliches – gemischtes – Kontokorrentkonto, ist für die Ermittlung der als Betriebsausgaben abziehbaren Schuldzinsen der Sollsaldo grundsätzlich aufzuteilen. Das anzuwendende Verfahren bei der Aufteilung ergibt sich aus Tz. 11 bis 18 des BMF-Schreibens vom 10.11.1993 (BStBl 1993 I S. 930).

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Dem Steuerpflichtigen steht es frei, zunächst dem Betrieb Barmittel ohne Begrenzung auf einen Zahlungsmittelüberschuss zu entnehmen und im Anschluss hieran betriebliche Aufwendungen durch Darlehen zu finanzieren (sog. Zwei-Konten-Modell). Wird allerdings ein Darlehen nicht zur Finanzierung betrieblicher Aufwendungen, sondern tatsächlich zur Finanzierung einer Entnahme verwendet, ist dieses Darlehen außerbetrieblich veranlasst. Ein solcher Fall ist dann gegeben, wenn dem Betrieb keine entnahmefähigen Barmittel zur Verfügung stehen und die Entnahme von Barmitteln erst dadurch möglich wird, dass Darlehensmittel in das Unternehmen fließen.

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Beispiel 1 a:

Der Steuerpflichtige unterhält ein Betriebsausgabenkonto, das einen Schuldsaldo von 100.000 DM aufweist. Auf dem Betriebseinnahmenkonto besteht ein Guthaben von 50.000 DM; hiervon entnimmt der Steuerpflichtige 40.000 DM.

Die Schuldzinsen auf dem Betriebsausgabenkonto sind in vollem Umfang betrieblich veranlasst.

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Beispiel 1 b:

Der Steuerpflichtige unterhält ein einziges betriebliches Girokonto, über das Einnahmen wie Ausgaben gebucht werden. Dieses Konto weist zum Zeitpunkt der Entnahme einen Schuldsaldo in Höhe von 50.000 DM aus, der unstreitig betrieblich veranlasst ist. Durch die Entnahme von 40.000 DM erhöht sich der Schuldsaldo auf 90.000 DM, so dass sich durch die Entnahme höhere Schuldzinsen ergeben.

Die Erhöhung des Schuldsaldos ist privat veranlasst. Durch Anwendung der Zinszahlenstaffelmethode muss der privat veranlasste Anteil der Schuldzinsen ermittelt wer den. Die Entnahme von 40.000 DM ist nicht bei der Ermittlung der Entnahmen i.S. des § 4 Abs. 4 a EStG zu berücksichtigen.

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Beispiel 1 c:

Der Steuerpflichtige benötigt zur Anschaffung einer Motoryacht, die er zu Freizeitzwecken nutzen will, 100.000 DM. Mangels ausreichender Liquidität in seinem Unter nehmen kann er diesen Betrag nicht entnehmen. Er möchte auch sein bereits debitorisch geführtes betriebliches Girokonto hierdurch nicht weiter belasten. Daher nimmt er zur Verstärkung seines betrieblichen Girokontos einen „betrieblichen„ Kredit auf und entnimmt von diesem den benötigten Betrag.

Das Darlehen ist privat veranlasst, da es tatsächlich zur Finanzierung einer Entnahme verwendet wird und dem Betrieb keine entnahmefähigen Barmittel zur Verfügung standen. Die auf das Darlehen entfallenden Schuldzinsen sind dem privaten Bereich zuzuordnen. Der Betrag von 100.000 DM ist nicht bei der Ermittlung der Entnahmen i.S. des § 4 Abs. 4 a EStG zu berücksichtigen.

 

II. Überentnahme § 4 Abs. 4 a Satz 2 EStG)

 

1. Begriffe Gewinn, Entnahme, Einlage

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Der Abzug betrieblich veranlasster Schuldzinsen ist eingeschränkt, wenn Überentnahmen vorliegen. Dies ist grundsätzlich der Fall, wenn die Entnahmen höher sind als die Summe aus Gewinn und Einlagen des Wirtschaftsjahrs.

Die Regelung enthält zu den Begriffen Gewinn, Entnahme und Einlagen keine von § 4 Abs. 1 EStG abweichenden Bestimmungen. Es gelten daher die allgemeinen Grundsätze. Ma...

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