Ein Haupt- und Nebenleistungsverhältnis kann nur dann vorliegen, wenn die von dem Unternehmer erbrachte Leistung nicht schon grds. eine einheitliche Leistung darstellt. Einheitliche Leistungen, die nicht in einzelne selbstständige Leistungen unterteilt werden dürfen, liegen dann vor, wenn sie wirtschaftlich zusammengehören und ein unteilbares Ganzes darstellen.

Dabei ist immer auf das Wesentliche des Umsatzes und die Sichtweise eines Durchschnittsverbrauchers abzustellen. Nicht von entscheidender Bedeutung ist dabei, ob die einzelnen Teile einer Leistung nach einem einheitlichen Vertrag geschuldet werden. Die zwangsweise Koppelung getrennt zu betrachtender Leistungen führt noch nicht automatisch zu einer einheitlichen Leistung.

 
Praxis-Beispiel

Mehrere Leistungen bei wirtschaftlich trennbaren Leistungselementen

Der Betreiber einer Baumschule übernimmt gegenüber einem Kunden die Lieferung von Pflanzen und übernimmt auch das Einpflanzen der gelieferten Ware. Für die Lieferung der Pflanzen berechnet der Unternehmer 7 % Umsatzsteuer, für das Einpflanzen 19 % Umsatzsteuer.

Nach Auffassung des BFH[1] liegen hier zwei getrennt zu beurteilende Leistungen vor, sodass die Abrechnung des Unternehmers nicht zu beanstanden war. Es sei ohne große Schwierigkeiten möglich, die Lieferung der Pflanzen von dem Einpflanzen zu trennen.

Aber auch umgekehrt kann eine willkürliche Aufspaltung eines einheitlichen wirtschaftlichen Vorgangs – auch bei Zustimmung des Leistungsempfängers – nicht zu verschiedenen Leistungen führen.

 
Praxis-Beispiel

Keine willkürliche Aufteilung einheitlicher Leistungen

Bei einem Unfall wird das Fahrzeug des Rentners R aus der Schweiz in Deutschland erheblich beschädigt. Zur Reparatur verwendet Kfz-Meister M Teile im Wert von 1.000 EUR, die nicht als Hauptstoff anzusehen sind. Auf die Arbeitsleistung entfallen 3.000 EUR. Da es sich bei der Reparaturleistung um eine Werkleistung handelt, kommt eine Steuerbefreiung als Lohnveredelung nach § 7 Abs. 1 UStG nicht in Betracht.[2] Um zumindest anteilig in die Steuerfreiheit der Leistung zu kommen, rechnet M in zwei getrennten Rechnungen eine "Werklieferung Stahlblech"[3] und eine "Werkleistung Lackier- und Lohnarbeiten" ab. Da es sich um eine einheitliche Leistung handelt, die auch bei Zustimmung des Leistungsempfängers nicht aufgeteilt werden kann, ist die getrennte Abrechnung hier unerheblich, die einheitliche Leistung ist insgesamt steuerbar und steuerpflichtig.

Einheitliche Leistungen liegen insbesondere in den folgenden Fällen vor:

  • Vermietung von Sportplätzen an Nutzer als insgesamt steuerpflichtige Leistung.[4]
  • Kreditgewährung im Zusammenhang mit Leistungen, wenn keine eindeutige Trennung zwischen der Kreditgewährung und der Lieferung oder der sonstigen Leistung vorliegt.[5]
  • Neben einer entgeltlichen Leistung werden auch noch unentgeltlich weitere Gegenstände gleicher oder anderer Art abgegeben.[6]
  • An Dauercamper wird auch Strom geliefert.[7]

     
    Wichtig

    Einheitliche Leistung bei sog. Dinner-Shows

    Eine sog. Dinner-Show, bei der neben einer kulturellen Darbietung auch ein Menü serviert wird, unterliegt einheitlich dem Regelsteuersatz von 19 %.[8]

    In diesem Fall liegt kein "Haupt- und Nebenleistungs-Verhältnis" vor, da 2 Hauptleistungen so miteinander verbunden sind, dass sie ein unteilbares Ganzes darstellen.

[2] Voraussetzung für die Steuerfreiheit wäre, dass der Gegenstand zum Zweck der Reparatur eingeführt oder im Gemeinschaftsgebiet erworben worden wäre, vgl. auch Abschn. 7.4 und Abschn. 3.8 Abs. 6 UStAE.
[3] Die Werklieferung wäre als Ausfuhrlieferung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG steuerfrei; § 6 Abs. 3 Satz 1 UStG würde hier nicht einschlägig sein; Abschn. 6.4 Abs. 1 Satz 3 UStAE.
[5] Vgl. zur Abgrenzung Abschn. 3.11 UStAE.
[6] Vgl. Abschn. 3.3 Abs. 1020 UStAE, hier insbesondere Abs. 16.
[8] BFH, Urteil v. 13.6.2018, XI R 2/16, BStBl 2018 II S. 678. So auch bei der Integration der Abgabe der Speisen in ein Theaterstück BFH, Urteil v. 10.12.2020, V R 39/18, BFH/NV 2021 S. 947.

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